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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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duftende Blumenmatten von anmutig daherplätscherndem Gewässer durchschnitten, Gebüsch, bald leuchtend hervorschimmernd, bald im sanften Nachtschatten zurückweichend, ringsumher dazu das melodische Trillern der Sangvögel, die hier kein feindlicher Sinn in ihrer Heimat stören darf. – In der Tat, der würdige Sänger hatte recht, welcher diesen mit allen Reizen der Natur geschmückten Platz mit dem Tempe verglich, von dem die alten Fabeln so viel Herrliches zu erzählen wissen.
    Die Glocken der letzten Sonntagsandacht hatten ausgeläutet, und man sah, wie nun alt und jung in Festtagskleidern nach der Hallerwiese zog, die bald sich zum Tummelplatz der mannigfachsten Vergnügungen gestaltet hatte. Hier wetteiferten Jünglinge in allerlei Leibesübungen und boten das anmutige Schauspiel der Stärke und Geschicklichkeit dar, die dem lebenskräftigsten Alter eigen. Dort zogen Sänger mit Zithern in den Händen daher und sangen lustig anzuhörende Märlein vom Könige Artus und dem weisen Merlin, der noch bis zur jetzigen Stunde in der Eiche sitzt, wo seine Liebe ihn hinvexiert hat, und sein kläglich Stimmchen hören läßt.
    Dazwischen sprang auch wohl ein buntscheckichter Schalksnarr und sang unter tollen Grimassen und Gebärden von dem Kardinal Pankratius, der ein großes Maul hatte, und da das Maul verbrannt und begraben war, schlug ein großes Feuer aus der Erde, und der Schmeck kam heraus. Und der Schmeck ist verschieden geworden, als da sind: der Rosmarinschmeck, der Jasminschmeck, der Nelkenschmeck, der Rosenschmeck und tausend andere; und die Weibsleute tragen ihn in den Händen, wenn sie Sonntags spazieren gehen. Aber was ist der beste Schmeck? Ei a!
    »O Braut, die Lippen triefen dir
    von Honigseime für und für,
    die Zung’ ist Milch und Honigsüße:
    die Kleider haben den Geschmack,
    den Libanus nicht geben mag,
    auch wenn er alle Kraft anbliese.«
    So sang also dieser oder jener Schalksnarr, indem ein anderer ihn auf einer mißtönenden Pfeife und halb zerschlagenen Trommel begleitete.
    Doch das war etwas fürs Volk, welches den Narren laut jubelnd nachströmte.
    Hier auf dem weichen blumichten Wasen bei dem vom Abendwinde bewegten flüsternden Gebüsch eröffnete sich ein edleres Schauspiel. Jünglinge, Jungfrauen hatten sich züchtig bei den Händen gefaßt und tanzten nach dem anmutigen vollen Klang der Theorben, Harfen und Flöten in künstlich verschlungenen Reihen. In der Ferne sah man Väter und Mütter gelagert, der Jugend mit Wohlgefallen zuschauen, und jede Mutter sprach zur andern von ihrer süßen Hoffnung. Ratsherren schritten bedächtig durch die Gänge, freuten sich des Wohlseins ihrer Bürger und berieten auch hier, wie das Wohl der Stadt zu fördern. –
    Auf einem anmutigen Platze neben einem geschwätzigen Springbach hatte sich ein Trupp Jünglinge zusammengefunden, die, von den Leibesübungen Ruhe schöpfend, sich in allerlei scherzhaften Gesprächen zu ergötzen schienen. Dieser Trupp war in der Tat eine Auswahl der Nürnberger Jugend. Denn jeder von diesen Jünglingen hätte dem Maler zum Modell des reinsten Ebenmaßes in dem vollkräftigen Körper des Jünglings dienen können. Sie waren meistens nach italischer Weise in kurzen Mänteln, Wams mit weiten geschlitzten Ärmeln und größern als gewöhnlichen ausgeschlitzten Baretts, auf denen ein ganzer Wald wogender Federn wogte, gekleidet, und diese Tracht war eben dazu geeignet, die Kraft und Schönheit ihres Wuchses ins Licht zu stellen.
    Doch unter allen übrigen ragte wie ein Fürst unter seinen Vasallen in edler Hoheit und Grazie ein Jüngling empor, der mit seinen strahlenden Augen so keck und kühn in die Welt hinausschaute, als ob alles sein und er der Gebieter. Es begab sich, daß dieser Jüngling mit einem andern in einen Wortwechsel geriet, der immer heftiger und heftiger wurde. Plötzlich, ganz entstellt von Zorn und wilder Wut, mit einem dumpfen Schrei stürzte der schöne Jüngling auf seinen Gegner los. Dieser, durch den jähen Angriff nicht außer Fassung gebracht, wußte die Kraft dieses jähen Angriffs geschickt zu brechen und auch seinen Gegner mit Vorteil zu fassen.
    Sie rangen, gleiche Stärke und Gewandtheit begegneten sich, und nur eine augenblickliche Schwäche dieses oder jenes Teils konnte den Kampf entscheiden, der um desto hartnäckiger und bedrohlicher für die Zuschauer, aber auch um desto herrlicher war.
    Endlich überwältigte der schöne Jüngling seinen Gegner, warf ihn mit Riesenkraft zu Boden,

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