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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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Herr? – – Allein, warum haben Sie mich so geschwind im Garten verlassen?
    Der Reisende
. Verzeihen Sie meine Unhöflichkeit. Ich wollte gleich wieder bei Ihnen sein. Ich ging nur meine Dose zu suchen, die ich hier herum muß verloren haben.
    Der Baron
. Das ist mir höchst empfindlich. Sie sollten noch bei mir zu Schaden kommen?
    Der Reisende
. Der Schade würde so groß nicht sein – – Allein betrachten Sie doch einmal diesen ansehnlichen Bart!
    Der Baron
. Sie haben mir ihn schon einmal gezeigt. Warum?
    Der Reisende
. Ich will mich Ihnen deutlicher erklären. Ich glaube – – Doch nein, ich will meine Vermutungen zurückhalten. – –
    Der Baron
. Ihre Vermutungen? Erklären Sie sich!
    Der Reisende
. Nein; ich habe mich übereilt. Ich könnte mich irren – –
    Der Baron
. Sie machen mich unruhig.
    Der Reisende
. Was halten Sie von Ihrem Vogt?
    Der Baron
. Nein, nein; wir wollen das Gespräch auf nichts anders lenken – – Ich beschwöre Sie bei der Wohltat, die Sie mir erzeigt haben, entdecken Sie mir, was Sie glauben, was Sie vermuten, worinne Sie sich könnten geirrt haben!
    Der Reisende
. Nur die Beantwortung meiner Frage kann mich antreiben, es Ihnen zu entdecken.
    Der Baron
. Was ich von meinem Vogte halte? – – Ich halte ihn für einen ganz ehrlichen und rechtschaffnen Mann.
    Der Reisende
. Vergessen Sie also, daß ich etwas habe sagen wollen.
    Der Baron
. Ein Bart, – Vermutungen, – der Vogt, – wie soll ich diese Dinge verbinden? – Vermögen meine Bitten nichts bei Ihnen? – Sie könnten sich geirrt haben? Gesetzt, Sie haben sich geirrt; was können Sie bei einem Freunde für Gefahr laufen?
    Der Reisende
. Sie dringen zu stark in mich. Ich sage Ihnen also, daß der Vogt diesen Bart aus Unvorsichtigkeit hat fallen lassen; daß er noch einen hatte, den er aber in der Geschwindigkeit wieder zu sich steckte; daß seine Reden einen Menschen verrieten, welcher glaubt, man denke von ihm eben so viel Übels, als er tut; daß ich ihn auch sonst über einem nicht allzugewissenhaften – – wenigstens nicht allzuklugen Griffe, ertappt habe.
    Der Baron
. Es ist als ob mir die Augen auf einmal aufgingen. Ich besorge, – Sie werden sich nicht geirrt haben. Und Sie trugen Bedenken, mir so etwas zu entdecken? – Den Augenblick will ich gehn, und alles anwenden, hinter die Wahrheit zu kommen. Sollte ich meinen Mörder in meinem eignen Hause haben?
    Der Reisende
. Doch zürnen Sie nicht auf mich, wenn Sie, zum Glücke, meine Vermutungen falsch befinden sollten. Sie haben mir sie ausgepreßt, sonst würde ich sie gewiß verschwiegen haben.
    Der Baron
. Ich mag sie wahr oder falsch befinden, ich werde Ihnen allzeit dafür danken.
    { ‡ }
Neunzehnter Auftritt
    Der Reisende (und hernach) Christoph.
    Der Reisende
. Wo er nur nicht zu hastig mit ihm verfährt! Denn so groß auch der Verdacht ist, so könnte der Mann doch wohl noch unschuldig sein. – Ich bin ganz verlegen. – – In der Tat ist es nichts Geringes, einem Herrn seine Untergebnen so verdächtig zu machen. Wenn er sie auch unschuldig befindet, so verliert er doch auf immer das Vertrauen zu ihnen. – Gewiß, wenn ich es recht bedenke, ich hätte schweigen sollen – Wird man nicht Eigennutz und Rache für die Ursachen meines Argwohns halten, wenn man erfährt, daß ich ihm meinen Verlust zugeschrieben habe? – Ich wollte ein vieles darum schuldig sein, wenn ich die Untersuchung noch hintertreiben könnte –
    Christoph
kömmt gelacht. Ha! ha! ha! wissen Sie, wer Sie sind, mein Herr?
    Der Reisende
. Wißt Ihr, daß Ihr ein Narr seid? Was fragt Ihr?
    Christoph
. Gut! wenn Sie es denn nicht wissen, so will ich es Ihnen sagen. Sie sind einer von Adel. Sie kommen aus Holland. Allda haben Sie Verdrüßlichkeiten und ein Duell gehabt. Sie sind so glücklich gewesen, einen jungen Naseweis zu erstechen. Die Freunde des Entleibten haben Sie heftig verfolgt. Sie haben sich auf die Flucht begeben. Und ich habe die Ehre, Sie auf der Flucht zu begleiten.
    Der Reisende
. Träumt Ihr, oder raset Ihr?
    Christoph
. Keines von beiden. Denn für einen Rasenden wäre meine Rede zu klug, und für einen Träumenden zu toll.
    Der Reisende
. Wer hat Euch solch unsinniges Zeug weis gemacht?
    Christoph
. O dafür ist gebeten, daß man mirs weis macht. Allein finden Sie es nicht recht wohl ausgesonnen? In der kurzen Zeit, die man mir zum Lügen ließ, hätte ich gewiß auf nichts Bessers fallen können. So sind Sie doch wenigstens vor weitrer Neugierigkeit

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