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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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Kulturfähigkeiten, alles vereinigt sich hier. Deshalb glänzte Nürnberg so schnell auf – deswegen blüht der Handel schon seit dem vierten Jahrhundert – deshalb war Nürnberg der Augapfel der Fürsten und Herren. Doch der Himmel ließ noch besonders einen Stern leuchten über Nürnberg, und es geschah, daß große Männer geboren wurden, die den Glanz und Ruhm der Stadt bis in die entferntesten Gegenden verbreiteten. Denkt an Peter Vischer, an Adam Kraft. Aber vor allen Dingen an euren großen, mächtigen Albrecht Dürer.«
    Sowie Magister Mathias diesen Namen nannte, entstand eine Bewegung unter den Gästen. Sie standen auf, stießen stillschweigend die Gläser an und leerten sie.
    »Dies sind,« fuhr Doktor Mathias fort, »dies sind hohe leuchtende Sterne am Firmament der Kunst, aber der Einfluß solcher hohen Geister erstreckt sich bis aufs Handwerk, so daß die schnöde Grenzlinie, welche begann, Kunst und Handwerk zu trennen, wieder beinahe ganz verschwindet und beide sich als Kinder einer Mutter freundlich die Hand bieten. So kommt es, daß die Welt die Sauberkeit, die korrekte Zeichnung, die richtige Ausführung in Euren Elfenbeinarbeiten bewundert, Meister Weppering, und daß die Frauen des Sultans in Konstantinopel ihre Gemächer mit Euren Kunstarbeiten schmücken. So kommt es, daß Eure Gußarbeiten schon jetzt ihresgleichen suchen und immer mehr an Wert gewinnen.«
    »O Peter Vischer!« rief hier Bergstainer, den Doktor unterbrechend, aus, indem ihm die Tränen in die Augen traten.
    »Seht,« sprach der Doktor, »das ist die wahre Begeisterung, die ich meine; faßt Mut, Bergstainer, Ihr werdet’s noch zu Großem bringen! – Und was soll ich zu Euch sagen, Ihr mein guter lieber Meister Erxner, da Ihr an Kunstfleiß und Geschicklichkeit –«
    Des Doktor Mathias milde Worte wurden in dem Augenblick durch ein seltsames wildes Getöse unterbrochen, das sich unter dem Tore des Wirtshauses wahrnehmen ließ.
    Ein lahmes, unbeschlagenes Pferd trollierte unbehilflich auf und nieder, und dazwischen rief eine rauhe mißtönende Stimme:
    »Heda, Wirtshaus!«
    Die Torflügel knarrten, das Pferd wurde hineingeführt, und brummend und scheltend plumpte der Reiter vom Pferde auf den Boden, so daß von den Tritten des schweren, bespornten Stiefels alles klirrte und dröhnte.
    Der Wirt kam hineingestürzt und rief lachend: »Ei, ei, meine werten Gäste, da kommt eben ein Kerl zu mir ins Haus, der ist, glaube ich, einer von George Hallers oder Fritz von Steinbergs Gesellen, der aufs neue unnützen Lärm verführen will, wie seine Kumpane im Jahre 1383. Sein Pferd ist freilich eine Schindmähre – er selbst aber ein gar stattlicher Mann, wie ihr gleich sehen werdet, und von lustigem Temperament, denn schon hat er alles in Grund und Boden verflucht und dem Satan übergeben, weil man im Regen unausbleiblich naß wird.«
    Die Türe ging auf, und herein trat der Mensch, der sich mit so viel Geräusch angekündigt. Er war breitschultrig, beinahe sechs Fuß hoch; und da er den runden Hut mit sehr breiter Krempe, an dem einige schmutzige Fasern hinabhingen, die ehemals einer Feder angehört zu haben schienen, nach spanischer Art hinabgeschlagen trug, die ganze übrige Gestalt aber in einem gelben Reitermantel fast eingewickelt war, so mußte man freilich erwarten, was sich aus dieser unkenntlichen Mumie Näheres entwickeln werde.
    »Das verfluchte vermaledeite Land, daß mein Fuß es niemals mehr betreten hätte. Mitten in der schönsten Jahreszeit schmeißt einen das Himmel-Hage Donnerwetter zusammen, daß man keinen gesunden Fleck auf dem Leibe behält und sich die schönsten Kleider verdirbt. Mantel und Hut sind auch wieder des Satans und die neugekaufte Feder.«
    Damit riß der Mensch den Hut vom Kopfe und schwenkte ihn rücksichtslos aus, daß die großen Tropfen über den Tisch flogen, wo die Gäste saßen. – Dann warf er den Mantel ab, und man erblickte nun die hagre Gestalt des Menschen, der ein Reiterwams von ganz unscheinbar gewordener Farbe und hohe Stiefeln, ebenfalls nach Reiterart aufgezogen, trug.
    Sein Antlitz, das nun auch sichtbar worden, war von solch auffallender Häßlichkeit, daß man beinahe hätte vermuten sollen, der Fremde trüge eine Maske; doch konnte es auch sein, daß die scharfen Schlagschatten in der sparsam beleuchteten Gaststube, sowie die ausgestandene Witterung das Gesicht des Fremden auf diese entsetzliche Weise entstellten. Merkwürdig war es auch, daß der Fremde die schweren Stücke

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