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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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gekannt. Diese drei Personen hegten auch nicht den mindesten Zweifel gegen die Person des Marquis, nachdem sie drei Wochen mit ihm zusammen gewesen und er selbst sie auf die kleinsten, unbedeutendsten Züge aus ihrem Jugendleben gebracht hatte.
    Daß die völlige Gleichheit der Handschrift des angeblichen Marquis mit dem wirklichen, daß gewisse eigentümliche Gewohnheiten, nur von den vertrautesten Freunden bemerkt, jenen Anerkenntnissen von mehr als dreihundert Personen noch mehr Gewicht gaben, ist gewiß.
    Genug! – nach allen Regeln des Rechts mußte das Gericht annehmen, daß der Beweis über die Person des Marquis de la Pivardiere auf das vollständigste geführt sei.
    Nicht des Mordes irgendeiner Person im allgemeinen, sondern der Ermordung des Marquis de la Pivardiere waren aber die Marquise und Charost angeklagt; wurde daher das Leben des Marquis vollkommen nachgewiesen, so mußte jene Anklage falsch sein. Auf diesen bündigen Schluß stützten die Gerichte die völlige Freisprechung der angeklagten Personen.
    War aber ferner jene Anklage falsch, so mußten die Personen, auf deren Aussage sich dieselbe bezog, falsch Zeugnis abgelegt haben. Dies gab Anlaß zum Verfahren gegen die Katharine Lemoine und die Marguerite Mercier.
    Wer hätte beide nicht der Arglist und Bosheit anklagen sollen, und doch waren sie unschuldig!
    Die Mercier wurde in jener Nacht durch das Klopfen am Schloßtor geweckt. Sie stand auf, weckte die Lemoine, und beide sahen durchs Fenster, wie eben drei Personen in die Türe des Schlosses traten, wovon zwei mit einer Flinte und mit einem Säbel bewaffnet waren. Sie konnten dies im Schimmer eines Lichts, der aus der geöffneten Türe hervorbrach, deutlich erkennen. Bald darauf hörten sie ein Geräusch im Zimmer des Marquis, eine klagende Stimme und dann einen Schuß; darauf wurde es still. Nun wagten sie sich heraus auf den Gang; hier begegneten sie dem Hybert, der ganz verstört und außer sich schien und sie zurücktrieb in ihre Kammer, da sie sonst ermordet werden könnten. Am andern Morgen, als der Marquis verschwunden, vertraute ihnen Hybert, daß er, als der Schuß gefallen, nach dem Zimmer des Marquis gelaufen und eindringen wollen. Er sei aber hinausgedrängt und die Türe zugeschlagen worden. Er habe indessen in der Stube die Marquise und Charost sehr deutlich bemerkt, und der Marquis habe in seinem Blute schwimmend auf der Erde gelegen. Gewiß sei es, daß der Marquis ermordet und sein Leichnam von den beiden fremden Männern weggebracht worden sei. Nur eine Silbe davon zu sprechen, bringe sie aber alle in Gefahr, da sie ganz gewiß als Mitschuldige des Mordes angesehen werden würden. Die Lemoine hatte bemerkt, wie die Marquise an jenem Abende mit zwei bewaffneten Männern gesprochen, und erwägten nun alle drei den von der Marquise geäußerten Haß gegen den Marquis, ihre drohenden Worte und dann das unerklärliche Verschwinden des Marquis: so war es wohl natürlich, daß das, was Hybert wirklich gesehen haben wollte, den Ausschlag gab und alle drei fest in ihrer Seele überzeugt waren, daß die Marquise und Charost den Marquis habe ermorden und den Leichnam fortbringen lassen.
    Nur dem, der als geübter Schauspieler im Leben auftritt, möcht’ es wohl gelingen, den Eindruck irgendeiner entsetzlichen Tat ganz im Innern zu verschließen; Leuten wie Hybert, die Lemoine, die Mercier bleibt es unmöglich; daher kamen jene zweideutigen, verdächtigen Äußerungen, die das böse Gerücht wider die Marquise und Charost erzeugten und zuletzt die Anklage veranlaßten.
    Bonnet war (wie es kein Richter sein soll) leidenschaftlich im höchsten Grade, voller Vorurteile, befangen in jeder Art und noch dazu mit der Familie des Augustiners Charost verfeindet.
    Er ging von der festen Überzeugung aus, die Marquise lebte mit Charost im verbotenen Liebesverständnis; ganz unerwartet und sehr zu unrechter Zeit kommt der Marquis zurück, und sein Benehmen entflammt noch mehr den Haß der Marquise und läßt sie jedes Mittel ergreifen, ihn fortzuschaffen: Der Mord wird beschlossen und ausgeführt. Es ist unmöglich, daß ohne Wissenschaft und Mitwirkung der Dienerschaft die Tat geschehen konnte; diese müssen von allen Umständen unterrichtet sein.
    Bonnet nahm hiernach keinen Anstand, die Mercier und die Lemoine mit dem Tode zu bedrohen, wenn sie nicht alles gestehen würden, und fragte alles aus ihnen heraus, was er nur wollte. Die Methode dabei ist sehr leicht.
    »Hast du,« fragte z.B. Bonnet,

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