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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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geben. – Wenn Anfangs auch alle Besitzungen des Staats unter sie gleich verteilet worden: so kann diese gleiche Verteilung doch keine zwei Menschenalter bestehen. Einer wird sein Eigentum besser zu nutzen wissen, als der andere. Einer wird sein schlechter genutztes Eigentum gleichwohl unter mehrere Nachkommen zu verteilen haben, als der andere. Es wird also reichere und ärmere Glieder geben.
    Ernst
. Das versteht sich.
    Falk
. Nun überlege, wie viel Übel es in der Welt wohl gibt, das in dieser Verschiedenheit der Stände seinen Grund nicht hat.
    Ernst
. Wenn ich dir doch widersprechen könnte! – Aber was hatte ich für Ursache, dir überhaupt zu widersprechen? – Nun ja, die Menschen sind nur durch Trennung zu vereinigen! nur durch unaufhörliche Trennung in Vereinigung zu erhalten! Das ist nun einmal so. Das kann nun nicht anders sein.
    Falk
. Das sage ich eben!
    Ernst
. Also, was willst du damit? Mir das bürgerliche Leben dadurch verleiden? Mich wünschen machen, daß den Menschen der Gedanke, sich in Staaten zu vereinigen, nie möge gekommen sein?
    Falk
. Verkennst du mich so weit? – Wenn die bürgerliche Gesellschaft auch nur das Gute hätte, daß allein in ihr die menschliche Vernunft angebauet werden kann: ich würde sie auch bei weit größern Übeln noch segnen.
    Ernst
. Wer des Feuers genießen will, sagt das Sprichwort, muß sich den Rauch gefallen lassen.
    Falk
. Allerdings! – Aber weil der Rauch bei dem Feuer unvermeidlich ist: durfte man darum keinen Rauchfang erfinden? Und der den Rauchfang erfand, war der darum ein Feind des Feuers? – Sieh, dahin wollte ich.
    Ernst
. Wohin? – Ich verstehe dich nicht.
    Falk
. Das Gleichnis war doch sehr passend. – – Wenn die Menschen nicht anders in Staaten vereiniget werden konnten, als durch jene Trennungen: werden sie darum gut, jene Trennungen?
    Ernst
. Das wohl nicht.
    Falk
. Werden sie darum heilig, jene Trennungen?
    Ernst
. Wie heilig?
    Falk
. Daß es verboten sein sollte, Hand an sie zu legen?
    Ernst
. In Absicht? ...
    Falk
. In Absicht, sie nicht größer einreißen zu lassen, als die Notwendigkeit erfodert. In Absicht, ihre Folgen so unschädlich zu machen, als möglich.
    Ernst
. Wie könnte das verboten sein?
    Falk
. Aber geboten kann es doch auch nicht sein; durch bürgerliche Gesetze nicht geboten! Denn bürgerliche Gesetze erstrecken sich nie über die Grenzen ihres Staats. Und dieses würde nun gerade außer den Grenzen aller und jeder Staaten liegen. – Folglich kann es nur ein Opus supererogatum sein: und es wäre bloß zu wünschen, daß sich die Weisesten und Besten eines jeden Staats diesem Operi supererogato freiwillig unterzögen.
    Ernst
. Bloß zu wünschen; aber recht sehr zu wünschen.
    Falk
. Ich dächte! Recht sehr zu wünschen, daß es in jedem Staate Männer geben möchte, die über die Vorurteile der Völkerschaft hinweg wären, und genau wüßten, wo Patriotismus, Tugend zu sein aufhöret.
    Ernst
. Recht sehr zu wünschen!
    Falk
. Recht sehr zu wünschen, daß es in jedem Staate Männer geben möchte, die dem Vorurteile ihrer angebornen Religion nicht unterlägen; nicht glaubten, daß alles notwendig gut und wahr sein müsse, was sie für gut und wahr erkennen.
    Ernst
. Recht sehr zu wünschen!
    Falk
. Recht sehr zu wünschen, daß es in jedem Staate Männer geben möchte, welche bürgerliche Hoheit nicht blendet, und bürgerliche Geringfügigkeit nicht ekelt; in deren Gesellschaft der Hohe sich gern herabläßt, und der Geringe sich dreist erhebet.
    Ernst
. Recht sehr zu wünschen!
    Falk
. Und wenn er erfüllt wäre, dieser Wunsch?
    Ernst
. Erfüllt? – Es wird freilich hier und da, dann und wann, einen solchen Mann geben.
    Falk
. Nicht bloß hier und da; nicht bloß dann und wann.
    Ernst
. Zu gewissen Zeiten, in gewissen Ländern auch mehrere.
    Falk
. Wie, wenn es dergleichen Männer itzt überall gäbe? zu allen Zeiten nun ferner geben müßte?
    Ernst
. Wollte Gott!
    Falk
. Und diese Männer nicht in einer unwirksamen Zerstreuung lebten? nicht immer in einer unsichtbaren Kirche?
    Ernst
. Schöner Traum!
    Falk
. Daß ich es kurz mache. – Und diese Männer die Freimäurer wären?
    Ernst
. Was sagst du?
    Falk
. Wie, wenn es die Freimäurer wären, die sich mit zu ihrem Geschäfte gemacht hätten, jene Trennungen, wodurch die Menschen einander so fremd werden, so eng als möglich wieder zusammen zu ziehen?
    Ernst
. Die Freimäurer?
    Falk
. Ich sage: mit zu ihrem Geschäfte.
    Ernst
. Die Freimäurer?
    Falk
. Ach!

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