Werke
sicher!
Der Reisende
. Was soll ich mir aber aus alle dem nehmen?
Christoph
. Nichts mehr, als was Ihnen gefällt; das übrige lassen Sie mir. Hören Sie nur, wie es zuging. Man fragte mich nach Ihrem Namen, Stande, Vaterlande, Verrichtungen; ich ließ mich nicht lange bitten, ich sagte alles, was ich davon wußte; das ist: ich sagte, ich wüßte nichts. Sie können leicht glauben, daß diese Nachricht sehr unzulänglich war, und daß man wenig Ursache hatte, damit zufrieden zu sein. Man drang also weiter in mich; allein umsonst! Ich blieb verschwiegen, weil ich nichts zu verschweigen hatte. Doch endlich brachte mich ein Geschenk, welches man mir anbot, dahin, daß ich mehr sagte, als ich wußte; das ist: ich log.
Der Reisende
. Schurke! ich befinde mich, wie ich sehe, bei Euch in feinen Händen.
Christoph
. Ich will doch nimmermehr glauben, daß ich von ohngefähr die Wahrheit sollte gelogen haben?
Der Reisende
. Unverschämter Lügner, Ihr habt mich in eine Verwirrung gesetzt, aus der – –
Christoph
. Aus der Sie sich gleich helfen können, sobald Sie das schöne Beiwort, das Sie mir jetzt zu geben beliebten, bekannter machen.
Der Reisende
. Werde ich aber alsdenn nicht genötiget sein, mich zu entdecken?
Christoph
. Desto besser! so lerne ich Sie bei Gelegenheit auch kennen. – Allein, urteilen Sie einmal selbst, ob ich mir wohl, mit gutem Gewissen, dieser Lügen wegen ein Gewissen machen konnte? Er zieht die Dose heraus. Betrachten Sie diese Dose! Hätte ich sie leichter verdienen können?
Der Reisende
. Zeigt mir sie doch! – Er nimmt sie in die Hand. Was seh ich?
Christoph
. Ha! ha! ha! Das dachte ich, daß Sie erstaunen würden. Nicht wahr, Sie lögen selber ein Gesetzchen, wenn Sie so eine Dose verdienen könnten.
Der Reisende
. Und also habt Ihr mir sie entwendet?
Christoph
. Wie? was?
Der Reisende
. Eure Treulosigkeit ärgert mich nicht so sehr, als der übereilte Verdacht, den ich deswegen einem ehrlichen Mann zugezogen habe. Und Ihr könnt noch so rasend frech sein, mich überreden zu wollen, sie wäre ein, – – obgleich beinahe eben so schimpflich erlangtes, – Geschenk? Geht! kommt mir nicht wieder vor die Augen!
Christoph
. Träumen Sie, oder – – aus Respekt will ich das andre noch verschweigen. Der Neid bringt Sie doch nicht auf solche Ausschweifungen? Die Dose soll Ihre sein? Ich soll sie Ihnen, salva venia, gestohlen haben? Wenn das wäre; ich müßte ein dummer Teufel sein, daß ich gegen Sie selbst damit prahlen sollte. – Gut, da kömmt Lisette! Hurtig komm Sie! Helf Sie mir doch meinen Herrn wieder zu Rechte bringen.
{ ‡ }
Zwanzigster Auftritt
Lisette. Der Reisende. Christoph.
Lisette
. O mein Herr, was stiften Sie bei uns für Unruhe! Was hat Ihnen denn unser Vogt getan? Sie haben den Herrn ganz rasend auf ihn gemacht. Man redt von Bärten, von Dosen, von Plündern; der Vogt weint und flucht, daß er unschuldig wäre, daß Sie die Unwahrheit redten. Der Herr ist nicht zu besänftigen, und jetzt hat er so gar nach dem Schulzen und den Gerichten geschickt, ihn schließen zu lassen. Was soll denn das alles heißen?
Christoph
. O! das ist alles noch nichts, hör Sie nur, hör Sie, was er jetzt gar mit mir vor hat – –
Der Reisende
. Ja freilich, meine liebe Lisette, ich habe mich übereilt. Der Vogt ist unschuldig. Nur mein gottloser Bedienter hat mich in diese Verdrüßlichkeiten gestürzt. Er ists, der mir meine Dose entwandt hat, derenwegen ich den Vogt im Verdacht hatte; und der Bart kann allerdings ein Kinderspiel gewesen sein, wie er sagte. Ich geh, ich will ihm Genugtuung geben, ich will meinen Irrtum gestehn, ich will ihm, was er nur verlangen kann – –
Christoph
. Nein, nein, bleiben Sie! Sie müssen mir erst Genugtuung geben. Zum Henker, so rede Sie doch, Lisette, und sage Sie, wie die Sache ist. Ich wollte, daß Sie mit Ihrer Dose am Galgen wäre! Soll ich mich deswegen zum Diebe machen lassen? Hat Sie mir sie nicht geschenkt?
Lisette
. Ja freilich! und sie soll Ihm auch geschenkt bleiben.
Der Reisende
. So ist es doch wahr? Die Dose gehört aber mir.
Lisette
. Ihnen? das habe ich nicht gewußt.
Der Reisende
. Und also hat sie wohl Lisette gefunden? und meine Unachtsamkeit ist an allen den Verwirrungen Schuld? Zu Christophen. Ich habe Euch auch zu viel getan! Verzeiht mir! Ich muß mich schämen, daß ich mich so übereilen können.
Lisette
bei Seite. Der Geier! nun werde ich bald klug. O! er wird sich nicht übereilt haben.
Der Reisende
.
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