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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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dann auch von der Brunnengestalt in dem Sternenhofe, verglich sie mit der Treppengestalt im Rosenhause, suchte den Unterschied hervorzuheben, und suchte für die Treppengestalt weit den Vorzug zu gewinnen, obgleich sie der älteren Zeit angehöre, und die andere etwa erst im vergangenen Jahrhunderte verfertigt worden sei, und obgleich diese fast blendend reinen Marmor habe, die andere aber einen, dem man das hohe Alter schon ansehe. Er fragte auch hier noch um Vergleichungspunkte, und ich sah, daß er die Sache ergriff und Einsicht von ihr hatte. Ich erzählte ihm dann auch von den Gemälden meines Gastfreundes, ich nannte ihm die Meister, von denen Werke vorhanden wären, und bemühte mich, Beschreibungen von den Bildern zu geben, welche mich am meisten in Anspruch genommen hätten. Er tat auch in dieser Hinsicht zahlreiche Fragen, und machte, daß ich mich über den Gegenstand weiter ausbreitete, als ich wohl ursprünglich im Sinne hatte.
    Am zweiten Tage nach meiner Ankunft, da wir wieder von diesen Dingen gesprochen hatten, nahm er mich bei der Hand und führte mich in sein Bilderzimmer. Ich war absichtlich seit meiner Ankunft nicht in demselben gewesen, und hatte mir dessen Besuch auf eine ruhigere Zeit aufgehoben. Ich hatte die zwei Tage in Gesprächen mit meinen Eltern hingebracht, zum Teile hatte ich sie auch benützt, die Dinge, welche ich ihnen und der Schwester gebracht hatte, zu übergeben. Darunter waren auch die kleineren Marmorgegenstände, welche im Rothmoore fertig geworden waren. Der Rest der Zeit war mit Auspacken, Einräumen und mit einigen Ankunftsbesuchen ausgefüllt worden. Da wir in das Zimmer getreten waren und die Mitte desselben erreicht hatten, ließ er meine Hand fahren, sagte aber nichts. Ich war im größten Erstaunen. Die Bilder, welche vorhanden waren, und deren Zahl geringe war, weit geringer als bei meinem Gastfreunde, ja selbst im Sternenhofe, erschienen mir als außerordentlich schön, als ganz vollendete, zusammenstimmende Meisterwerke, wie sie, wenn ich dem ersten Eindrucke trauen durfte, bei meinem Gastfreunde in dieser gleich hohen und zusammen gehörigen Schönheit nicht vorhanden waren. Es befand sich, wie ich bald entdeckte, kein Bild der neueren oder neuesten Zeit darunter, sämtlich gehörten sie der älteren Zeit an, wenigstens, wie ich wahrzunehmen glaubte, dem sechzehnten Jahrhunderte. Ein ganz tiefes eigentümliches Gefühl kam in meine Seele. Das ist die große und nicht zu beschreibende Liebe des Vaters. Diese kostbaren Dinge besaß er, an diesen Dingen hing sein Herz, sein Sohn war vorüber gegangen, ohne sie zu beachten, und der Vater entzog dem Sohne doch kein Teilchen der Zuneigung, er opferte sich ihm, er opferte ihm fast sein Leben, er sorgte für ihn, und suchte ihm nicht einmal zu beweisen, wie schön die Sachen wären. Ich erfuhr, wie sehr ich auch hier geschont worden war.
    »Das sind ja herrliche Bilder«, rief ich in Rührung aus.
    »Ich glaube, daß sie nicht unbedeutend sind«, erwiderte er mit einer durch Bewegung ergriffenen Stimme.
    Dann gingen wir näher, um sie zu betrachten. Es waren in der Tat lauter alte Gemälde, keines von besonders großen Abmessungen, keines von kunstwidriger Kleinheit. Ich tat die Bemerkung, daß er keine neuen Bilder habe.
    »Es hat sich so gefügt,« sagte er, »ich habe schon einige der hier befindlichen Stücke von deinem Großvater, der auch ein Freund von solchen Dingen war, geerbt, und anderes habe ich gelegentlich erworben. Die mittelalterliche Kunst steht wohl höher als die neue. In ihr ist ein größerer Reichtum schöner Werke vorhanden als in der neuen, es ist daher leichter möglich, ein fehlerfreies altes Bild zu erwerben als ein neues. Wer Bilder unserer Zeiten liebt, gibt solche, die an Schönheit keinen Tadel verdienen, nicht zum Kaufe, sie sind daher nicht leicht zu erhalten. Bilder, die von Anfängern oder von solchen herrühren, die schwach in der Kunst sind, stehen leicht und an vielen Orten teils von den Künstlern, teils von Händlern, wie es auch in früheren Zeiten gewesen sein wird, zum Kaufen. Zu diesen konnte ich nie eine Neigung fassen, daher ist es gekommen, daß ich lauter alte Bilder besitze. Es war ein kräftiges und gewaltiges Geschlecht, das damals wirkte. Dann kam eine schwächliche und entartetere Zeit. Sie meinte es besser zu machen, wenn sie die Gestalten reicher und verblasener bildete, wenn sie heftiger in der Farbe und weniger tief im Schatten würde. Sie lernte das Alte nach und

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