Werke
für den einen Sinn haben, der sie weiter entwickeln und zu diesem Sinne gestalten will. Daher sind sie zum Vorzeigen nicht geeignet.«
»Das ist richtig und billig,« antwortete die Braunäugige, »aber ich weiß, edler Herr, daß Sie in der Lüpfschenke fertige Entwürfe dieser Gegenden haben: wäre es dann für ein Mädchen, das diese Gefilde und die Kunst liebt, unbescheiden, wenn es den Wunsch hegte, einige dieser Entwürfe zu sehen?«
»Es ist nicht unbescheiden, diesen Wunsch zu hegen,« sagte ich, »allein meine Gemälde sind nicht zum Vorzeigen verfertigt worden. Vielleicht zeige ich sie jemanden, vielleicht schenke ich sie jemanden, vielleicht behalte ich sie immer bei mir, vielleicht zerstöre ich sie auch. Zudem sind die Dinge, welche in der Lüpfschenke liegen, nur Entwürfe, und keine Gemälde. Ich kann sie Ihnen daher nicht zeigen.«
»Sie sehen schon, verehrte Susanna, daß mit diesem edlen Herrn kein Vertrag zu schließen ist,« sagte der, welcher ›Herr Graf‹ geheißen worden ist, »wir müssen wohl schon darauf verzichten, etwas mehr zu sehen, als wir schon gesehen haben.«
»Wir müssen halt verzichten«, sagte sie.
Nach diesen Worten nickte sie, ich verbeugte mich, die anderen verbeugten sich auch, und die zwei Paare gingen vorüber.
Nach kurzer Zeit kam ein Wagen in der Richtung, in welcher die vier Menschen gingen, an mir vorüber. Der Wagen war leer, er war sehr schön und wurde von zwei vorzüglichen Braunen gezogen. Als er die zwei Paare eingeholt hatte, setzten sie sich ein und fuhren in der Richtung nach Firnberg weiter. Ich aber öffnete jetzt den Deckel, setzte mich, und malte noch so lange fort, bis meine Zeit an dieser Stelle aus war.
Ich habe diese Menschen später noch einmal gesehen. Wenn ich auf der Stelle neben dem Wege saß, war ich nach jener Begegnung sehr vorsichtig, und sah zu rechter Zeit wegauf- und wegabwärts. Und da sah ich sie kommen. Ehe sie mich erreichten, schloß ich den Deckel, stand auf und richtete das Angesicht gegen sie. Da sie vorüber gingen, grüßte ich sie, und sie dankten. Susanna hatte sehr große, feurige Augen, und sah mich mit ihnen an. Da sie ihres Weges weiter waren, malte ich erst ruhiger fort.
Es kam endlich eine andere Zeit. Ein Gewitter ging über das Moor, und es folgten mehrere kalte und regnerische Tage. Den Regen über dem Moore suchte ich nun von meinem Fenster aus zu malen. Da trübe Tage ohne Regen kamen, ging ich in meinem Zimmer daran, die gemalten Entwürfe auf das einzige große Bild anzuwenden, das ich vor hatte. Ich stellte zu dem Zwecke meine zerlegbare Staffelei zusammen, spannte auf Leisten, die ich mitgebracht hatte, eine große Leinwand, stellte die Leinwand auf die Staffelei, und richtete neben ihr einen eigenen Malerkasten zurecht. Damit ich von Zeit zu Zeit die rechte Ferne von dem Bilde nehmen konnte, öffnete mir die Wirtin die Türe in eine Dachbodenkammer, in die man aus meinem Zimmer gelangen konnte, und ich ging nun während der Arbeit oft in dieses Nebengemach und sah aus demselben auf mein Bild hinaus. Ich bestellte sofort durch ein Schreiben auch einen Goldrahmen samt einer Kiste für das Bild, damit ich durch nichts in der Förderung des Werkes aufgehalten würde; denn die letzten Striche an einem Bilde sollen und müssen in dem Rahmen gemacht werden, und die Kiste brauchte ich, um in jedem Augenblicke das Gemälde an einen andern Ort schaffen zu können, falls ich das für nötig finden sollte. Um nicht zerstreut zu werden, aß ich auch jetzt zu Mittag nicht, sondern legte mir ein Brod zurecht, von dem ich zeitweise einen Bissen nahm. Erst gegen Abend, wenn ich aufhörte, wenn alle Geräte gereinigt waren, und wenn ich alles für den nächsten Tag zurecht gerichtet hatte, beriet ich mich mit der Wirtin über mein Mittagessen, das zugleich einAbendessen war.
In den fünf traben, zum Teile auch mit Regenschauern heimgesuchten Tagen konnte ich die große Leinwand ganz mit Farbe bedecken, also das Bild untermalen. Die Wirtin hatte mir nach und nach die allerlei Habseligkeiten, die sie in der Dachbodenkammer hatte, weggeräumt, und mir auch die Kammer zur gänzlichen Benützung gegeben, da sie sah, wie ich anfing, ganz und gar keinen Platz mehr zu haben. Ich setzte in diesen fünf Tagen keinen Fuß aus dem Hause, um einen Gang in den Fluren zu machen, kaum daß ich zuweilen abends ein wenig unter den Apfelbaum trat und in das Moor hinaus sah.
In diesen fünf Tagen ereignete sich eine Seltsamkeit mit mir,
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