Werke
Student forderte jetzt in Marcells Namen den Eugenius zum Zweikampf auf den andern Morgen. Eugenius versprach, zur rechten Zeit an Ort und Stelle zu sein.
»Du, der du niemals ein Rapier in der Hand gehabt, du willst dich schlagen?« so fragte Sever ganz erstaunt; Eugenius versicherte aber, daß keine Macht ihn abhalten werde, seine Sache selbst auszufechten, wie es sich gebühre, und daß Mut und Entschlossenheit das ersetzen würden, was ihm an Geschicklichkeit abginge. Sever stellte ihm vor, daß im Zweikampf auf den Stoß, wie er am Orte üblich, der Mutigste dem Geschickten unterliegen müsse. Eugenius blieb indessen standhaft bei seinem Entschluß, indem er hinzufügte, daß er im Stoßen vielleicht geübter sei, als man es glaube.
Da schloß ihn Sever freudig in die Arme und rief: »Der Senior hat recht, du bist ein braver Junge durch und durch, aber in den Tod sollst du nicht gehen, ich bin dein Sekundant und werde dich schützen, wie ich es nur vermag.«
Leichenblässe lag auf Eugenius’ Antlitz, als er auf den Kampfplatz trat, aber aus seinen Augen flammte ein düstres Feuer, und seine ganze Haltung war fester Mut, die Ruhe der Entschlossenheit selbst.
Nicht wenig erstaunte Sever und ebenso der Senior, als Eugenius sich gleich als ein ganz guter Fechter zeigte, dem sein Gegner beim ersten Gange durchaus nichts anhaben konnte. Beim zweiten Gange traf den Marcell gleich ein geschickter Stoß in die Brust, daß er zusammenstürzte.
Eugenius sollte fliehen, aber nicht von der Stelle wollte er weichen, es möge über ihn ergehen, was es auch sei. Marcell, den man für tot gehalten, erholte sich wieder, und nun erst, da der Wundarzt erklärte, Rettung sei möglich, begab sich Eugenius mit Sever von dem Kampfplatz nach Hause. »Ich bitte dich,« rief Sever, »ich bitte dich, Freund, hilf mir aus dem Traum, denn in der Tat, zu träumen glaub’ ich, wenn ich dich betrachte. Anstatt des friedlichen Eugenius stehet ein gewaltiger Mensch vor mir, welcher stößet wie der vortrefflichste Senior und ebensoviel Mut und Gelassenheit hat als dieser.« »O mein Sever,« erwiderte Eugenius, »gäbe der Himmel, du hättest recht, möchte alles nur ein böser Traum sein. Aber nein, der Strudel des Lebens hat mich erfaßt, und wer weiß, an welche Klippen mich die dunkle Macht schleudert, daß ich, zum Tode wund, nicht mehr mich retten kann in mein Paradies, das ich unzugänglich glaubte den finstern wilden Geistern.« –
»Und,« fuhr Sever fort, »und diese finstren wilden Geister, die jedes Paradies zerstören, was sind die anders, als die Mißverständnisse, die uns um das Leben betrügen, das heiter und klar vor uns liegt? – Eugenius, ich beschwöre dich, laß ab von einem Entschluß, der dich verderben wird! – Ich sprach von dem Fluch des Lächerlichen, mehr und mehr wirst du ihn empfinden. Du bist brav, entschlossen, und es ist vorauszusehen, daß du, da nun einmal es unmöglich ist, das Lächerliche deines Verhältnisses mit der Alten zu vertilgen, dich wohl noch zwanzigmal schlagen wirst deiner Braut halber. Aber je mehr dein Mut, deine Treue sich bewähren mag, desto schärfer wird die Lauge werden, mit der man dich und deine Taten übergießt. Aller Glanz deines studentischen Heldentums verbleicht in der absoluten Philisterei, die die alte Braut über dich bringen muß.« –
Eugenius bat den Sever, von einer Sache zu schweigen, die unabänderlich in seinem Innern feststehe, und versicherte nur noch auf Befragen, daß er seine Fechtkunst lediglich dem verstorbenen Professor Helms verdanke, der als ein echter Student aus der älteren Zeit ungemein auf diese Kunst und überhaupt auf das, was in studentischer Sprache »Komment« heißt, gehalten. Beinahe jeden Tages habe er, schon der Bewegung halber, sich ein Stündchen mit dem Alten herumrapieren müssen, woher ihm denn, ohne daß er jemals den Fechtboden besucht, hinlängliche Übung gekommen. –
Eugenius erfuhr von Gretchen, daß die Professorin ausgegangen und nicht zu Mittage, sondern erst am Abende nach Hause kommen werde, da sie gar vieles in der Stadt zu besorgen. Ihm fiel dieses deshalb ein wenig auf, weil es ganz aus der Gewohnheit, aus der Lebensweise der Professorin lag, das Haus auf so lange Zeit zu verlassen.
Vertieft in ein wichtiges botanisches Werk, das ihm eben erst zur Hand gekommen, saß Eugenius in dem Studierzimmer des Professor Helms, das nun das seine worden, und hatte in dem Augenblick alles Verhängnisvolle, das sich am Morgen
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