Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)
sehr, daß Herr Goljadkin gut geschlafen habe. Dann verbeugte er sich ein wenig, trippelte ein wenig an ein und derselben Stelle umher, blickte nach rechts und nach links, schlug darauf die Augen zu Boden, richtete sie nach der Seitentür, und nachdem er hastig flüsternd bemerkt hatte, er habe einen besonderen Auftrag, schlüpfte er in das Nachbarzimmer und war verschwunden.
»Ist das eine tolle Geschichte! ...« flüsterte unser Held, der einen Augenblick ganz starr war; »ist das eine tolle Geschichte! Was soll das nur vorstellen? ...« Herr Goljadkin hatte ein Gefühl, als ob ihm Ameisen über den ganzen Leib liefen. »Übrigens,« fuhr er im stillen fort, während er in sein Dienstlokal ging, »übrigens habe ich so etwas ja schon lange gesagt; ich habe schon lange geahnt, daß er mit besonderen Aufträgen werde betraut werden ... gerade gestern habe ich gesagt, daß er unzweifelhaft ein Mensch sei, den man zu besonderen Aufträgen gebrauchen werde.«
»Haben Sie Ihr gestriges Aktenstück fertiggestellt, Jakow Petrowitsch?« fragte Anton Antonowitsch Sjetotschkin Herrn Goljadkin, als dieser sich neben ihn setzte. »Haben Sie es hier?«
»Jawohl,« erwiderte Herr Goljadkin flüsternd und sah seinen Tischvorsteher mit etwas verwirrter Miene an.
»Nun gut! Ich erkundige mich deswegen danach, weil Andrei Filippowitsch schon zweimal danach gefragt hat. Seine Exzellenz kann das Aktenstück jeden Augenblick verlangen...«
»Es ist fertig.«
»Na, das ist schön!«
»Anton Antonowitsch, ich meine, ich habe meine Pflicht immer ordnungsmäßig erfüllt, und ich freue mich über die Aufträge, die mir von meinen Vorgesetzten erteilt werden, und erledige sie mit aller Sorgfalt.«
»Jawohl. Nun, was wollen Sie denn damit sagen?«
»Nichts Besonderes, Anton Antonowitsch. Ich möchte nur bemerken, Anton Antonowitsch, daß ich ... d. h. ich wollte sagen, daß Übelwollen und Neid täglich ihre widerwärtige Nahrung suchen und niemanden verschonen...«
»Entschuldigen Sie, ich verstehe Sie nicht ganz. Das heißt, wen meinen Sie denn mit Ihren Andeutungen?«
»Das heißt, ich wollte nur sagen, Anton Antonowitsch, daß ich meinen geraden Weg gehe und es verachte, Schleichwege zu benutzen, daß ich kein Intrigant bin, und daß ich, wenn anders es mir erlaubt ist, dies auszusprechen, mit gutem Grunde darauf stolz sein darf...«
»Jawohl. Alles ganz richtig, und ich stimme Ihrer Meinung aus voller Überzeugung bei; aber gestatten Sie auch mir, Ihnen zu bemerken, Jakow Petrowitsch, daß persönliche Anzüglichkeiten in guter Gesellschaft nicht erlaubt sind. Was man hinter meinem Rücken von mir sagt, das will ich gern ertragen; denn auf wen wird nicht hinter seinem Rücken geschimpft? Aber ins Gesicht (nehmen Sie es mir nicht übel!) lasse ich mir keine Grobheiten sagen, mein Herr. Ich bin im Staatsdienst grau geworden, mein Herr, und lasse mir auf meine alten Tage keine Grobheiten sagen ...«
»Nein, Anton Antonowitsch, ich ... Sehen Sie doch, Anton Antonowitsch, Sie haben mich, wie es scheint, nicht ganz verstanden, Anton Antonowitsch. Aber ich bitte Sie, Anton Antonowitsch, ich kann es mir meinerseits nur zur Ehre anrechnen ...«
»Nun bitte ich aber, auch mich zu entschuldigen. Ich habe meine Lebensart noch nach der alten Mode gelernt. Nach Ihrer neuen Mode umzulernen, damit ist es für mich zu spät. Für den Dienst des Vaterlandes hat mein Verstand bisher, wie es scheint, ausgereicht. Ich besitze, wie Sie selbst wissen, mein Herr, das Ehrenzeichen für fünfundzwanzigjährige vorwurfsfreie dienstliche Tätigkeit ...«
»Ich empfinde das alles ... ich empfinde das alles meinerseits vollkommen, Anton Antonowitsch. Aber davon redete ich nicht; ich sprach von der Maske, Anton Antonowitsch ...«
»Von der Maske?«
»Das heißt, Sie scheinen wieder ... ich fürchte, daß Sie auch hier wieder den Sinn unrichtig auffassen, das heißt den Sinn meiner Worte, wie Sie selbst sagen, Anton Antonowitsch. Ich behandle nur das Thema, das heißt, ich stelle den Gedanken hin, Anton Antonowitsch, daß die Menschen, die eine Maske tragen, heutzutage recht häufig geworden sind, und daß es jetzt schwer ist, unter der Maske einen Menschen zu erkennen ...«
»Na, wissen Sie, so schwer ist das nun gerade nicht. Manchmal ist es sogar ganz leicht, und manchmal braucht man gar nicht weit zu suchen.«
»Nein, wissen Sie, Anton Antonowitsch, ich sage... ich sage von mir selbst, daß ich z. B. eine Maske nur anlege, wenn es nötig ist, d.
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