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Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Dostojewski
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bemächtigte sich dann plötzlich ganz unerwartet ohne weiteres und jedenfalls ganz gegen den Willen seines Gegners des von dem Vorgesetzten verlangten Schriftstückes; statt aber mit dem Federmesser »in bester Absicht« daran zu radieren, wie er Herrn Goljadkin dem älteren lügnerischerweise versichert hatte, rollte er es schnell zusammen, schob es unter den Arm, befand sich in zwei Sprüngen neben Andrei Filippowitsch, der von seinen Kniffen nichts bemerkt hatte, und eilte mit diesem in das Arbeitszimmer des Direktors hinein. Herr Goljadkin der ältere blieb wie angenagelt an seinem Fleck stehen, in der Hand das Federmesser, wie wenn er sich anschickte, etwas damit zu radieren...
    Unser Held verstand sein neues Erlebnis noch nicht ganz. Er war noch nicht zur Besinnung gekommen. Er fühlte den Schlag, überlegte aber noch, was dieser zu bedeuten habe. In furchtbarer, unbeschreiblicher Erregung riß er sich endlich von seinem Platze los und stürmte davon, geradeswegs in der Richtung nach dem Arbeitszimmer des Direktors, wobei er unterwegs den Himmel anflehte, daß alles dies sich doch noch gut gestalten und weiter nichts zu bedeuten haben möge... In dem letzten Zimmer vor dem Arbeitszimmer des Direktors rannte er Nase gegen Nase mit Andrei Filippowitsch und seinem Namensvetter zusammen. Diese kamen beide bereits zurück; Herr Goljadkin trat zur Seite. Andrei Filippowitsch redete lächelnd und heiter. Herrn Goljadkins des älteren Namensvetter lächelte ebenfalls, fuchsschwänzelte, trippelte in respektvoller Entfernung von Andrei Filippowitsch einher und flüsterte ihm mit entzückter Miene etwas ins Ohr, worauf Andrei Filippowitsch sehr wohlwollend mit dem Kopfe nickte. Nun verstand unser Held auf einmal die Lage der Dinge. Die Sache war die, daß seine Arbeit (wie er später erfuhr) die Erwartungen Seiner Exzellenz beinah übertroffen hatte und wirklich zum festgesetzten Termine rechtzeitig fertig geworden war. Seine Exzellenz war außerordentlich zufrieden gewesen. Es verlautete sogar, Seine Exzellenz habe Herrn Goljadkin dem jüngeren seinen Dank, seinen warmen Dank ausgesprochen und gesagt, er werde sich bei vorkommender Gelegenheit dessen erinnern und es nicht vergessen ... Natürlich war Herrn Goljadkins erste Regung, Protest einzulegen, mit aller Macht Protest einzulegen, bis an die äußersten Grenzen der Möglichkeit. Fast ohne von sich selbst zu wissen und blaß wie der Tod stürzte er zu Andrei Filippowitsch hin. Aber als dieser hörte, daß es sich um eine Privatsache Herrn Goljadkins handle, weigerte er sich, sie anzuhören, indem er in entschiedenem Tone bemerkte, er habe sogar für seine eigenen notwendigen Angelegenheiten keine freie Minute.
    Die Trockenheit des Tones und die Schärfe der Zurückweisung befremdeten Herrn Goljadkin. »Es wird das beste sein, wenn ich die Sache von einer anderen Seite versuche ... ich will lieber zu Anton Antonowitsch gehen.« Zu Herrn Goljadkins Unglück war auch Anton Antonowitsch nicht anwesend; auch er war irgendwo anders irgendwie beschäftigt! »Also hat er mich nicht ohne Absicht ersucht, ihn mit Erörterungen und Gesprächen zu verschonen!« dachte unser Held. »Darauf hat er abgezielt, der alte Fuchs! Wenn's so ist, dann muß ich einfach wagen, mich mit meiner Bitte an Seine Exzellenz zu wenden.«
    Immer noch blaß und mit dem Gefühl, daß sein Kopf sich in arger Verwirrung befinde, und sehr unsicher, wozu er sich eigentlich entschließen solle, setzte sich Herr Goljadkin auf seinen Stuhl. »Es wäre weit besser, wenn die ganze Sache eine harmlose Aufklärung fände,« dachte er unaufhörlich für sich. In der Tat, eine derartige dunkle Geschichte ist ganz unglaublich. Erstens ist es dummes Zeug, und zweitens kann es sich gar nicht begeben. Es ist wahrscheinlich nur so eine Einbildung von mir gewesen; oder die Sache hat ganz anders ausgesehen, als sie sich tatsächlich verhielt; oder ich bin gewiß selbst hingegangen ... und habe mich da irgendwie für einen ganz anderen gehalten ... Kurz, es ist eine ganz wunderliche Geschichte.«
    Gerade in dem Augenblicke, als Herr Goljadkin zu dem Schlusse gelangt war, daß dies eine ganz wunderliche Geschichte sei, kam plötzlich Herr Goljadkin der jüngere ins Zimmer geflogen, mit Akten in beiden Händen und unter dem Arme. Nachdem er im Vorbeigehen ein paar notwendige Worte zu Andrei Filippowitsch gesprochen, mit noch jemandem ein bißchen geredet, einem andern ein paar Liebenswürdigkeiten gesagt und zu noch einem

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