Werke
Florian mit ihm gegangen war. Hierauf lenkte er seine Augen gegen Abend auf eine noch größere Waldwand, die von Steinrippen durchzogen war, welche im Morgenlichte sichtbar wurden, und in welchen der schwarze See war, aufden er mit Wolf hinab geschaut hatte, und dessen Dasein von dieser Ferne kaum zu ahnen war. Gegen Mitternacht sah er ganz nahe an seinem Berge den Waldhang, über den er gestern herein geritten war, und über welchen hin in großer Ferne Prag liegen mußte, das er vor zwei Jahren des Herzogs Sobeslaws willen gesucht, und das er nun wieder verlassen hatte.
Als er seinen Augen Genüge getan hatte, sprach er vor dem Kreuze die Worte des Kreuzzeichens, und stieg über den Berg durch den glänzenden Schnee hernieder.
Da er zu den Häusern gekommen war, ging er auf ein kleines Steinhäuschen, das neben der Kirche stand, zu, ging in dasselbe hinein, und trat in die Stube. In derselben saß ein Greis mit weißem Barte vor einem großen Buche. Am Ofen saß ein Mütterlein, und spann.
»Seid mir willkommen, ehrwürdiger Herr«, sagte Witiko, »ich bin in Eure Stube getreten, Euch zu grüßen, und Euch zu besuchen.«
»Ei, Witiko«, sagte der alte Mann, indem er aufstand, »seid Ihr auch wieder einmal nach Plan gekommen? Und wie schön und frisch Ihr ausseht. Seid recht herzlich gegrüßt.«
Das Mütterlein war von dem Spinnrade aufgestanden, wischte mit ihrer blauen Schürze einen Stuhl ab, und reichte ihn Witiko zum Sitzen.
Dieser ließ sich auf den Stuhl nieder.
»So seid Ihr noch immer auf der Pfarre in Plan?« sagte Witiko zu dem alten Manne.
»Ich bin noch da«, entgegnete der Mann, »werde wohl auch da bleiben, und in nicht entfernter Zeit als Pfarrer von Plan sterben. Ihr kennt ja meine Schwester Anna auch noch?«
»Freilich«, antwortete Witiko, und sah gegen die Spinnerin hin.
Diese blickte ihn mit freundlichen blauen Augen an.
»Plan ist ein sehr schöner Ort«, sagte der Pfarrer, »er liegt lieblich in dem Walde, und er ist auch wichtig. Als das Christentum noch wenig verbreitet war, als das ganze Land Böhmen noch am Heidentume hielt, waren hier zwei christliche Einsiedler, die den Fleck reuteten, darum er der obere Plan heißt, und die die christliche Lehre ausbreiteten. Darum ist dann auch eine Kirche geworden, die sehr alt ist. Die vielen Einsiedler in dem großen langen Walde hinauf sind die ersten Prediger der christlichen Lehre in diesem Lande geworden. Werdet Ihr lange hier bleiben?«
»Vielleicht länger als sonst«, sagte Witiko, »es ist noch ungewiß.«
»Dann werdet Ihr doch auch zuweilen zu mir kommen, und gestatten, daß ich Euch auch in Euerem Hause begrüße«, sagte der Pfarrer.
»Ich werde kommen, und es wird mir eine Freude sein, Euch bei mir zu sehen«, entgegnete Witiko.
Die alte Anna, welche aus der Stube gegangen war, kam jetzt wieder herein, und brachte auf einem Teller Brod und Salz und in einem Kelchglase Met.
Sie stellte die Dinge vor Witiko auf den Tisch, und sagte: »Wohl bekomme es zum Gruße.«
Witiko nahm ein Schnittchen Brod, salzte es, und aß es. Dann tat er einen Schluck aus dem Glase.
Hierauf erhob er sich, um sich wieder zu entfernen.
Der alte Pfarrer nahm einen Lammspelz von einem Nagel an der Wand, zog ihn an, und begleitete Witiko aus dem Hause.
Eine kurze Strecke unterhalb des Pfarrhäuschens kam Witiko an der Schmiede vorüber. In derselben wurde ein Pferd beschlagen. Witiko ging näher, schaute zu, besah das Pferd, und redete dann mit dem Schmiede und dem Eigentümer des Pferdes über das Pferd und über einige andere Dinge.
So sprach er auch mit mehreren Männern und Frauen, welche, da er an ihren Wohnungen vorüber ging, heraus kamen, und ihn grüßten.
Des Mittags mußten Martin Lucia und Raimund mit ihm an dem großen Tische in der Stube essen.
Am Nachmittage ritt er auf seinem Pferde in der Richtung gegen Morgen in den Wald, und kam nach zwei Stunden wieder zurück.
Am Abende, da das Pferd besorgt war, da Raimund und Lucia mit der Pflege der Rinder fertig waren, und Lucia ihre Milch aus dem Stalle in die Vorratskammer gebracht hatte, wurde das Licht auf der Leuchte der Stube, die wie ein Herd in der Wand angebracht war, durch aufgelegte fette Kieferhölzer so verstärkt, daß die ganze Stube schimmerte. Martin Raimund und Lucia mußten zu ihrem Abendaufenthalte, wie sie auch sonst taten, in die Stube kommen. Selbst Martins großer graugetigerter Hund mußte herein gelassen werden. Lucia spann an der Leuchte, Raimund flickte
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