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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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O-Wahu treibt, daß es nicht vielmehr eine sonderbare Ahnung irgendeines unerhörten Ereignisses ist, dem ich entgegengehe? – Ja, Eduard, eben in diesem Augenblick erfaßt mich diese Ahnung mit solcher Gewalt, daß ich nicht vermögend bin, weiterzuschreiben! – Du wirst mich für einen närrischen Träumer halten, aber es ist nicht anders; deutlich steht es in meiner Seele, daß mich in O-Wahu das größte Glück oder unvermeidliches Verderben erwartet! –
    Dein treuster etc.
    4. Derselbe an denselben
    Hana-ruru auf O-Wahu, den 12. Dezember 18..
    Nein! ich bin kein Träumer, aber es gibt Ahnungen – Ahnungen, die nicht trügen! – Eduard, ich bin der glücklichste Mensch unter der Sonne, auf den höchsten Punkt des Lebens gestellt. Aber wie soll ich Dir denn alles erzählen, damit Du meine Wonne, mein unaussprechliches Entzücken ganz fühlst? – ich will mich fassen, ich will versuchen, ob ich imstande bin, Dir das alles, wie es sich zutrug, ruhig zu beschreiben.
    Unfern Hana-ruru, König Teimotus Residenz, wo er uns freundlich aufgenommen, liegt eine anmutige Waldung. Dorthin begab ich mich gestern, als schon die Sonne zu sinken begann. Ich hatte vor, womöglich einen sehr seltenen Schmetterling (der Name wird Dich nicht interessieren) einzufangen, der nach Sonnenuntergang seinen irren Kreislauf beginnt. Die Luft war schwül, von wollüstigem Aroma duftender Kräuter erfüllt. Als ich in den Wald trat, fühlt’ ich ein seltsam süßes Bangen, mich durchbebten geheimnisvolle Schauer, die sich auflösten in sehnsüchtige Seufzer. Der Nachtvogel, nach dem ich ausgegangen, erhob sich dicht vor mir, aber kraftlos hingen die Arme herab, wie starrsüchtig vermochte ich nicht von der Stelle zu gehen, nicht den Nachtvogel zu verfolgen, der sich fortschwang in den Wald. – Da wurde ich hineingezogen wie von unsichtbaren Händen in ein Gebüsch, das mich im Säuseln und Rauschen wie mit zärtlichen Liebesworten ansprach. Kaum hineingetreten, erblicke ich – O Himmel! – auf dem bunten Teppiche glänzender Taubenflügel liegt die niedlichste, schönste, lieblichste Insulanerin, die ich jemals gesehen! – Nein! – nur die äußeren Konture zeigten, daß das holde Wesen zu dem Geschlechte der hiesigen Insulanerinnen gehörte. – Farbe, Haltung, Aussehen, alles war sonst anders. – Der Atem stockte mir vor wonnevollem Schreck. – Behutsam näherte ich mich der Kleinen. – Sie schien zu schlafen – ich faßte sie, ich trug sie mit mir fort – das herrlichste Kleinod der Insel war mein! – Ich nannte sie Haimatochare, klebte ihr ganzes kleines Zimmer mit schönem Goldpapiere aus, bereitete ihr ein Lager von eben den bunten, glänzenden Taubenfedern, auf denen ich sie gefunden! – Sie scheint mich zu verstehen, zu ahnen, was sie mir ist! – Verzeih mir, Eduard – ich nehme Abschied von Dir – ich muß sehen, was mein liebliches Wesen, meine Haimatochare macht, – ich öffne ihr kleines Zimmer. – Sie liegt auf ihrem Lager, sie spielt mit den bunten Federchen. – O Haimatochare! – Lebe wohl, Eduard!
    Dein treuester etc.
    5. Brougthon an den Gouverneur von Neusüdwales
    Hana-ruru, den 20. Dezember 18..
    Kapitän Bligh hat Ew. Exzellenz über unsere glückliche Fahrt bereits ausführlichen Bericht erstattet und auch gewiß nicht unterlassen, die freundliche Art zu rühmen, mit der unser Freund Teimotu uns aufgenommen. Teimotu ist entzückt über Ew. Exzellenz reiches Geschenk und wiederholt ein Mal über das andere, daß wir alles, was O-Wahu nur für uns Nützliches und Wertes erzeugt, als unser Eigentum betrachten sollen. Auf die Königin Kahumanu hat der goldgestickte rote Mantel, den Ew. Exzellenz mir als für sie bestimmtes Geschenk mitzugeben die Gnade hatten, einen tiefen Eindruck gemacht, so daß sie ihre vorige unbefangene Heiterkeit verloren und in allerlei fantastische Schwärmereien geraten ist. Sie geht am frühen Morgen in das tiefste, einsamste Dickicht des Waldes und übt sich, indem sie den Mantel bald auf diese, bald auf jene Art über die Schultern wirft, in mimischen Darstellungen, die sie abends dem versammelten Hofe zum besten gibt. Dabei wird sie oft von einer seltsamen Trostlosigkeit befallen, die dem guten Teimotu nicht wenigen Kummer verursacht! – Mir ist es indessen doch schon oft gelungen, die jammervolle Königin aufzuheitern durch ein Frühstück von gerösteten Fischen, die sie sehr gern ißt und dann ein tüchtiges Glas Gin oder Rum daraufsetzt, welches ihren

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