Werke
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Chrysander
. Is oder ix, Herr Buchstabenkrämer!
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Dritter Auftritt
Chrysander. Damis. Lisette.
Lisette
. Hurtig herunter in die Wohnstube, Herr Chrysander! Man will Sie sprechen.
Chrysander
. Nun, was für ein Narr muß mich jetzo stören? Wer ist es denn?
Lisette
. Soll ich alle Narren kennen?
Chrysander
. Was sagst du? Du hast ein unglückliches Maul, Lisette. Einen ehrlichen Mann einen Narren zu schimpfen? Denn ein ehrlicher Mann muß es doch sein; was wollte er sonst bei mir?
Lisette
. Nu, nu; verzeihen Sie immer meinem Maule den Fehler des Ihrigen.
Chrysander
. Den Fehler des meinigen?
Lisette
. O gehen Sie doch! der ehrliche Mann wartet.
Chrysander
. Laß ihn warten. Habe ich doch den Narren nicht kommen heißen. – – Ich werde gleich wieder da sein, mein Sohn.
Lisette
bei Seite. Ich muß doch sehen, ob ich aus dem wunderlichen Einfall meiner Jungfer etwas machen kann.
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Vierter Auftritt
Lisette. Damis.
Damis
. Nun? geht Lisette nicht mit?
Lisette
. Ich bin Ihre gehorsamste Dienerin. Wenn Sie befehlen, so werde ich gehorchen. Aber nur eines möchte ich erst wissen. Sagen Sie mir, um des Himmels willen, wie können Sie beständig so allein sein? Was machen Sie denn den ganzen Tag auf Ihrer Studierstube? Werden Ihnen denn nicht alle Augenblicke zu Stunden?
Damis
. Ach, was nutzen die Fragen? Fort! fort!
Lisette
. Über den Büchern können Sie doch unmöglich die ganze Zeit liegen. Die Bücher, die toten Gesellschafter! Nein, ich lobe mir das Lebendige; und das ist auch Mamsell Julianens Geschmack. Zwar dann und wann lesen wir auch; einen irrenden Ritter, eine Banise, und so etwas Gutes; aber länger als eine Stunde halten wir es hintereinander nicht aus. Ganze Tage damit zuzubringen, wie Sie, hilf Himmel! in den ersten dreien wären wir tod. Und vollends nicht ein Wort dabei zu reden, wie Sie; das wäre unsre Hölle. Ein Vorzug des ganzen männlichen Geschlechts kann es nicht sein, weil ich Mannspersonen kenne, die so flüchtig und noch flüchtiger sind, als wir. Es müssen nur sehr wenig große Geister diese besondere Gaben besitzen. – -
Damis
. Lisette spricht so albern eben nicht. Es ist Schade, daß ein so guter Mutterwitz nicht durch die Wissenschaften ausgebessert wird.
Lisette
. Sie machen mich schamrot. Bald dürfte ich mich dafür rächen, und Ihnen die Lobeserhebungen nach einander erzählen, die Ihnen von der gestrigen Gartengesellschaft gemacht wurden. Doch ich will Ihre Bescheidenheit nicht beleidigen. Ich weiß, die Gelehrten halten auf diese Tugend allzuviel.
Damis
. Meine Lobeserhebungen? meine?
Lisette
. Ja, ja, die Ihrigen.
Damis
. O besorge Sie nichts, meine liebe Lisette. Ich will sie als die Lobeserhebungen eines andern betrachten, und so kann meine Bescheidenheit zufrieden sein. Erzähle Sie mir sie nur. Bloß wegen Ihrer lebhaften und ungekünstelten Art sich auszudrücken, wünsche ich sie zu hören.
Lisette
. O meine Art ist wohl keine von den besten. Es hat mir ein Lehrmeister, wie Sie, gefehlt. Doch ich will Ihrem Befehle gehorchen. Sie wissen doch wohl, wer die Herren waren, die gestern bei Ihrem Herrn Vater im Garten schmauseten?
Damis
. Nein, wahrhaftig nicht. Weil ich nicht dabei sein wollte, so habe ich mich auch nicht darum bekümmert. Hoffentlich aber werden es Leute gewesen sein, die selbst lobenswürdig sind, daß man sich also auf ihr Lob etwas einbilden kann.
Lisette
. Das sind sie so ziemlich. Was würde es Ihnen aber verschlagen, wenn sie es auch nicht wären? Sie wollen ja Ihre Lobeserhebungen aus Bescheidenheit als fremde betrachten. Und hängt denn die Wahrheit von dem Munde desjenigen ab, der sie vorträgt? Hören Sie nur –
Damis
. Himmel! ich höre meinen Vater wieder kommen. Um Gottes willen, liebe Lisette, daß er nicht merkt, daß Sie sich so lange bei mir aufgehalten hat. Geh Sie hurtig unterdessen in das Kabinett.
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Fünfter Auftritt
Damis. Chrysander.
Chrysander
. Der verzweifelte Valer! er hätte mir zu keiner ungelegnern Zeit kommen können. Muß ihn denn der Henker eben heute von Berlin zurück führen? Und muß er sich denn eben gleich bei Mir anmelden lassen? Hui daß – – Nein, Herr Valer, damit kommen Sie zu spät. – – Nun mein Sohn – Damis steht zerstreut, als in tiefen Gedanken. Hörst du, mein Sohn?
Damis
. Ich höre; ich höre alles.
Chrysander
. Kurz, du merkst doch, wo ich vorhin hinaus wollte? Einem Klugen sind drei Worte genug. Sapienti sat; sagen wir Lateiner. – Antworte
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