Werke
Schweiz herumgingen.
Was würde denn Froschhäuser, was Kreidenberger, was Grünfeld und Kindinger, die jetzt auch mit langen Amtsschriftenbündeln wirtschaften, wie ich, sagen, wenn sie das Zigeunermädchen gesehen hätten?
Meine Gattin bemerkte, ich hätte wirklich Unglück, da ich alle Male meine Götterbilder unter den Frauengestalten finde, deren Farbe an die des Glockenmetalles erinnere, wenn es nicht mehr ganz neu sei.
»Und doch habe ich das rosigste Mädchen mit der feinsten Farbe geehlicht,« antwortete ich, »das Mädchen, welches ich damals für das schönste in Wien erklärte.«
»Aber so schön doch nicht wie die Zigeunerin und wie die andere, welche vielleicht von Zigeunern abstammt?« fragte sie.
»Höre mich, mein holdes Kind«, antwortete ich. »In dem Baue der Glieder, denke ich, bist du nicht so schön wie das Zigeunermädchen und die schwarze Frau; aber sonst bist du weit schöner, und mir bist du die schönste und reizendste auf der Welt.«
»Und wie alt waren denn deine Schönheitsgrößen, als du sie erblicktest?« fragte sie.
»Daran habe ich wirklich nicht gedacht«, antwortete ich. »So weit ich mich zurückerinnere, mochte die schwarze Frau damals auf dem Rigi zweiundzwanzig oder vierundzwanzig Jahre alt gewesen sein, sie mochte auch jünger gewesen sein; denn solche dunkle Frauen sehen in ihrer Jugend immer älter aus, und das Zigeunermädchen von heute möchte ungefähr siebenzehn Jahre alt sein.«
»Und was hast du denn mit dem Zigeunermädchen gesprochen?« fragte sie.
»Gesprochen? Ich habe mit dem Mädchen gar nicht gesprochen,« antwortete ich, »daran habe ich auch nicht gedacht, ich habe nur die Gestalt angeschaut und um ihr Wesen mich nicht bekümmert; denn an Seele gibt es nichts Schöneres als dich, und da suche ich nicht weiter herum.«
»Nun, so sei dir, wenn es so ist, verziehen,« erwiderte sie, »daß du unter Zigeunern und Malaien schönere Gestalten findest, als deine Frau ist.«
Und ein recht freundlicher Kuß, um den ich bat, bekräftigte die Verzeihung.
Und wie es in der Welt Ereignisse gibt: eine Zeit nach diesem Versöhnungskusse erfuhr ich folgende Begebenheit.
Einmal fuhr ein alter Mann mit zwei jungen Begleitern in einem leichten Wagen sitzend auf der Straße, welche von Passau mitternachtwärts gegen den Ort Freiung fahrt, dem genannten Orte und dem bairischen Walde entgegen. Nicht weit von Freiung ließ er den Wagen an einem einzeln gelegenen Gasthofe halten und stieg mit seinen Begleitern aus. Er bestellte für Menschen und Pferde ein Mittagmahl, und sagte dann: »Jetzt, Kinder, gehen wir ein wenig im Grünen herum, bis unser Essen in Bereitschaft ist.«
Und sie gingen von der Straße einen Rain entlang, der zwischen die Felder führte.
Die drei Menschen waren der alte Mann, ein Knabe und ein Mädchen. Der alte Mann hatte einen grauen Filzhut, einen grauen Rock und graue Beinkleider, der Knabe einen grauen Strohhut und eine grauleinene Bekleidung, das Mädchen ein graues Strohhütlein und ein graues Faltenröcklein aus Ziegenhaaren. Der alte Mann hatte weiße Haare, braune Augen, ein gut gefärbtes Angesicht und einen weißen Stutzbart. Die Kinder hatten braune Locken und braune Augen und rosige Angesichter, die fast eins wie das andere waren.
»Siehst du, Franz, und siehst du, Katharina,« sagte der alte Mann, da sie an dem Felde hin gingen, »ich habe absichtlich dieses Gasthaus Fendelsberg zu unserem Mittagsessen erwählt, damit ich euch den Wald, zu dem wir fahren, zeigen kann, weil man ihn auf unserem Wege nirgends so gut sieht. Da liegt er nun vor uns. Wenn die Sonne so lieblich scheint wie heute, seht nur, wie blau er nach einander dahin geht an dem lichteren und noch blaueren Himmel, und wie so schön die Felder und Wiesen und die Wäldchen herwärts von ihm gegen uns schreiten und so hold gefärbt sind. Alles ist still in dem sanften Dufte, und so geht er dort links, wohin wir nicht mehr sehen können, noch immer fort, daß du zehn oder fünfzehn oder zwanzig Tage wandern könntest, Franz, ehe du ihn auswandertest. Und so liebe weiße Häuschen, wie das ist, in welches ich euch führen will, liegen an der ganzen langen Länge hin, und auch andere sind dort, nicht weiß, sondern braun, weil sie aus Tannenholz gemacht sind, das sich in der Sonne so gefärbt hatte. Und auf den Dächern der Häuschen liegen große graue Steine. Und noch kleinere Häuschen sind dort, winzig kleine, in denen sehr arme Leute wohnen. Wir können hier keines
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