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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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das schönste ganz und gar nicht wäre, so würden sie doch schon ihre Manieren zu der angenehmsten Person unter der Sonne machen. Ich kann nicht begreifen, wer sie ihr muß gewiesen haben.
    Staleno
. O! so höre Er doch! Nach ihrer Aussteuer frage ich; was kriegt sie mit?
    Leander
. Und sprechen – – sprechen kann sie wie ein Engel –
    Staleno
. Was kriegt sie mit?
    Leander
. Sie werden schwerlich mehr Verstand und Tugend bei irgend einer Person ihres Geschlechts antreffen, als bei ihr – –
    Staleno
. Gut! alles gut! aber was kriegt sie mit?
    Leander
. Sie ist über dieses aus einem guten Geschlechte, Herr Vormund; aus einem sehr guten Geschlechte.
    Staleno
. Die guten Geschlechter sind nicht allzeit die reichsten. Was kriegt sie mit?
    Leander
. Ich habe vergessen, Ihnen noch zu sagen, daß sie auch sehr schön singt.
    Staleno
. Zum Henker! lasse Er mich nicht eine Sache hundertmal fragen. Ich will vor allen Dingen wissen, was sie mit kriegt? – –
    Leander
. Wahrhaftig! ich habe sie selbst nur gestern Abends singen hören. Wie wurde ich bezaubert!
    Staleno
. Ah! Er muß Seinen Vormund nicht zum Narren haben. Wenn Er mir keine Antwort geben will: so packe Er sich, und lasse Er mich meinen Gang gehen.
    Leander
. Sie sind ja gar böse, allerliebster Herr Vormund. Ich wollte Ihnen eben Ihre Frage beantworten.
    Staleno
. Nun! so tu Ers.
    Leander
. Was war Ihre Frage? Ja, ich besinne mich: Sie fragten, ob sie eine gute Haushälterin sei? O! eine unvergleichliche! Ich weiß gewiß, sie wird ihrem Manne Jahr aus Jahr ein zu Tausenden ersparen.
    Staleno
. Das wäre noch etwas; aber es war doch auch nicht das, was ich Ihn fragte. Ich fragte, – – versteht Er denn kein Deutsch? – – ob sie reich ist? ob sie eine gute Aussteuer mit bekömmt?
    Leander
traurig. Eine Aussteuer?
    Staleno
. Ja, eine Aussteuer. Was gilts, darum hat sich das junge Herrchen noch nicht bekümmert? O Jugend, o Jugend! daß doch die leichtsinnige Jugend, so wenig nach dem Allernotwendigsten fragt! – Nun! wenn Er es noch nicht weiß, was Sein Mädchen mitkriegen soll, so gehe Er, und erkundige Er sich vorher. Alsdann können wir mehr von der Sache sprechen.
    Leander
. Das können wir gleich jetzo, wenn es Ihnen nicht zuwider ist. Ich bin so leichtsinnig nicht gewesen, sondern habe mich allerdings schon darnach erkundiget.
    Staleno
. So weiß Ers, was sie mitkriegt?
    Leander
. Auf ein Haar.
    Staleno
. Und wie viel?
    Leander
. Allzuviel ist es nicht – –
    Staleno
. Ei! wer verlangt denn allzuviel? Was recht ist! Er hat ja selber schon genug Geld.
    Leander
. O! Sie sind ein vortrefflicher Mann, mein lieber Herr Vormund. Es ist wahr, ich bin reich genug, daß ich ihr schon diesen Punkt übersehen kann.
    Staleno
. Ist es wohl so die Hälfte von Seinem Vermögen, was das Mädchen mitkriegt?
    Leander
. Die Hälfte? Nein, das ist es nicht.
    Staleno
. Das Drittel?
    Leander
. Auch wohl nicht.
    Staleno
. Das Viertel doch?
    Leander
. Schwerlich.
    Staleno
. Nu? das Achtel muß es doch wohl sein? Alsdann wären es ein Paar tausend Tälerchen, die beim Anfange einer Wirtschaft nur allzubald weg sind.
    Leander
. Ich habe Ihnen schon gesagt, daß es nicht viel ist, gar nicht viel.
    Staleno
. Aber nicht viel ist doch etwas. Wie viel denn?
    Leander
. Wenig, Herr Vormund.
    Staleno
. Wie wenig denn?
    Leander
. Wenig – – Sie wissen ja selbst, was man wenig nennt.
    Staleno
. Nur heraus mit der Sprache! Das Kind muß doch einen Namen haben. Drücke Er doch das Wenige mit Zahlen aus.
    Leander
. Das Wenige, Herr Staleno, ist – – ist gar nichts.
    Staleno
. Gar nichts? Ja nun! da hat Er recht; gar nichts, ist wenig genug. – – Aber im Ernste, Leander: schämt Er sich nicht, auf so eine Torheit zu fallen, ein Mädchen sich zur Frau auszusehen, die nichts hat?
    Leander
. Was sagen Sie? Nichts hat? Sie hat alles, was zu einer vollkommenen Frau gehört; nur kein Geld hat sie nicht.
    Staleno
. Das ist, sie hat alles, was eine vollkommene Frau machen könnte, wenn sie nur noch das hätte, was eine vollkommene Frau macht. – – Stille davon! Ich muß besser einsehen, was Ihm gut ist. – – Aber darf man denn wissen, wer diese schöne, liebenswürdige, galante Bettlerin ist? wie sie heißt? –
    Leander
. Sie versündigen sich, Herr Staleno. Wenn es nach Verdiensten ginge, so würden wir alle arm, und diese Bettlerin würde allein reich sein.
    Staleno
. So sage Er mir ihren Namen, damit ich sie anders nennen kann.
    Leander
. Kamilla.
    Staleno
. Kamilla?

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