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Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Dostojewski
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schliefen die beiden ältesten Brüder, Michail und Fjodor. Aus dem Vorzimmer trat man in den sogenannten Saal: ein ziemlich großes Zimmer mit zwei Fenstern zur Straße und drei Fenstern auf den Vorhof. Das folgende zweite Zimmer hatte zwei Fenster zur Straße und war gleichfalls durch eine Scheidewand in zwei Hälften geteilt, von denen die halbdunkle den Eltern als Schlafraum diente. Späterhin, als unsere Familie größer wurde, erhielten wir noch ein Zimmer. Die Einrichtung der Wohnung war sehr bescheiden. Das Vorzimmer mit dem abgeteilten Schlafraum der Brüder war mit dunkelgrauer, der Saal mit hellgelber und das elterliche Schlafzimmer mit blauer Leimfarbe angestrichen. An Möbeln standen im Saal zwei Lhombre-Tische (obgleich in unserer Familie nie Karten gespielt wurde), an denen die älteren Brüder lernten, ein Eßtisch und ein Dutzend Stühle aus Birkenholz mit weichem Sitz (aber natürlich ohne Sprungfedern), der mit grünem Saffian bezogen war. Dieser Saal war unser Wohnzimmer, wo wir lernten und spielten, zu Mittag speisten und Tee tranken. Das andere Zimmer dagegen war unser Erholungsraum. Hatten wir unsere Aufgaben beendet, so saßen wir dort bei den Eltern.«
    Nach den Aussagen anderer Verwandten versammelte die Familie sich dort um einen runden Tisch, die Mutter arbeitete und die Kinder lasen vor. Fjodor Michailowitsch hat mehrfach davon gesprochen, daß sie, die Kinder, jedesmal fortgeschickt wurden, wenn an diesem Tisch geschneidert oder Stoff zugeschnitten werden sollte, weshalb ihm Schneiderei im Hause sein Leben lang unangenehm war.
    Andrei Michailowitsch erzählt weiter: »Meine Brüder Michail und Fjodor, meine Schwester Warwara und ich, wir vier bildeten sozusagen die erste Serie der Geschwister.« Nach Fjodor Michailowitschs eigenen Worten hat er in der Kindheit »Schwester Warjä« besonders geliebt. »Die übrigen Geschwister, Wera, Nikolai und Alexandra, waren noch zu klein, um an unseren Beschäftigungen oder Spielen teilnehmen zu können. Wir vier dagegen waren fast immer zusammen. So geschah alles, was meine Brüder taten oder sprachen, vor meinen Augen und Ohren, und nur in den seltensten Fällen schickten sie mich fort; dann nannten sie mich ihr ›Schwänzchen‹. Michail und Fjodor standen ja fast im gleichen Alter, sie wuchsen zusammen auf und waren große Freunde. Diese Freundschaft dauerte bis zum Tode des älteren Bruders. Und doch waren sie zwei ganz verschiedene Charaktere. Michail war auch in der Kindheit weniger mutwillig, weniger unternehmend, weniger lebhaft im Gespräch, kurz, er war nicht so heiß wie Fjodor, der in allem, was er tat, ›das wahre Feuer‹ war, wie unsere Eltern zu sagen pflegten.
    »Da ich nun einmal von unserer Familie spreche, möchte ich hier auch eine Person erwähnen, die mit ihrem ganzen Leben und Denken in unserer Familie aufging. Das war unsere Kinderfrau Aljona Frolowna. Ich erwähne sie nicht deshalb, weil sie etwa, wie die Kinderfrau Puschkins, auf die Entwicklung Fjodors einen großen Einfluß gehabt hätte; – nein, sie war nur ein gütiger Mensch, der uns liebte. Als Moskauer Kleinbürgerin hatte sie das Recht, sich eine ›Städterin‹ zu nennen, was sie denn auch immer mit einer gewissen Wichtigkeit tat. (Übrigens war sie noch nicht alt, aber ziemlich dick.) Doch ich erwähne sie hauptsächlich deshalb, weil ich darauf hinweisen möchte, wie teuer meinem Bruder später die Erinnerung selbst an unsere Dienstboten war. So habe ich auch in seinen Werken sehr oft Namen unserer ehemaligen Dienstboten in der Stadt und auf dem Lande wiedergefunden.«
    Nach der Behauptung Andrei Michailowitschs habe Aljona Frolowna nicht gut zu erzählen verstanden, was den Aussagen anderer und auch Fjodor Michailowitschs zum Teil widerspricht. Vielleicht hat sie nur nicht so schöne Märchen erzählt, wie die Ammen aus dem Dorf.
    »Von allen ihren Kindern hat unsere Mutter nur ihren ältesten Sohn selbst gestillt,« (den sie nach Fjodor Michailowitschs Äußerung am meisten geliebt haben soll), »– wir anderen hatten Ammen. Diese Ammen pflegten uns alljährlich (gewöhnlich im Winter) zu besuchen. Ihr Besuch war für uns Kinder immer ein richtiges Fest. Sie kamen aus den nächsten Dörfern und blieben meist zwei bis drei Tage bei uns. Unter meinen Erinnerungen hat sich eine Bilderreihe noch so deutlich erhalten, als sähe ich sie leibhaftig: Es ist ein Wintermorgen; Aljona Frolowna tritt aus der Küche ins Wohnzimmer und meldet der Mutter: ›Die Amme

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