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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
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Händchen ineinanderlegend,
    Behutsam sah das Kind auf ihn herab.
    Schon putzte er die Fühler, spannte schon
    Die Flügeldecken aus, ein Weilchen, und
    Nun flog er fort. Da nickt’ es still ihm nach.
     
    Ich aber dachte: ›Rühre nicht daran!‹
    Hob leis die Stirn und ging den Weg hinab,
    Den Garten lassend in so holder Hut.
    Nicht merkt ich, daß einsam die Wege wurden,
    Daß feucht vom Meere strich die Abendluft;
    Erfüllet ganz von süßem Heimgefühl,
    Ging weit ich in die Dunkelheit hinaus.
     
    Da fiel ein Stern; und plötzlich mahnt’ es mich
    Des Augenblicks, da ich das Haus verließ,
    Die Hand entreißend einer zarteren,
    Die drin im Flur mich festzuhalten strebte;
    Denn schon selbander hausete ich dort. –
    Nun ging ich raschen Schritts den Weg zurück;
    Und als ich spät, da schon der Wächter rief,
    Heimkehrend wieder durch den Garten schritt,
    Hing stumm die Finsternis in Halm und Zweigen,
    Die Kronen kaum der Bäume rauschten leis.
    Vom Hause her nur, wo im Winkel dort
    Der Nußbaum vor dem Kammerfenster steht,
    Verstohlen durch die Zweige schien ein Licht.
    Ein Weilchen noch, und sieh! ein Schatten fiel,
    Ein Fenster klang, und in die Nacht hinaus
    Rief eine Stimme: »Bist du’s?« – »Ja, ich bin’s!«
     
    Die Zeit vergeht; längst bin ich in der Fremde,
    Und Fremde hausen, wo mein Erbe steht.
    Doch bin ich einmal wieder dort gewesen;
    Mir nicht zur Freude und den andern nicht.
    Einmal auch in der Abenddämmerung
    Geriet ich in den alten Gartenweg.
    Da stand die Planke; wie vor Jahren schon
    Hing noch der Linden schön Gezweig herab;
    Von drüben kam Resedaduft geweht,
    Und Dämmrungsfalter flogen durch die Luft.
    Ging’s noch so hold dort in der Abendstunde? –
    Fest und verschlossen stand die Gartentür;
    Dahinter stumm lag die vergangne Zeit.
    Ausstreckt ich meine Arme; denn mir war,
    Als sei im Rasen dort mein Herz versenkt. –
    Da fiel mein Aug auf jenen Sonnenriß,
    Der noch, wie ehmals, ließ die Durchsicht frei.
    Schon hatt ich zögernd einen Schritt getan;
    Noch einmal blicken wollt ich in den Raum,
    Darin ich sonst so festen Fußes ging.
    Nicht weiter kam ich. Siedend stieg mein Blut,
    Mein Aug ward dunkel; Grimm und Heimweh stritten
    Sich um mein Herz; und endlich, leidbezwungen,
    Ging ich vorüber. Ich vermocht es nicht.
Immensee
    Aus diesen Blättern steigt der Duft des Veilchens,
    Das dort zu Haus auf unsern Heiden stand,
    Jahraus und -ein, von welchem keiner wußte,
    Und das ich später nirgends wieder fand.
»Ein grünes Blatt«
    Verlassen trauert nun der Garten,
    Der uns so oft vereinigt hat;
    Da weht der Wind zu euern Füßen
    Vielleicht sein letztes grünes Blatt.
Notgedrungener Prolog
    zu einer Aufführung des »Peter Squentz« von Gryphius
    Der Pickelhering tritt auf
    Hier mach ich euch mein Kompliment!
    Der Pickelhering bin ich genennt.
    War einst bei deutscher Nation
    Eine wohlansehnliche Person;
    Hatt mich in Schlössern und auf Gassen
    Nicht Schimpf noch Sprung verdrießen lassen
    Und mit manch ungefügem Stoß
    Mein’ sauren Ruhm gezogen groß.
    Doch, Undank ist der Welt ihr Lohn!
    Seit war ich lang vergessen schon;
    Verschlief nun in der Rumpelkammer
    All Lebensnot und Erdenjammer;
    Da haben sie mich über Nacht
    Plötzlich wieder ans Licht gebracht.
    Wollen ein alt brav Stück tragieren,
    Drin meine Kunst noch tut florieren,
    Ein Stück, darinnen sich von zwei
    Nationen zeiget die Poesei!
    Ein Engländer Shakespeare hat es ersonnen
    – Hab sonst just nichts von ihm vernommen –,
    Dann aber hat es Herr Gryphius,
    Der gelahrte Poete und Syndikus,
    In rechten Schick und Schlag gebracht
    Und den deutschen Witz hineingemacht.
    Da hört ihr, wie ein ernster Mann
    Auch einmal feste spaßen kann.
     
    Doch, Lieber, sag mir, wenn’s gefällt
    – Ich war so lang schon außen der Welt –,
    Herr Professor Gottsched ist doch nicht zugegen? –
    Ich gehe demselben gern aus den Wegen;
    Es ist ein gar gewaltsamer Mann
    Und hat mir übel Leids getan;
    Meinen guten Vetter Hans Wursten hat er
    Zu Leipzig gejaget vom Theater,
    Weil er zu kräftiglich tät spaßen.
    Hätte ja mit sich handeln lassen!
    Wir
– haben unsre Kurzweil auch;
    Doch, Lieber, alles nach Fug und Brauch!
    Denn sonders vor dem Frauenzimmer
    Muß man subtile reden immer;
    Sie zeuchen das Sacktuch sonst vors Gesicht,
    Und da schauen sie die Komödia nicht.
    Dies aber wär schad überaus;
    Denn es ist ein ganzer Blumenstrauß!
    Tulipanen und Rosmarin,
    Auch Kaiserkronen sind darin;
    Die Vergißmeinnichte,

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