Werke
ist eine verwünschte Arbeit, aber ich werde gleich fertig sein.« So sprach leise der Mensch, der auf der Falltüre kniete und emsig an den eisernen Querbänden feilte.
»Heda!« rief der Graf mit starker Stimme. Da fuhr der Mensch erschrocken auf und wandte sich um. – Es war Daniel. Geisterbleich starrte Daniel den Grafen an und dieser ihn, getroffen von dem Blitzesschlag der entsetzlichsten Überraschung.
»Verruchter Hund,« brach endlich der Graf los, »was machst du da?«
Krampfhaft zuckte Daniel zusammen, indem er mit bebenden Lippen lallte: »– Ge-rech-tes E-r-bt-e-il selbst« – Als nun aber der Graf nähertrat, da raffte er ein Brecheisen von der Erde auf und hielt es dem Grafen drohend entgegen. »Fort mit dir, Bestie, die ich gehegt und gepflegt! – Grauer heuchlerischer Bösewicht!« So rief der Graf in aufflammendem Zorn, packte, mächtig und stark wie er noch war, seiner hohen Jahre unerachtet, den Alten bei der Gurgel und schleppte ihn durch die Gemächer bis in den Flur, wo er die Schloßglocke stark anzog. Aufgeschreckt aus dem Schlaf, strömte alles herbei, um ein Schauspiel zu sehen, von dem jeder erstarrte. »Schließt ihn in Ketten und schmeißt ihn in den Turm!« rief der Graf der Dienerschaft zu. Doch sowie sie den Alten, der entstellt, lautlos mehr an der Faust des Grafen hing als stand, packen wollten, mußten sie auf den Wink des Grafen einhalten. Er schien einige Augenblicke auf einen Entschluß zu sinnen. Dann sprach er mit ruhiger ernster Größe: »Werft den alten Bösewicht zum Schlosse hinaus, und läßt er sich wieder sehen, so hetzt ihn fort mit Hunden!« –
Es geschah, wie der Graf geboten.
Die sichtbaren Spuren dessen, was sich begeben, überhoben den Grafen der Mühe einer weitläuftigen Erzählung, in zwei Worten wußte die Dienerschaft alles.
Man vermißte in dem Augenblicke zwei der treusten Jäger des Grafen, Paul und Andres. Schon hegte der alte Graf den Argwohn, daß auch sie ihn getäuscht hätten auf die schwärzeste Weise, daß auch sie teilhätten an Daniels unternommener verbrecherischer Tat, als sie am frühen Morgen, mit Staub und Schweiß bedeckt, zum Schloßtor hereinsprengten.
Während die andern den ertappten Bösewicht anstarrten, waren sie schnell auf den Hof gelaufen, weil sie Pferdegetrappel zu vernehmen glaubten. In der Tat gewahrten sie auch im Schimmer der Nacht einen leeren, von zwei Reutern begleiteten Wagen, der in geringer Entfernung nicht gar zu schnell sich fortbewegte. Eilig sattelten sie nun ihre Pferde, nahmen Büchse und Hirschfänger und sprengten dem Wagen nach. Sowie sich die Reuter, die den Wagen begleiteten, verfolgt sahen, spornten sie die Pferde an, und fort ging es in gestrecktem Galopp. Der Morgen war angebrochen, als an einer tiefen Schlucht Wagen und Reuter plötzlich den Jägern aus den Augen verschwanden, während aus dem dicken Gebüsch mehrere Schüsse fielen. Dies nötigte die Jäger, die sich von einer ihnen überlegenen Bande umringt glauben mußten, zur schnellen Rückkehr.
Nur zu gewiß schien es, daß der alte Daniel in Einverständnis getreten war mit Bösewichtern, die es auf die Beraubung des Grafen abgesehen hatten. Und doch blieb es dem Grafen, blieb es allen ein unerklärliches Rätsel, wie es geschehen konnte, daß ein so alter, wenigstens dem Anscheine nach der Familie so treuergebener Diener als Daniel sich hätte zu solchem Verbrechen verführen lassen können. Nur der Geistliche meinte, daß oft, wenn er Daniel unbemerkt beobachtet, sich ihm wohl Spuren eines zerrissenen, mit sich und aller Welt unzufriedenen Gemüts gezeigt, und daß er in der letzten Zeit den Alten sogar in heftiger Aufwallung gegen einen Kamerad äußern gehört, der Herr habe nichts von dem gehalten, was er ihm versprochen, wenn er so lange gedient haben würde als jetzt, und der Herr sei überhaupt sehr strenge und hart und lediglich selbst schuld an dem Unglück des ältesten Herrn Grafen.
»Der Undankbare,« sprach der alte Graf, »o! der Undankbare! Vermehrt habe ich sein Gehalt bis über das Doppelte, ihn gehalten nicht wie meinen Diener, sondern wie meinen Freund. Aber durch Wohltaten der Art werden gemeine Naturen nur übermütig, und man entfremdet sie sich, statt sie fester an sich zu ziehen. – – Nun wird es mir klar, daß alles das, was ich für gutmütige Einfalt hielt, das innere Wohlbehagen an den Streichen war, die nur einem tief verderbten Gemüt zu Gebote stehen. Mit Affenliebe hing der Bösewicht an dem, den
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