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Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Werke von Fjodor Dostojewski (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Dostojewski
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wobei er gleichfalls einen Zipfel seines Taschentuches im Munde hielt.« – Eine Erklärung hierfür dürften wir in Dostojewskis eigenen Äußerungen finden, nach welchen er sich in seiner Kindheit gerne durch Körperkraft, Gewandtheit u. ä. hervorgetan habe.
    »In diesem Garten ergingen sich auch die Genesenden, je nach dem Wetter in elefantenbraunen Tuchmänteln oder in Zwillichanzügen, jedoch immer in schneeweißen Zipfelmützen und in Schuhen oder Pantoffeln ohne Absätze. Fjodor liebte es sehr, mit diesen Kranken heimlich, d. h. wenn es sich irgendwie unbemerkt machen ließ, Gespräche anzuknüpfen, besonders wenn Knaben unter ihnen waren; das aber war uns ein für allemal streng verboten, und der Vater war äußerst ungehalten, wenn ihm etwas von einem derartigen Ungehorsam zu Ohren kam.«
    Nach den Aussagen anderer Verwandten ist der Vater Dostojewskis überhaupt sehr streng gewesen, und die Wärterin Aljona Frolowna hat oft genug die Vergehen der Kinder verheimlichen oder diese vor der väterlichen Strafe schützen müssen.
    »Im Jahre 1831 kauften unsere Eltern im Gouvernement Tula, 150 Werst von Moskau, ein kleines Landgut, wohin von nun an in jedem Frühjahr unsere Mutter mit uns Kindern übersiedelte. Den Vater hielt der Dienst in Moskau zurück. Nur im Hochsommer kam er auf ein paar Tage hinaus. In den ersten Jahren, als meine älteren Brüder noch nicht im Pensionat waren, nahm die Mutter sogleich alle Kinder mit und wir verbrachten den ganzen Sommer auf dem Lande. Die Fahrt hinaus aufs Gut war für uns Kinder ein Ereignis, das wir mit heißer Ungeduld herbeisehnten. Wir fuhren mit unseren eigenen Gutspferden und dem Kutscher Ssemjon Schiroki, der im Rufe stand, der beste Pferdekenner und Kutscher zu sein.« (Auch diesen Namen hat Dostojewski später benutzt.)
    »Die Fahrt dauerte zwei Tage, am dritten langten wir an. Während der Fahrt war Fjodor immer in einem geradezu fieberhaften Zustande. Er wählte sich auch immer den Platz auf dem Bock, neben dem Kutscher, und so oft der Wagen hielt, und war's auch nur auf eine Minute, sprang er ab, um sich alles, was in der Nähe war, anzusehen, oder er guckte gleichfalls an den Pferden herum, wenn der Kutscher Ssemjon, der Breite genannt, an ihnen etwas zu schaffen hatte.
    »Die Gegend, in der unser Landgut lag, war sehr anheimelnd und malerisch. Das kleine mit Lehm bestrichene Häuschen, das aus drei Zimmern bestand, lag in einem Lindenhain, der ziemlich groß und schattig war. Ihn trennte nur ein schmales Feld von einem dichten Birkenwalde, in dem es eine recht unheimliche, wilde, von kleinen Schluchten oder Erdklüften durchzogene Stelle gab. Dieser Wald hieß Brykowo (den Namen finden wir gleichfalls, und zwar in den »Dämonen«) und wurde von meinem Bruder sehr geliebt, weshalb wir ihn unter uns bald nur noch »Fedjäs Wald« nannten. Doch die Mutter erlaubte uns nur ungern, in diesen Wald zu gehen, da es hieß, dort seien Schlangen, und sogar Wölfe kämen dorthin.«
    Hier hätten wir vielleicht eine Erklärung des Schreies »Ein Wolf kommt!« den Fjodor Michailowitsch dort einmal als Kind zu hören geglaubt hat und von dem er in seiner Erzählung vom Bauern Marei spricht.
    »Fjodor, der damals bereits lesen konnte, hatte offenbar schon Indianergeschichten in die Hand bekommen, und so war denn seine Lieblingsbetätigung Indianer zu spielen. Das Spiel bestand darin, daß wir uns im Lindenhain eine Stelle mit dichterem Buschwerk aussuchten, dort ein Zelt herstellten und dieses dann für das Hauptzelt einer Niederlassung wilder Völker erklärten. Wir kleideten uns aus und bemalten unsere Körper mit Farben: was wir dann tätowieren nannten. Wir machten uns aus Blättern einen Lendenschurz und aus gefärbten Gänsefedern einen Kopfschmuck, und nachdem wir uns dann noch mit selbstgefertigten Pfeilen und Bögen bewaffnet hatten, schritten wir zum Überfall auf Brykowo (den Birkenwald). Natürlich war Fjodor, als der Erfinder dieses Spieles, auch der Häuptling und Anführer des wilden Stammes. Michail dagegen beteiligte sich nur selten unmittelbar an diesem Spiele: es paßte nicht zu seinem Charakter. Dafür war er, da er schon zu zeichnen begann und Farben besaß, derjenige, der uns anmalte und kostümierte. Doch die Hauptsache bei diesem Spiele bestand darin, daß wir als ›Wilde‹ nicht von irgend jemandem, der älter als wir war, beaufsichtigt wurden und von allem Gewohnten, von allem Nichtwilden, vollkommen abgesondert waren. Einmal, an einem

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