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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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seufzte das Schaf. O so laß mich, gütiger Vater, wie ich bin. Denn das Vermögen, schaden zu können, erweckt, fürchte ich, die Lust, schaden zu wollen; und es ist besser, Unrecht leiden, als Unrecht tun.
    Zeus segnete das fromme Schaf, und es vergaß von Stund an, zu klagen.
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XIX. Der Fuchs und der Tiger
    Fab. Aesop. 159
    Deine Geschwindigkeit und Stärke, sagte ein Fuchs zu dem Tiger, möchte ich mir wohl wünschen.
    Und sonst hätte ich nichts, was dir anstünde? fragte der Tiger.
    Ich wüßte nichts! – – Auch mein schönes Fell nicht? fuhr der Tiger fort. Es ist so vielfärbig als dein Gemüt, und das Äußere würde sich vortrefflich zu dem Innern schicken.
    Eben darum, versetzte der Fuchs, danke ich recht sehr dafür. Ich muß das nicht scheinen, was ich bin. Aber wollten die Götter, daß ich meine Haare mit Federn vertauschen könnte!
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XX. Der Mann und der Hund
    Fab. Aesop. 25. Phaedrus lib. II. Fab. 3
    Ein Mann ward von einem Hunde gebissen, geriet darüber in Zorn, und erschlug den Hund. Die Wunde schien gefährlich, und der Arzt mußte zu Rate gezogen werden.
    Hier weiß ich kein besseres Mittel, sagte der Empiricus, als daß man ein Stücke Brot in die Wunde tauche, und es dem Hunde zu fressen gebe. Hilft diese sympathetische Kur nicht, so – Hier zuckte der Arzt die Achsel.
    Unglücklicher Jachzorn! rief der Mann; sie kann nicht helfen, denn ich habe den Hund erschlagen.
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XXI. Die Traube
    Fab. Aesop. 156. Phaedrus lib. IV. Fab.
    Ich kenne einen Dichter, dem die schreiende Bewunderung seiner kleinen Nachahmer weit mehr geschadet hat, als die neidische Verachtung seiner Kunstrichter.
    Sie ist ja doch sauer! sagte der Fuchs von der Traube, nach der er lange genug vergebens gesprungen war. Das hörte ein Sperling und sprach: Sauer sollte diese Traube sein? Darnach sieht sie mir doch nicht aus! Er flog hin, und kostete, und fand sie ungemein süße, und rief hundert näschiche Brüder herbei. Kostet doch! schrie er; kostet doch! Diese treffliche Traube schalt der Fuchs sauer. – Sie kosteten alle, und in wenig Augenblicken ward die Traube so zugerichtet, daß nie ein Fuchs wieder darnach sprang.
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XXII. Der Fuchs
    Fab. Aesop. 8
    Ein verfolgter Fuchs rettete sich auf eine Mauer. Um auf der andern Seite gut herab zu kommen, ergriff er einen nahen Dornenstrauch. Er ließ sich auch glücklich daran nieder, nur daß ihn die Dornen schmerzlich verwundeten. Elende Helfer, rief der Fuchs, die nicht helfen können, ohne zugleich zu schaden!
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XXIII. Das Schaf
    Fab. Aesop. 189
    Als Jupiter das Fest seiner Vermählung feierte, und alle Tiere ihm Geschenke brachten, vermißte Juno das Schaf.
    Wo bleibt das Schaf? fragte die Göttin. Warum versäumt das fromme Schaf, uns sein wohlmeinendes Geschenk zu bringen?
    Und der Hund nahm das Wort und sprach: Zürne nicht, Göttin! Ich habe das Schaf noch heute gesehen; es war sehr betrübt, und jammerte laut.
    Und warum jammerte das Schaf? fragte die schon gerührte Göttin.
    Ich Ärmste! so sprach es. Ich habe itzt weder Wolle, noch Milch; was werde ich dem Jupiter schenken? Soll ich, ich allein, leer vor ihm erscheinen? Lieber will ich hingehen, und den Hirten bitten, daß er mich ihm opfere!
    Indem drang, mit des Hirten Gebete, der Rauch des geopferten Schafes, dem Jupiter ein süßer Geruch, durch die Wolken. Und jetzt hätte Juno die erste Träne geweinet, wenn Tränen ein unsterbliches Auge benetzten.
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XXIV. Die Ziegen
    Phaedrus lib. IV. Fab. 15
    Die Ziegen baten den Zeus, auch ihnen Hörner zu geben; denn Anfangs hatten die Ziegen keine Hörner.
    Überlegt es wohl, was ihr bittet: sagte Zeus. Es ist mit dem Geschenke der Hörner ein anderes unzertrennlich verbunden, das euch so angenehm nicht sein möchte.
    Doch die Ziegen beharrten auf ihrer Bitte, und Zeus sprach: So habet denn Hörner!
    Und die Ziegen bekamen Hörner – und Bart! Denn Anfangs hatten die Ziegen auch keinen Bart. O wie schmerzte sie der häßliche Bart! Weit mehr, als sie die stolzen Hörner erfreuten!
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XXV. Der wilde Apfelbaum
    Fab. Aesop. 173
    In den hohlen Stamm eines wilden Apfelbaumes ließ sich ein Schwarm Bienen nieder. Sie füllten ihn mit den Schätzen ihres Honigs, und der Baum ward so stolz darauf, daß er alle andere Bäume gegen sich verachtete.
    Da rief ihm ein Rosenstock zu: Elender Stolz auf geliehene Süßigkeiten! Ist deine Frucht darum weniger herbe? In diese treibe den Honig herauf, wenn du es vermagst; und dann erst wird

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