Werke
heimlich aus Auxerre entfernt, teils weil er des Verhältnisses mit der Pillard überdrüssig, teils weil es ihm an Mitteln fehlte, das Leben dort auf die Weise fortzusetzen, wie er es gewohnt war. Er sah sich von seinen Gläubigern hart verfolgt; deshalb hielt er es für nötig, zurückzukehren nach dem Schlosse Nerbonne und sich Geld zu verschaffen.
Auf dieser Reise, die er zu Pferde zurücklegte, kam er nach Bourdieux, einem von dem Schlosse Nerbonne sieben Stunden entfernten Dorfe. Dort traf ihn, als er eben im Gasthofe frühstückte, ein Mensch aus dem Dorfe Jeu, namens Marsau, der den Marquis kannte und sich wunderte, ihn hier zu finden, da doch die Heimat so nahe. Der Marquis meinte, daß er in der Abenddämmerung seine Gemahlin zu überraschen gedenke. Marsau verzog bei dieser Äußerung des Marquis das Gesicht auf eine so seltsame Weise, daß es dem Marquis auffiel und er Böses ahnte. Marsau, ein hämischer boshafter Mensch, erzählte dann auf weiteres Befragen ohne Rückhalt, daß ein neuer Kapellan, der Augustiner Franziskus Charost, sich indessen auf dem Schlosse Nerbonne eingefunden, dem die Marquise täglich, stündlich zu beichten habe, und daß daher die Marquise wirklich von dem Marquis gerade in der Andacht überrascht werden könne. Den Marquis traf es wie ein Blitz, als er den Namen des Beichtvaters hörte. Charost hatte gewiß niemals geahnet, daß de la Pivardiere, der ihm Freundschaft heuchelte, mit seinem Geheimnis bekannt, daß er es war, dem der Ritter du Chauvelin vertraute, wie er den vernichtet, der sich zum Liebhaber seiner Tochter aufdringen wollen; daß de la Pivardiere, der schon damals im Sinn trug, solle es auch noch so lange währen, die Hand der Marquise zu erkämpfen, das Seinige dazu beitrug, die Verzweiflung des armen verschmähten Jünglings bis zu dem Grade zu steigern, daß er, jedem Hoffen entsagend, in ein Kloster flüchtete. –
Der Marquis, selbst im verbrecherischen Bündnis lebend, glaubte an das Verbrechen der Marquise um so leichter, als er wußte, welchen Eindruck damals der junge Charost auf sie gemacht. Er fühlte sich beschimpft durch denselben, der ihn in Gefahr gesetzt, seine Zwecke zu verfehlen. Im höchsten Unmut rief er aus: »Ha! – ich werde diesen heuchlerischen Pfaffen zu finden wissen; und dann mein Leben gegen das seine!«
Der Zufall wollt’ es, daß gerade, als der Marquis diese Worte ausstieß, eine Magd von dem Schlosse Nerbonne in die Wirtsstube trat. Diese Magd, die schon als Kind den Marquis gekannt, und die Marquise oft äußern gehört hatte, daß die Rückkunft ihres Gemahls ihr größtes Unglück sein würde, erschrak heftig, rannte nach dem Schloß und erzählte der Marquise, wen sie gesehen, was sie gehört.
Es war gerade Mariä-Himmelfahrtstag, das Weihfest der Kapelle zu Nerbonne; Charost hatte am Morgen ein feierliches Hochamt, nachmittags die Vesper gehalten, und da jener kleine Zirkel der Nachbarn, deren schon vorhin namentlich gedacht wurde, bei der Marquise versammelt war, bat sie den Kapellan, den Abend bei ihr zu bleiben.
So sehr die Marquise durch jene Nachricht erschüttert wurde, behielt sie doch Fassung genug, keinem von der Gesellschaft, am wenigsten aber dem Geistlichen etwas davon merken zu lassen, ungeachtet sie sein Leben bedroht glaubte und daher in aller Stille zwei Männer herbeirufen ließ, auf deren Mut und Treue sie sich verlassen konnte. Sie erschienen, der eine mit einer Flinte, der andere mit einem Säbel bewaffnet, und wurden von der Marquise in ein Kabinett gebracht, welches an den Speisesaal stieß.
Man hatte beinahe abgegessen, und die Marquise glaubte schon, daß der Marquis seine Drohung unerfüllt lassen würde, als er plötzlich eintrat in den Saal.
Alle standen auf und bezeigten ihre Freude über die unverhoffte Rückkehr des Marquis. Vorzüglich war es Charost, der dem Marquis nicht genug versichern konnte, wie sehr er das Geschick preise, das den alten, niemals vergessenen Freund ihm endlich zurückführe. Nur die Marquise blieb ruhig auf ihrem Platze sitzen und würdigte den Marquis keines Blicks.
»Aber,« sprach endlich die Frau von Preville zu ihr, »aber mein Gott, Frau Marquise, ist das eine Art, den Gatten zu bewillkommen, den man seit so langer Zeit nicht gesehen?«
»Ich,« nahm der Marquis das Wort, indem er einen stechenden Blick auf den Geistlichen warf, »ich bin ihr Gatte, das ist wahr; aber wie es mir bedünken will, nicht mehr ihr Freund!« –
Darauf setzte sich der Marquis
Weitere Kostenlose Bücher