Werke
Hintergrund zurück und verlosch endlich ganz, so daß ich die volle Freiheit meines Gemüts wieder gewann, bis hier –«
»Nun,« fragte Albert, gespannt von Neugierde und Erstaunen, »hier hast du diese Freiheit wieder verloren? Ich begreife in aller Welt nicht, wie hier –«
»O,« unterbrach Viktor den Freund, indem sein Ton etwas Feierliches annahm, »o, mit zwei Worten ist dir alles erklärt. – In den schlaflosen Nächten des Krankenlagers, das ich hier überstand, erwachten alle Liebesträume jener herrlichsten und schrecklichsten Zeit meines Lebens. Es war meine glühende Sehnsucht selbst, die sich gestaltete – Aurora – sie erschien mir wieder verklärt, geläutert in dem Feuer des Himmels; kein teuflischer O’Malley hat mehr Macht über sie – Aurora ist – die Baronesse!« – – »Wie? – was?« – rief Albert, indem er ganz erschrocken zurückfuhr. – »Die kleine, rundliche Hausfrau mit dem großen Schlüsselbunde ein Elementargeist, ein Salamander!« murmelte er dann vor sich hin und verbiß mit Mühe das Lachen. –
»In der Gestalt,« fuhr Viktor fort, »ist keine Spur der Ähnlichkeit mehr zu finden, d.h. im gewöhnlichen Leben; aber das geheimnisvolle Feuer, das aus ihren Augen blitzt, der Druck ihrer Hand.« – »Du bist,« sprach Albert sehr ernst, »du bist recht krank gewesen, denn die Kopfwunde, die du erhieltest, war bedeutend genug, um dein Leben in Gefahr zu setzen; doch jetzt finde ich dich so weit hergestellt, daß du mit mir fort kannst. Recht aus innigem Herzen bitt’ ich dich, mein teurer, inniggeliebter Freund, diesen Ort zu verlassen und mich morgen nach Aachen zu begleiten.« »Meines Bleibens«, erwiderte Viktor, »ist hier freilich länger nicht. – Es sei darum, ich gehe mit dir – doch Aufklärung – erst Aufklärung –«
Am andern Morgen, sowie Albert erwachte, verkündete ihm Viktor, daß er in einem seltsamen, gespenstischen Traum jenes Beschwörungswort gefunden, das ihm O’Malley vorgesprochen, als der Teraphim bereitet worden. Er gedenke zum letzten Male davon Gebrauch zu machen. Albert schüttelte bedenklich den Kopf und ließ alles vorbereiten zur schnellen Abreise, wobei Paul Talkebarth unter allerlei närrischen Redensarten die freudigste Tätigkeit bewies. »Zackernamthö,« hörte ihn Albert für sich murmeln, »es ist gut, daß den irländischen Diafel Fus der Diafel Bär längst geholt hat, der hätte hier noch gefehlt! –«
Viktor fand, wie er es gewünscht hatte, die Baronesse allein auf ihrem Zimmer mit irgendeiner häuslichen Arbeit beschäftigt. Er sagte ihr, daß er nun endlich das Haus verlassen wolle, wo er so lange die edelste Gastfreundschaft genossen. Die Baronesse versicherte, daß sie nie einen Freund bewirtet, der ihr teurer gewesen. Da faßte Viktor ihre Hand und fragte: »Waren Sie jemals in P.? – Kannten Sie einen gewissen irländischen Major?« – »Viktor,« fiel ihm die Baronesse schnell und heftig ins Wort, »wir trennen uns heute, wir werden uns niemals wiedersehen, wir dürfen das nicht! – Ein dunkler Schleier liegt über meinem Leben! – Lassen Sie es genug sein, wenn ich Ihnen sage, daß ein düstres Schicksal mich dazu verdammt, beständig ein anderes Wesen zu scheinen, als ich wirklich bin. In dem verhaßten Verhältnisse, worin Sie mich gefunden, und das mich geistige Qualen erdulden läßt, deren mein körperliches Wohlsein spottet, büße ich eine schwere Schuld – doch nun nichts mehr – leben Sie wohl!« – Da rief Viktor mit starker Stimme: »Nehelmiahmiheal!« und mit einem Schrei des Entsetzens stürzte die Baronesse bewußtlos zu Boden. – Viktor, von den seltsamsten Gefühlen bestürmt, ganz außer sich, gewann kaum Fassung, die Dienerschaft herbeizuklingeln; dann verließ er schnell das Zimmer. »Fort, auf der Stelle fort!« rief er dem Freunde Albert entgegen und sagte ihm mit wenigen Worten, was geschehen. Beide schwangen sich auf die vorgeführten Pferde und ritten von dannen, ohne die Rückkunft des Barons abzuwarten, der auf die Jagd gegangen.
Alberts Betrachtungen auf dem Ritt von Lüttich nach Aachen haben gezeigt, mit welchem tiefen Ernst, mit welchem herrlichen Sinn er die Ereignisse der verhängnisvollen Zeit aufgefaßt hatte. Es gelang ihm, auf der Reise nach der Residenz, wohin beide Freunde nun zurückkehrten, seinen Freund Viktor ganz aus dem träumerischen Zustande zu reißen, worin er versunken, und indem Albert alles Ungeheure, welches die Tage des letzten Feldzuges
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