Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
Vom Netzwerk:
geboren, nochmals vor Viktors Blicken in den lebendigsten Farben aufgehen ließ, fühlte sich dieser von demselben Geiste beseelt, der Alberten einwohnte. Ohne daß Albert sich jemals auf lange Widerlegungen oder Zweifel eingelassen, schien Viktor selbst sein mystisches Abenteuer bald für nichts Höheres zu achten, als für einen langen, bösen Traum. – –
    Es konnte nicht fehlen, daß in der Residenz die Weiber dem Obristen, der reich, von herrlicher Gestalt, für den hohen Rang, den er bekleidete, noch jung und dabei die Liebenswürdigkeit selbst war, gar freundlich entgegen kamen. Albert meinte, daß er ein glücklicher Mensch sei, der sich die Schönste zur Gattin wählen könne, da erwiderte Viktor aber sehr ernst: »Mag es sein, daß ich, mystifiziert, auf heillose Weise unbekannten Zwecken dienen sollte, oder daß wirklich eine unheimliche Macht mich verlocken wollte; die Seligkeit hat es mich nicht gekostet, wohl aber das Paradies der Liebe. Nie kann jene Zeit wiederkehren, da ich die höchste irdische Lust empfand, da das Ideal meiner süßesten, entzückendsten Träume, die Liebe selbst, in meinen Armen lag. Dahin ist Liebe und Lust, seitdem ein entsetzliches Geheimnis mir die geraubt, die meinem innigsten Gemüte wirklich ein höheres Wesen war, wie ich es auf Erden nicht wiederfinde!« – Der Obrist blieb unvermählt.
    [ Δ ]

Die Räuber
    Abenteuer zweier Freunde auf einem Schlosse in Böhmen
    Zwei junge Leute, mögen sie Hartmann und Willibald genannt werden, hatte von Kindheit auf ein gleicher Sinn verbunden. Beide in Berlin hausend, pflegten, von jugendlicher Lebenslust beseelt, jedes Jahr wenigstens auf kurze Zeit dem drückenden Dienstgeschäfte, das sie belastete, zu entfliehen und gemeinschaftlich irgendeine Reise zu unternehmen. Wie es den Norddeutschen überhaupt eigen, sehnten sie sich stets nach dem Süden, und so hatten sie schon das südliche Teutschland in manchen Richtungen durchstrichen, die herrliche Rheinfahrt gemacht und die vorzüglichsten Städte gesehen. Dasmal war es ihnen aber gelungen, das Dienstjoch abzuschütteln auf längere Zeit als gewöhnlich, und nun sollte der Plan ausgeführt werden, mit dem sie sich längst herumgetragen. Italienische Luft wollten sie einatmen, wenigstens bis Mailand vordringend. Sie wählten den Weg über Dresden, Prag und Wien nach dem Wunderlande, dessen Erscheinungen so mancher im träumenden Sinn hegt, wie ein buntes romantisches Märlein.
    Das Herz ging ihnen erst recht auf in frischem Lebensmut, als sie hinaus waren aus dem Tore der Residenz, wie es denn zu geschehen pflegt, daß wir das schöne Ziel der Reise erst dann recht lebendig vor Augen erblicken, wenn der Wagen hinausrollt ins Freie. Alle kleinlichen Sorgen des Lebens liegen hinter uns, vorwärts, vorwärts strebt der fröhliche Sinn, weit wird die Brust, und wunderbare Ahnungen erwachen, wenn jauchzender Posthornschall hinausruft in die blaue Ferne. Glücklich ohne irgendeinen Unfall hatten die Freunde Prag erreicht, und nun sollt’ es fortgehen in einem Strich Tag und Nacht bis nach Wien, wo sie einige Tage zu verweilen gedachten. Gleich hinter Prag vernahmen sie dumpfe Gerüchte von auf offner Straße vorgefallenen Räubereien, ja von einer Bande, die die Wege unsicher machen sollte. Da sich indessen nicht das mindeste ereignete, das jene Gerüchte bestätigt haben sollte, so achteten sie nicht weiter darauf. Der Abend begann schon zu dämmern, als sie nach Sudonieschitz kamen. Hier riet ihnen der Posthalter, ihre Reise wenigstens auf der Stelle nicht fortzusetzen, da vor ein paar Tagen das seit vielen Jahren Unerhörte geschehen. Zwischen Wesseli und Wittingau sei nämlich der Postwagen von Raubgesindel angefallen, der Postillon erschossen, zwei Passagiere schwer verwundet und diese sowie der Wagen rein ausgeplündert worden. Schon sei das Militär, das die waldichte Gegend durchstreifen solle, in Bewegung, und er, der Posthalter, hoffe andern Tages nähere Nachricht zu erhalten, die abzuwarten sie gut tun würden. Willibald zeigte sich geneigt, den Rat des Posthalters zu befolgen; Hartmann dagegen, der stets gern beherzt und solche Gefahr nicht achtend erschien, bestand darauf, weiter zu reisen, da sie noch vor Einbruch der Nacht das nur vier Stunden entfernte Tabor erreichen könnten, und es überdem gar nicht denkbar, daß das Raubgesindel, schon vom Militär verfolgt, den Mut haben solle, bis in diese Gegend vorzudringen, vielmehr anzunehmen sei, daß es sich in seine

Weitere Kostenlose Bücher