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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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Zimmer gelaufen. Kaum habe er indessen die Tür geöffnet, als die Marquise ihm entgegengesprungen und gedroht, ihn auf der Stelle niedermachen zu lassen, wenn er sich nicht entferne. Später habe er dem Charost einen schweren Eid ablegen müssen, über alles, was er in jener Nacht gesehen oder sonst bemerkt habe, zu schweigen. Auch Hybert sollte verhaftet werden; er entfloh indessen und war nicht wieder aufzufinden.
    Charost, hienach der Teilnahme an der gräßlichen Ermordung des Marquis de la Pivardiere angeklagt, wurde mit Zustimmung des bischöflichen Vikars zu Bourges verhaftet. Kaum war indessen diese Verhaftung erfolgt, als die Marquise de la Pivardiere aus ihrem Schlupfwinkel hervortrat und sich freiwillig zur Haft stellte.
    Nur eine augenblickliche Schwäche, erklärte sie, nur die Furcht vor Mißhandlungen habe sie vermocht, nicht zu fliehen, sondern sich bei ihrer Freundin, der Marquise d’Auneuil, zu verbergen. Sie glaube ihre Unschuld gar nicht einmal beteuern zu dürfen, denn betrachte man ihr ganzes Leben, ihre Sinnesart, so sei es Wahnsinn, sie solch einer gräßlichen Tat für fähig zu achten. Von der strengsten Untersuchung habe sie daher nichts zu fürchten, sondern nur zu hoffen gehabt, daß das Gewebe der verächtlichsten Bosheit oder unbegreiflicher Irrungen zerrissen werden und sie frei dastehen müsse, von der Schuld gereinigt, ohne daß ihre Gegenwart bei dem Verfahren nötig. Anders stehe nun aber die Sache, da ihr Beichtvater, der Augustiner Charost, der Mitschuld angeklagt worden. Jetzt müsse sie gleiches Schicksal mit dem teilen, dessen Tugend und Frömmigkeit die beste Schutzwehr sei gegen jeden verruchten Frevel. In der Glorie seiner Schuldlosigkeit werde sie erst die Wonne wiedererlangter Freiheit fühlen, und darum scheue sie nicht mehr den Kerker.
    Charost erhob mild lächelnd den Blick gen Himmel, als man ihn mit der wider ihn gerichteten Anklage bekannt machte. Ohne sich auf viele Beteurungen seiner Unschuld einzulassen, begnügte er sich zu sagen, daß er die Anklage, die der Lügengeist der Hölle selbst erfunden, für eine neue Prüfung halte, die ihm der Himmel auferlegt, und der er sich in Demut unterwerfen müsse.
    Unerachtet durch jene Aussagen der Mägde, die mit allen ausgemittelten Nebenumständen in vollem Zusammenhange standen, das Verbrechen so gut als erwiesen schien, blieben beide, die Marquise und Charost, bei der Versicherung ihrer Unschuld stehen. Diese Festigkeit, das ruhige, gleichmütige Betragen bei allen unzähligen Verhören, das sonst für die Schuldlosigkeit der Angeklagten spricht, diente den Richtern nur dazu, die Marquise und Charost der tiefsten, abscheulichsten Heuchelei zu zeihen.
    Diese Stimmung der Richter teilte sich allen, die sonst die Marquise hoch verehrt hatten, ja selbst dem Volke mit. Als die Gerichtsdiener sich im Schloß Nerbonne befanden, um alles dort in Beschlag zu nehmen, drangen eine Menge Menschen, die herbeigelaufen, ein, zerschlugen Fenster, Türen, Gerätschaften, verwüsteten das ganze Schloß, das einer Ruine glich. –
    Vergebens blieb alles Mühen, den Leichnam des Marquis de la Pivardiere aufzufinden, und auf diesen Umstand beriefen sich die Verteidiger der Angeklagten, um darzutun, daß, der Zeugenaussagen ungeachtet, der Beweis der Tat gegen die Marquise und Charost nicht vollständig geführt sei. Dies gab nun den Gerichtspersonen, die mit ungewöhnlichem Eifer die Spur des Verbrechens verfolgten, Anlaß, noch einmal in der Nähe des Schlosses überall, wo es nur denkbar schien, daß der Leichnam verscharrt sein könnte, die Erde durchwühlen zu lassen. Bonnet hatte sich nämlich nun einmal in den Kopf gesetzt, daß die Mörder den Leichnam des Marquis ganz nahe dem Schlosse vergraben haben müßten.
    Ein seltsames Gerücht verbreitete sich. Man sagte nämlich, daß, als Bonnet eben im Begriff gewesen, irgendwo nachgraben zu lassen, um den Leichnam aufzufinden, ihm der Marquis leibhaftig erschienen sei und mit fürchterlicher Stimme zugerufen habe, er solle sich nicht unterfangen, den unter der Erde zu suchen, dem der Himmel die Gunst solcher Ruhe nicht verliehen. Dann (so fügte man hinzu) habe der Geist des Marquis mit schrecklichen Worten die Marquise und Charost des Mordes angeklagt. Voll Entsetzen sei Bonnet entflohen. –
    Mochte es nun mit der Erscheinung des Marquis eine Bewandtnis haben, welche es wollte, so viel war gewiß, daß Bonnet in eine schwere Krankheit verfiel und in kurzer Zeit starb.
    Das Gericht

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