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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
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schlankes, etwa vierzehnjähriges Mädchen; und dann, ihr ruhig folgend, eine ältere Frau mit den schönen Augen meines Freundes, aber ohne die Gebrechen seines Körpers.
    »Dies«, sagte Brunken, indem er ihre Hand ergriff, »ist meine liebe Schwester Martha; wir hausen hier zusammen; den Paul hast du dir schon selber aufgefischt; aber diese meine Nichte muß ich dir noch vorstellen; es ist ein junges, törichtes Geschöpf, das den hehren Namen Maria noch keineswegs verdient hat.« Und dabei zupfte er die kleine Schöne ein paarmal derb an ihren braunen Flechten. »Nicht wahr«, fuhr er zu mir gewendet fort, »du trittst hier in ein kinderreiches Haus! Und sind sie auch nicht so ganz mein eigen, so hab ich doch ein gutes Teil an ihnen.«
    Er mußte innehalten, der Atem fing ihm endlich an zu fehlen. Und es brauchte auch keiner weitern Auseinandersetzung; das Mädchen hatte die Arme auf dem Rücken zusammengeschränkt und sah mit den glücklichsten Augen in das gerötete Antlitz des kleinen aufgeregten Oheims.
    »Aber Edde?« bemerkte jetzt die Schwester, indem sie fragend von ihm zu mir herüberblickte.
    Er hatte sie sogleich verstanden. »Ja so, wer das ist?« rief er. »Den kennt ihr alle; das ist der Arnold, der Doktor; er kommt grade, da die Rosen blühen; und nun soll es auf der Villa Brunken ein paar seelenfrohe Tage geben!«
    Und in der Tat, heiter war es auf der Villa Brunken. Nach dem herzlichsten Willkommen saß ich bald unter diesen lieben Menschen an einer wohlgedeckten Mittagstafel in dem freundlichen Gartensaal, dessen Flügeltüren auf die Terrasse hinaus geöffnet blieben; und während wir plauderten und genossen, wehten von Zeit zu Zeit die vorbeiziehenden Sommerlüfte eine ganze Wolke von Rosenduft zu uns herein. – Nachher verstand es sich von selbst, daß ich zur Mittagsruhe in ein kühles Gastzimmerchen verwiesen wurde, das man bei Kündigung der Freundschaft mir auferlegte, mindestens für drei Tage als meine Wohnung anzusehen.
    Ich mußte schon nachgeben; und während ich nach der auf der Eisenbahn verwachten Nacht einen erquicklichen Schlaf tat, war Paul zur Stadt gewesen und hatte mein Gepäck aus dem Gasthof herüberschaffen lassen.
    Als ich mit Brunken wieder in den Gartensaal trat, wo uns Frau Martha am Kaffeetisch erwartete, klopfte er mich leise auf den Arm und zeigte nach der Terrasse hinaus, zu der auch jetzt die Türen offenstanden. Dort, wo jetzt schon der Schatten des Nachmittags vorgerückt war, wurde augenscheinlich eine Zeichenstunde gegeben. Das hübsche schlanke Mädchen saß eifrig mit dem Bleistift arbeitend an einem Tischchen, während Paul, an ihren Stuhl gelehnt, der kleinen regsamen Hand aufmerksam mit den Augen folgte.
    »Nun sieh mir einer diese Hexe!« rief Brunken, »mir läuft sie immer aus der Schule; und seit der Paul da ist, wird Tag für Tag gezeichnet. Versteht er’s denn wirklich schon besser als ich?«
    Der junge Mann errötete; Marie aber sagte, ohne aufzublicken: »Paul ist so hübsch geduldig, Onkel!«
    Brunken drohte mit dem Finger. »Ich muß wohl eifersüchtig werden!« sagte er, und dabei warf er einen Blick des innigsten Behagens auf das junge Menschenpaar.
    Nach dem Kaffee lustwandelte ich mit Brunken in seinem Garten, der sich in beträchtliche Tiefe hinter dem Wohnhause erstreckte. Nachdem wir den Duft der Rebenblüte in einem Glashause eingesogen, auch eine Weile von einem Anberge aus nach der Stadt hinübergesehen hatten, von wo das Glockenläuten des morgenden Sonntags zu uns herüberwehte, ließen wir uns schließlich in einer kühlen Laube nieder. Ich bot meinem Freunde eine Zigarre, die er wie immer verschmähte, und zündete mir dann selbst einen Stengel dieses edlen Krautes an. So begannen wir von der vergangenen gemeinsam verlebten Zeit zu plaudern und kamen endlich auch an jenen Abend, wo er uns auf Nimmerwiederkehr entflohen war. Ich sprach darüber mein Bedauern aus; aber Brunken schüttelte, wie er zum Zeichen der Verneinung zu tun pflegte, seinen langen Finger vor der Nase. »Halt, Doktor«, sagte er, »das war eine heilbringende Nacht!«
    »So erzähle!« versetzte ich. »Was hast du damals denn getrieben?«
    »Kennst du die Fabel aus Campes Kinderbibliothek: Es war einmal ein dicker, fetter Mops?«
    »Freilich, der Mops bellte den Mond an.«
    »Ich habe auch den Mond angebellt, oder, unbildlich gesprochen, ich habe mit dem Herrgott gescholten, daß er mich so ungeschickt nach seinem Ebenbild erschaffen. – Es war damals ein

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