Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
Vom Netzwerk:
Sternenhofe oder in der Stadt besuchen und zeitweilig dort wohnen. Mit Natalien hatte ich eine größere Reise vor. Für den Fall, daß ich in was immer für Angelegenheiten abwesend sein sollte, nahm jedes Haus das Recht in Anspruch, Natalien beherbergen zu dürfen. Der Zitherspieler spielte täglich und oft ziemlich lange vor uns. Am fünften Tage kam die Zither. Ich überreichte sie ihm, und er, da er sie erkannte, wurde fast blaß vor Freude. Dieses Geschenk durfte das beste für ihn genannt werden; von diesem Geschenke wird er sich nicht trennen, während es von jedem andern zweifelhaft wäre, ob er es nicht verschleudere. Als er die Zither gestimmt und auf ihr gespielt hatte, sahen wir erst,wie trefflich sie sei. Er wollte fast gar nicht aufhören zu spielen. Risach ließ ihm noch über ihr Fach ein wasserdichtes Lederbehältnis machen. Nach mehreren Tagen nahm er Abschied und verließ uns.
    Wir machten alle eine kleine Reise in das Ahornwirtshaus, und ich stellte Kaspar und alle andern, die mit mir in Verbindung gewesen waren, Risach, Mathilden, meinen Eltern und Natalien vor. Wir blieben sechs Tage in dem Ahornhause. Von da gingen wir in den Sternenhof. Die Tünche war nun überall von ihm weggenommen worden, und er stand in seiner reinen, ursprünglichen Gestalt da. Auch hier wurden wir in die Wohnung eingeführt, die während meiner Abwesenheit für uns hergestellt worden war. Sie konnte in dem weitläufigen Gebäude viel größer sein als die im Asperhofe. Sie war zu einer vollständigen Haushaltung hergerichtet.
    Von dem Sternenhofe gingen wir in die Stadt. Dort machten wir alle Besuche, welche in den Kreisen meiner Eltern und in denen Mathildens notwendig waren. Risach stellte manchem Freunde seine angenommene und neuvermählte Tochter nebst ihrem Gatten und ihrer Mutter vor. Ich erfuhr, daß meine Vermählung mit Natalie Tarona Aufsehen errege; ich erfuhr, daß insbesonders einige meiner Freunde – sie hatten sich wenigstens immer so genannt – geäußert haben, das sei unbegreiflich. Nataliens Neigung zu mir war mir stets ein Geschenk und daher unbegreiflich; da aber nun diese es aussprachen, begriff ich, daß es nicht unbegreiflich sei. Ich besuchte meinen Juwelenfreund, der wirklich ein Freund geblieben war. Er hatte die innigste Freude über mein Glück. Ich führte ihn in unsere Familien ein. Bekannt war er mit allen Teilen schon lange gewesen. Ich dankte ihm sehr für die prachtvolle Fassung der Diamanten und Rubinen und des Smaragdschmuckes. Er fühlte sich über Risachs und meines Vaters Urteil sehr beglückt.
    »Wenn wir solche Kunden in großer Zahl hätten, wie diese zwei Männer sind, teurer Freund,« sagte er, »dann würde unsere Beschäftigung bald an die Grenzen der Kunst gelangen, ja sich mit ihr vereinigen. Wir würden freudig arbeiten, und die Käufer würden erkennen, daß die geistige Arbeit auch einen Preis habe wie die Steine und das Gold.«
    Ich nahm bei ihm eine sehr wertvolle und mit Kunst verzierte Uhr als Gegenscherz für Eustachs Mappenschrein. Klotilde hatte sie ausgewählt. Für Roland ließ ich einen Rubin in einen Ring fassen, daß er ihn zur Erinnerung an mich trage und meine Dankbarkeit für seine Bemühungen zur Auffindung der Ergänzungen der Pfeilerverkleidungen anerkenne.
    »Er ist ohnehin ein Nebenbuhler von mir,« sagte ich, »er hat Natalien oft lange und bedeutend angesehen.«
    »Das hat einen sehr unschuldigen Grund,« entgegnete mein Gastfreund, »Roland erwarb sich ein Liebchen mit gleichen Augen und Haaren, wie sie Natalie besitzt. Er hat uns das öfter gesagt. Das Mädchen ist die Tochter eines Forstmeisters im Gebirge und ihm äußerst zugetan. Da nun der Arme ihren Anblick oft lange entbehren muß? so sah er zur Erquickung Natalien an. Es hat Schwierigkeiten mit diesem jungen Manne, ich wünsche sein Wohl. Er kann ein bedeutender Künstler werden, oder auch ein unglücklicher Mensch, wenn sich nämlich sein Feuer, das der Kunst entgegen wallt, von seinem Gegenstande abwendet und sich gegen das Innere des jungen Mannes richtet. Ich hoffe aber, daß ich alles werde ins Gleiche bringen können.«
    Da alle notwendigen Dinge in der Stadt abgetan waren, wurde die Rückreise angetreten, und zwar in den Asperhof. Die Zeit der Rosenblüte war herangerückt, und heuer sollte sie von den vereinigten Familien als ein Denkzeichen der Vergangenheit und aber auch als eins der Zukunft zum ersten Male in dieser Vereinigung und mit besonderer Festlichkeit begangen

Weitere Kostenlose Bücher