Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
Vom Netzwerk:
liebster Drosselkopf, recht, himmlischer Aktuar, der unterschriebene Deputierte hatte sich – der unterschriebene Deputierte – das bin ich – ich hatte mich« –
    Es war im Rat des Himmels beschlossen, daß der unterschriebene Deputierte sein Werk nicht vollenden, nicht unterschreiben, Deodatus vielmehr von dem unseligen Zuspruch befreit werden sollte.
    Hinein trat nämlich ein Offizier von der Leibgarde des Fürsten in Begleitung des Wirts, den er, als er Deodatus erblickte, fragte, ob das wirklich der junge Mann sei, der im Walde verwundet worden. Als der Wirt es bejaht, näherte sich der Offizier dem Lager des Deodatus und erklärte mit bescheidner Artigkeit, daß er Befehl habe, den Herrn George Haberland sogleich zum Fürsten nach Sonsitz zu bringen. Er hoffe, daß sein Zustand kein Hindernis in den Weg legen würde; es seien alle Vorkehrungen getroffen, daß die Fahrt ihm durchaus nicht nachteilig sein könne, und werde auch übrigens der Leibchirurgus des Fürsten beständig an seiner Seite sein.
    Der Ratsherr, auf einmal des Auftrags enthoben, der ihm Angstschweiß ausgepreßt, näherte sich, vollen Sonnenschein im Antlitz, dem Offizier und fragte mit submisser Verbeugung, ob er vielleicht den Arrestanten schließen lassen solle, größerer Sicherheit halber. Der Offizier blickte ihn aber ganz verwundert an und fragte dann seinerseits, ob der gestrenge Herr Ratsherr wahnsinnig sei, was er denn für einen Arrestanten meine. Der Fürst wolle den Herrn Haberland selbst sprechen, um alle Umstände eines Ereignisses zu erfahren, das seinen Zorn gereizt. Nicht begreifen könne der Fürst, wie in seinem Lande und vorzüglich ganz in der Nähe von Hohenflüh noch ein verruchter Meuchelmörder sein Wesen treiben dürfe, und werde deshalb die Obrigkeit, der die Sorge für die Sicherheit der Bürger obliege, zur schweren Verantwortung ziehen.
    Man kann denken, wie dies dem dicken Ratsherrn in alle Glieder fuhr, der kleine Schreiber purzelte aber sofort vom Stuhle herab und wimmerte unten, er sei nichts als ein armer, höchst unglücklicher Aktuarius, dem es ganz schrecklich ergangen sein würde, wenn er jemals die Zweifel laut werden lassen, die er schon längst gegen die Weisheit des hochweisen Rats im Innern gehegt. –
    Deodatus beteuerte, um jedem Irrtum vorzubeugen, daß er nicht der Maler Haberland sei, mit dem er nur große Ähnlichkeit haben müsse, vielmehr, wie er hinlänglich auf die glaubhafteste Art nachweisen könne, Deodatus Schwendy heiße und aus der Schweiz hergereiset sei. Der Offizier versicherte dagegen, daß es hier auf den Namen gar nicht ankomme, da der Fürst nur eben den jungen Mann zu sprechen verlange, der im Walde verwundet worden. Nun erklärte Deodatus, daß er dann in jedem Fall der sei, den der Fürst gemeint, und daß er, da die Wunde nicht im mindesten bedeutend, sich stark genug fühle, mitzugehen nach Sonsitz. Der Leibchirurgus des Fürsten bestätigte dies, Deodatus wurde sogleich in den bequemsten Reisewagen des Fürsten gepackt, und fort ging es nach Sonsitz.
    Ganz Hohenflüh war in Bewegung, als Deodatus durch die Straßen fuhr, und des Verwunderns kein Ende, da es unerhört, daß der Fürst einen Fremden nach Sonsitz holen lassen. Ebenso, ja noch mehr verwunderten sich aber die Hohenflüher, als sie die beiden seit vielen Jahren tödlich entzweiten Gevattern und Wirte zum »Goldnen Bock« und zum »Silbernen Lamm« erblickten, wie sie mitten auf der Straße, auf dem sogenannten breiten Stein, freundlich miteinander konversierten, ja zutraulich sich in die Ohren zischelten.
    Der geneigte Leser weiß bereits, wodurch der goldne Bock und das silberne Lamm versöhnt wurden, einen noch wirkungsvolleren Grund dieser augenblicklichen Versöhnung fanden beide aber jetzt in der gemeinschaftlichen brennenden, verzehrenden Neugierde, wer wohl der Fremde sein könne, dem das Außerordentlichste geschehn. –
Fünftes Kapitel
    Auf den Schwingen des Sturms war das tobende Gewitter schnell entflohn über die Berge, und nur noch aus weiter Ferne zürnte murmelnd der Donner. Die sinkende Sonne blickte feurig durch die dunklen Büsche, die, tausend blinkende Kristalltropfen abschüttelnd, sich wollüstig badeten in den Wogen der lauen Abendluft. – Auf einem von babylonischen Weiden umschlossenen Platz in jenem Park bei Sonsitz, den der geneigte Leser schon kennt, stand der Fürst mit übereinandergeschlagenen Armen wie eingewurzelt und blickte hinauf in das Azur des wolkenlosen Himmels,

Weitere Kostenlose Bücher