Werke
seines Anzuges, d.h. die ungeheuren Reiterstiefeln mit den Rolandsspornen, nur mit der äußersten Kraftanstrengung an seinem Leibe zu tragen schien. Dadurch wurden seine Bewegungen zweideutig; man wußte nicht, war er noch kräftiger Mann, war er schon hinfälliger Greis; auf beides konnte auch sein Antlitz deuten.
Mit Mühe legte er ein Schwert von der Seite, das, was Größe und Schwere betrifft, einem Ritter der Tafelrunde angehört zu haben schien. An dem Gürtel hing ein zierlich gearbeiteter Dolch, und außerdem guckte noch auf der Seite das große Heft eines Messers hervor. Indem er das Schwert in den Winkel stellen wollte, entsank es seiner Hand, fiel auf den Boden, und alle seine Mühe, es aufzuheben, blieb vergebens; Herr Thomas mußte ihm beispringen. Er murmelte ein Schimpfwort zwischen den Zähnen und bestellte ein Glas gewürzten Wein, wobei er versicherte, daß der Satan alles zerschlagen solle, wenn der Wein nicht Herz und Magen stärkend genug wäre.
»Das ist,« sprach Herr Mathias, »das ist ja ein grober ungeschlachter Geselle, der uns hier unsre ruhige Freude verdirbt;« »den ich«, nahm Meister Weppering das Wort, »aber bald zur Vernunft bringen werde.« »Das wird«, erwiderte Herr Mathias, »hier wahrscheinlich nicht schwer halten, denn solche brutale Renommisten tragen gewöhnlich eine elende feige Seele in sich.«
Unterdessen hatte der Wirt das von dem Fremden bestellte Glas Wein herbeigebracht und reichte es ihm jetzt hin.
Doch kaum brachte der Fremde den Wein an die Lippen, als er sich gebärdete, wie wenn tausend höllische Furien ihm plötzlich in den Leib gefahren wären. Mit dem Ungestüm des wildesten Zorns schleuderte er das Glas mit dem Würzwein an die Erde, daß es in tausend Stücken zerbrach, indem er dabei schrie: »Was, du halunkischer Wirt, du willst mich vergiften, ehe mich andere als du und deine Kumpane hier erblickt haben, damit du mich berauben und verscharren kannst, vergiften mit deinem Höllengesöffe?«
Herr Thomas fühlte sich an dem kitzlichsten Punkte angegriffen. Der Zorn übermannte ihn; er ging mit geballten Fäusten und zornfunkelnden Augen auf den Fremden los und schrie mit einer Stimme, die die des Fremden beinahe noch übertönte: »Welcher böse Geist führt Euch in mein Haus, Ihr grober Geselle; wenn Euch unser Land nicht gefällt, warum kommt Ihr hinein? wenn Euch mein Haus, mein Wein nicht ansteht, schert Euch zum Teufel und sucht Euch eine Soldatenherberge, wo Ihr fluchen und toben könnt nach Gefallen. Doch die findet Ihr hier, dem Himmel sei es gelobt, in unserm ganzen lieben Nürnberg nicht. Und was den Wein betrifft, so ist der Wirt des ›Weißen Lamms‹ weltberühmt, weil er sich stets getreu an die Weinordnung unseres gnädigsten Herrn, des Kaiser Maximilian vom 24. August 1498 gehalten und vorzüglich den Firne- oder Würzwein nach dem Buchstaben der Vorschrift bereitet hat.
Was, Ihr grober Mensch, glaubt Ihr, daß der heilige Sebald bei mir sitzt und mir die zerbrochenen Gläser ganz macht, wie er es nach dem Legendisten wohl sonst getan hat, daß Ihr mir eins meiner schönsten Paßgläser zerschmeißt. Ihr stört alle Ruhe, alle bürgerliche Ordnung; und beweisen will ich aus dem schönsten Privilegium des gnädigsten Herren Kaiser Karl des Vierten, daß ich Euch die Nase abhauen kann, wenn Ihr nicht Ruhe haltet; und was hält mich ab, Ihr nächtlicher Störefried, Euch durch meine Leute fortbringen zu lassen, wenn Ihr nicht ruhig seid!«
»Gesindel,« brüllte der Fremde und zog Dolch und Messer. Da sprang aber der junge Krämer hinter dem Tisch hervor und stellte sich mit seiner tüchtigen eisernen Elle dicht vor den Fremden hin und sagte sehr ernst und gefaßt:
»Herr Soldat! denn solch ein Söldner, der einem Fähnlein entlaufen, seid Ihr doch. Ich frage Euch, ob Ihr hier ruhig sein wollt oder nicht. Hört Ihr nicht augenblicklich auf zu toben, so werde ich Euch trotz Eures Rolandsschwertes, trotz Eures Morddolchs, trotz Eures Banditenmessers mit meiner guten Augsburger eisernen Elle den ganzen Leichnam dermaßen zerwalken, daß Ihr viele Zeit hindurch, fehlt es Euch an Geld, Tuch zu kaufen, wenigstens blaues nicht nötig haben sollt zum Reiterwams.«
Der Fremde ließ beide Arme mit Dolch und Messer langsam sinken und murmelte, indem er die Augen niederschlug, zwischen den Zähnen etwas von Betrügereien und Schelmereien.
Da war auch Meister Weppering aufgestanden und auf den Fremden zugeschritten. Der faßte ihn bei beiden
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