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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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Murmeln und leises Kichern vernehmen. Es waren Studenten, die sich versammelten. Aufflammend im Grimm lief Eugenius nach seinem Rapier. Vor Schreck leichenblaß, war die Professorin keines Wortes mächtig. Da sprach aber eine rauhe Stimme auf der Straße: »Wollt ihr, so werde ich euch beistehn in dem saubern Ständchen, das ihr dem Brautpaar hier zu bringen im Sinn habt, aber morgen wird sich denn auch keiner weigern, mit mir ein Tänzchen zu machen, solange als er sich auf den Beinen aufrecht erhalten kann!« –
    Die Studenten schlichen einer nach dem andern still fort. Eugenius, aus dem Fenster blickend, erkannte im Laternenschimmer sehr deutlich den Marcell, der mitten auf dem Pflaster stand und nicht eher wich, bis der letzte der Versammelten den Ort verlassen.
    »Ich weiß nicht,« sprach die Professorin, als die paar alten Freunde des verstorbenen Helms, die der Trauung beigewohnt, fortgegangen waren, »ich weiß nicht, was unserm Gretchen ist, warum sie geweint hat, wie im trostlosesten Schmerz. Gewiß glaubt das arme Kind, wir würden uns nun weniger um sie kümmern. Nein! – mein Gretchen bleibt mein liebes, liebes Töchterlein!« – So sprach die Professorin und schloß Gretchen, die eben hereingetreten, in ihre Arme. »Ja,« sprach Eugenius, »Gretchen ist unser gutes liebes Kind, und mit der Botanik wird’s auch noch recht gut gehen.« Damit zog er sie zu sich hin und drückte, was er sonst beileibe nicht getan, einen Kuß auf ihre Lippen. Aber wie leblos sank Gretchen in seinen Armen zusammen.
    »Was,« rief Eugenius, »was hast du, Gretchen? – Bist du denn eine kleine Mimosa (*6) , daß du zusammenfährst, wenn man dich anrührt?«
    »Das arme Kind ist gewiß krank, der feuchte kalte Dunst in der Kirche hat ihr nicht wohlgetan;« so sprach die Professorin, indem sie der Kleinen die Stirne rieb mit stärkendem Wasser. Gretchen schlug die Augen auf mit einem tiefen Seufzer und meinte, es sei ihr plötzlich gewesen, als bekäme sie einen Stich ins Herz hinein, aber nun wäre alles vorüber. –
Drittes Kapitel
    Stilles Familienleben. Der Ausflug in die Welt. Der Spanier Fermino Valies. Warnungen eines verständigen Freundes.
    Auf den Glockenschlag fünf Uhr, wenn der letzte schöne Morgentraum von dem wohlerhaltenen Exemplar irgendeiner seltnen Pflanze entflohen, verließ Eugenius sein Lager, fuhr in den botanischen Schlafrock des Professors und studierte, bis ein feines Glöcklein ertönte. Dies geschah Punkt sieben Uhr und war ein Zeichen, daß die Professorin aufgestanden, sich angekleidet, und daß der Kaffee in ihrem Zimmer bereit stand. In dies Zimmer begab sich Eugenius und ergriff, nachdem er zum Guten Morgen der Professorin die Hand geküßt, ganz nach der Art, wie wohl ein frommes Kind die Mutter begrüßt, die Pfeife, die schon gestopft auf dem Tische lag, und die er an dem Fidibus anzündete, den ihm Gretchen hinhielt. Unter freundlichem Gespräch wurd’ es acht Uhr, dann stieg Eugenius hinab in den Garten oder in das Treibhaus, wie es nun eben Witterung und Jahreszeit gestattete, wo er sich mit botanischer Arbeit beschäftigte bis eilf Uhr. Dann kleidete er sich an und stand Punkt zwölf Uhr an dem gedeckten Tisch, auf dem die Suppe dampfte. Die Professorin war dann gar höchlich erfreut, wenn Eugenius bemerkte, daß der Fisch die gehörige Würze, daß der Braten Saft und Kraft habe etc. »Ganz,« rief die Professorin, »ganz wie mein Helms, der meine Küche zu loben pflegte, wie selten ein Ehemann, dem es manchmal überall schmeckt, nur nicht im Hause! – Ja, lieber Eugenius, Sie haben ganz und gar das heitre gute Gemüt meines Seligen!« – Nun folgte ein Zug nach dem andern aus dem stillen einfachen Leben des Verstorbenen, den die Professorin beinahe geschwätzig erzählte, und der den Eugenius, war ihm auch alles längst bekannt, doch wieder aufs neue rührte, und oft schloß sich das einfache Mahl der kleinen Familie damit, daß die letzten Tropfen Weins auf das Andenken des Professors geleert wurden. Der Nachmittag glich dem Vormittage. Eugenius brachte ihn hin mit seinen Studien, bis um sechs Uhr abends die Familie sich wieder versammelte. Eugenius erteilte dann ein paar Stunden hindurch, in Gegenwart der Professorin, dem Gretchen Unterricht in dieser, jener Wissenschaft, dieser, jener Sprache. Um acht Uhr wurde gegessen, um zehn Uhr begab man sich zur Ruhe. So war ein Tag dem andern völlig gleich, und nur der Sonntag machte eine Ausnahme. Eugenius ging dann vormittags,

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