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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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Damis! was schadet das? Genug, er heißt gelehrt; er heißt berühmt – –
    Chrysander
. Kerl, du erschreckst mich! Aber du, der du weit älter bist als er, kannst du ihn nicht dann und wann zurechte weisen? – –
    Anton
. O, Herr Chrysander! Sie wissen wohl, daß ich keinen Gehalt, als Hofmeister bekomme. Und dazu meine Dummheit – –
    Chrysander
. Ja, die du annimmst, um ihn desto dümmer zu machen.
    Anton
bei Seite. St! der kennt mich. – Aber glauben Sie, daß es ihm mit der bösen Frau ein Ernst war? nichtsweniger! Eine Stunde darauf wollte er sich eine gelehrte Frau aussuchen.
    Chrysander
. Nun, das wäre doch noch etwas Kluges!
    Anton
. Etwas Kluges? Nach meiner unvorgreiflichen Meinung ist es gleich der dümmste Einfall, den er hat haben können. Eine gelehrte Frau! bedenken Sie doch! eine gelehrte Frau; eine Frau wie Ihr Herr Sohn! Zittern und Entsetzen möchte einem ehrlichen Kerl ankommen. Wahrhaftig! ehe ich mir eine Gelehrte aufhängen ließ –
    Chrysander
. Narre, Narre! sie gehen unter andern Leuten, als du bist, reißend weg. Wann ihrer nur viel wären, wer weiß, ob ich mir nicht selbst eine wählte.
    Anton
. Kennen Sie Karlinen?
    Chrysander
. Karlinen? Nein.
    Anton
. Meinen ehemaligen Kameraden? meinen guten Freund? kennen Sie den nicht?
    Chrysander
. Nein doch, nein.
    Anton
. Er trug ein hechtgraues Kleid, mit roten Aufschlägen, und auf seiner Sonntags Montur rote und blaue Achselbänder. Sie müssen ihn bei mir gesehen haben. Er hatte eine etwas lange Nase. Sie war ein Erbstück; denn er wollte aus der Geschichte wissen, daß schon sein Ururältervater, der ehedem einem gewissen Turnier, als Stallknecht beigewohnt, eine eben so lange gehabt habe. Sein einziger Fehler war, daß er etwas krumme Beine hatte. Besinnen Sie sich nun?
    Chrysander
. Soll ich denn alle das Lumpengesindel kennen, das du kennst? Und was willst du denn mit ihm?
    Anton
. Sie kennen ihn also im Ernste nicht? O! da kennen Sie einen sehr großen Geist weniger. Ich will Sie zu seiner Bekanntschaft verhelfen; ich gelte etwas bei ihm.
    Chrysander
. Ich glaube, du schwärmst manchmal so gut, als mein Sohn. Wie kömmst du denn auf die Possen?
    Anton
. Eben der Karlin, will ich sagen – – O! es ist ärgerlich, daß Sie ihn nicht kennen. – – Eben der Karlin, sage ich, hat einmal bei einem Herrn gedient, der eine gelehrte Frau hatte. Der verzweifelte Vogel – – er sah gut aus, und wie nun der Appetit sich nach dem Stande nicht richtet – – kurz, er mußte sie näher gekannt haben. Wo hätte er sonst so viel Verstand her? Endlich merkte es auch sein Herr, daß er bei der Frau in die Schule ging. Er bekam seinen Abschied, ehe er sichs versah. Die arme Frau!
    Chrysander
. Ach schweig! ich mag weder deine noch meines Sohnes Grillen länger mit anhören.
    Anton
. Noch eine hören Sie; und zwar die, welche zuletzt seine Leibgrille ward: er wollte mehr als eine Frau heiraten.
    Chrysander
. Aber eine nach der andern.
    Anton
. Nein, wenigstens ein halb Dutzend auf einmal. Der Bibel, der Obrigkeit und dem Gebrauche zum Trutze! Er las damals gleich ein Buch – –
    Chrysander
. Die verdammten Bücher! Kurz, ich will nicht weiter hören. Es soll ihm schon vergehen, mehr als eine zu nehmen, wenn er nur erst die genommen hat, die ich jetzt für ihn im Kopfe habe. Und was meinest du wohl, Anton? quid putas? wie wir Lateiner reden; wird ers tun?
    Anton
. Vielleicht; vielleicht nicht. Wenn ich wüßte was er für ein Buch zuletzt gelesen hätte, und wenn ich dieses Buch selbst lesen könnte, und wenn – –
    Chrysander
. Ich sehe schon, ich werde deine Hülfe nötig haben. Du bist zwar ein Gauner, aber ich weiß auch, man kömmt jetzt mit Betriegern weiter, als mit ehrlichen Leuten.
    Anton
. Ei, Herr Chrysander, für was halten Sie mich?
    Chrysander
. Ohne Komplimente, Herr Anton! Ich verspreche dir eine Belohnung, die deinen Verdiensten gemäß sein soll, wenn du meinen Sohn quovis modo, wie wir Lateiner reden, durch Wahrheiten oder durch Lügen, durch Ernst oder Schraubereien, vel sic, vel aliter, wie wir Lateiner reden, Julianen zu heiraten bereden kannst.
    Anton
. Wen? Julianen?
    Chrysander
. Julianen; illam ipsam.
    Anton
. Unsere Mamsell Juliane? Ihr Mündel? Ihre Pflegetochter?
    Chrysander
. Kennst du eine andre?
    Anton
. Das ist unmöglich, oder das, was ich von ihr gehört habe, muß nicht wahr sein.
    Chrysander
. Gehört? so? hast du etwas von ihr gehört? doch wohl nicht Böses?
    Anton
. Nichts Gutes war es freilich

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