Werke
daß sie auf das gegangen sei, was man von ihm hat wissen wollen.
Chrysander
. Nun, wer noch nicht gestehen will, daß zu viel Gelehrsamkeit den Kopf verwirre, der verdient es selber zu erfahren. Gott sei Dank, daß ich in meiner Jugend gleich das rechte Maß zu treffen wußte! Omne nimium vertitur in vitulum: sagen wir Lateiner sehr spaßhaft. – – Aber Gott sei dem Bösewichte gnädig, wann er auf dem Vorsatze verharret! Wann er behauptet, es sei nicht nötig zu heiraten und Kinder zu zeugen, will er mir damit nicht zu verstehn geben, es sei auch nicht nötig gewesen, daß ich ihn gezeugt habe? Der undankbare Sohn!
Anton
. Es ist wahr, kein größrer Undank kann unter der Sonne sein, als wenn ein Sohn die viele Mühe nicht erkennen will, die sein Vater hat über sich nehmen müssen, um ihn in die Welt zu setzen.
Chrysander
. Nein; gewiß, an mir soll der heilige Ehestand seinen Verteidiger finden!
Anton
. Der Wille ist gut; aber lauter solche Verteidiger würden die Konsumtionsakzise ziemlich geringe machen.
Chrysander
. Wie so?
Anton
. Bedenken Sie es selbst! drei Weiber, und von der dritten kaum einen Sohn.
Chrysander
. Kaum? was willst du mit dem kaum sagen, Schlingel?
Anton
. Hui, daß Sie etwas Schlimmers darunter verstehn, als ich.
Chrysander
. Zwar im Vertrauen, Anton; wenn die Weiber vor zwanzig Jahren so gewesen wären, wie die Weiber jetzo sind, ich würde auf wunderbare Gedanken geraten. Er hat gar zu wenig von mir! Doch die Weiber vor zwanzig Jahren waren so frech noch nicht, wie die jetzigen; so treulos noch nicht, wie sie heut zu Tage sind; so lüstern noch nicht – –
Anton
. Ist das gewiß? Nun wahrhaftig, so hat man meiner Mutter Unrecht getan, die vor 33 Jahren von ihrem Manne, der mein Vater nicht sein wollte, geschieden wurde! Doch das ist ein Punkt, woran ich nicht gern denke. Die Grillen Ihres Herrn Sohns sind lustiger.
Chrysander
. Ärgerlicher, sprich! Aber sage mir, was waren denn seine Entschuldigungen?
Anton
. Seine Entschuldigungen waren Einfälle, die auf seinem Miste nicht gewachsen waren. Er sagte zum Exempel, so lange er unter vierzig Jahren sei, und ihn jemand um die Ursache fragen würde, warum er nicht heirate, wolle er antworten: er sei zum Heiraten noch zu jung. Wäre er aber über vierzig Jahr, so wolle er sprechen: nunmehr sei er zum Heiraten zu alt. Ich weiß nicht, wie der Gelehrte hieß, der auch so soll gesagt haben. – – Ein anderer Vorwand war der: er heiratete deswegen nicht, weil er alle Tage Willens wäre, ein Mönch zu werden; und würde deswegen kein Mönch, weil er alle Tage gedächte zu heiraten.
Chrysander
. Was? nun will er auch gar ein Mönch werden? Da sieht man, wohin so ein böses Gemüt, das keine Ehrfurcht für den heiligen Ehestand hat, verfallen kann! Das hätte ich nimmermehr in meinem Sohne gesucht!
Anton
. Sorgen Sie nicht! bei Ihrem Sohne ist alles nur ein Übergang. Er hatte den Einfall in der Lebensbeschreibung eines Gelehrten gelesen; er hatte Geschmack daran gefunden, und sogleich beschlossen, ihn bei Gelegenheit als den seinen anzubringen. Bald aber ward die Grille von einer andern verjagt, so wie etwan, so wie etwan – – Schade, daß ich kein Gleichnis dazu finden kann! Kurz, sie ward verjagt. Er wollte nunmehr heiraten, und zwar einen rechten Teufel von einer Frau.
Chrysander
. Wenn doch den Einfall mehr Narren haben wollten, damit andre ehrliche Männer mit bösen Weibern verschont blieben.
Anton
. Ja, meinte er; es würde doch hübsch klingen, wenn es einmal von ihm heißen könnte: unter die Zahl der Gelehrten, welche der Himmel mit bösen Weibern gestraft hat, gehöret auch der berühmte Damis; gleichwohl kann sich die gelehrte Welt nicht über ihn beklagen, daß ihn dieses Hauskreuz nur im geringsten abgehalten hätte, ihr mit unzählbaren gelehrten Schriften zu dienen.
Chrysander
. Mit Schriften! ja, die mir am teuersten zu stehen kommen. Was für Rechnungen habe ich nicht schon an die Buchdrucker bezahlen müssen! Der Bösewicht!
Anton
. Geduld! er hat auch erst angefangen zu schreiben! Es wird schon besser kommen.
Chrysander
. Besser? vielleicht damit man ihn endlich einmal auch unter die zählen kann, die ihren Vater arm geschrieben haben!
Anton
. Warum nicht? wenn es ihm Ehre brächte – –
Chrysander
. Die verdammte Ehre!
Anton
. Um die tut ein junger Gelehrter alles! Wann es auch nach seinem Tode heißen sollte: unter diejenigen Gelehrten die zum Teufel gefahren sind, gehört auch der berühmte
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