Werke
da sie zuvor gestanden; und siehe, mitten im Gedrange glitzerte das güldne Käpplein; gewahrete auch einen silbern Suppenlöffel, so von einer kleinen Faust emporgehalten wurde. Aber hart vor dem Mädchen spreizete sich der junge Knecht, dem sie zuvor den Tanz versaget hatte; der winkte seinen Kameraden, worauf alle sich fest zusammenschlossen und also das Mädchen nicht mehr vorwärts konnte.
Ei Tausend, war ich rasch von meinem Tritt herunter und brauchte meine Arme, bis ich gar bald an ihrer Seiten war. »Renate«, frug ich, »darf ich dir helfen?«
Da nickte sie fast scheu zu mir hinüber; ich aber in dem dichten Haufen, wo wir stunden, suchte ihre freie Hand und sprach: »Nun danke ich dir auch herzlich für dazumalen an St. Jürgens Reiterbildniß.«
Sie schlug die Augen nieder und entgegnete: »O ja, Ihr hattet meinem armen Türk gar jämmerlich das Pell zerstochen!«
»Und wolltest du denn lieber, daß mich das grimmig Vieh zerrissen hätte?«
Da lachte sie leise auf; dann aber sprach sie traurig: »Das war ja gar kein grimmig Vieh; das war der frömmste Hund im ganzen Dorf!«
»Möchte ihm doch lieber nicht begegnen!« sagte ich.
»Begegnet ihm hier auch keiner mehr«, entgegnete sie; »die Tatern haben ihn über Nacht verlockt; er muß nun wohl ihre Karren ziehen oder ihre schmutzigen Kinder auf sich reiten lassen.«
Indem sie dieses sagte, rückten vor uns die Bursche nach dem Brauttische zu. Da fassete ich ihre kleine Hand fest in die meine. »Itzt!« raunte ich ihr ins Ohr, und mit einem Rucke brach ich für uns beide Bahn; merkete aber noch, wie Renate das Näschen hob, als wolle sie ihrer keinen sehen, so da mit einem Fluche oder höhnischem Lachen auf die Seiten wichen. Dann aber traten wir mitsammen vor die Hochzeitleute. Ich warf mein Silberstück in des Bräutigams Schüssel und leerete das Glas, daraus er mir zutrank, auf einen Zug; da ich mich aber nach dem Mädchen wandte, sahe ich wohl, daß sie von ihrem Munde das volle Glas der Braut zurückgab.
Als wir sodann uns wieder rückwärts durch den Haufen drängten, erhub sich wiederum ein spöttlich Reden hinter uns, so daß ich sagte: »Du hast dir übel Feindschaft gemacht, Renate; war dir der junge Knecht nicht gut genug zum Tanze?«
Da sahe sie mich gar fürnehm aus ihren dunkeln Augen an: »Den kennet Ihr nicht, Herr Studiosi; das ist des Bauervogten Sohn; der ist ein Prunkhans, er trotzet auf seines Vaters Geldsack und meinet, er brauche nur zu winken.«
Gläubete wohl ihrer Rede; denn es kostete dazumal noch die Last Gerste hundert und der Weizen mehr denn hundertundfünfzig Thaler; das machte die Bauern überthätig, die Jungen mehr noch denn die Alten.
Wir stunden aber wiederum in dem offenen Thürgerüste zu der Oberstuben, darin von den städtischen Gästen mit den fürnehmeren Bauern am Kartentische saßen und viele Lichter brannten. So konnte ich in rechter Muße ihr Angesicht betrachten.
Betrachtete es also, so daß ich es von Stund an nimmer hab vergessen können; des klage ich zu Gott und danke ihm doch dafür. Es war aber von lieblich ovaler Bildung, die Stirn fast schmal und die obere Lippe ihres Mündleins ein wenig aufgeworfen, als hebe es eben an zu sprechen: »Ja, gläubet nur, ich laß mir so nicht winken!«
Schon war der Brauttisch fortgeräumt, und die Musikanten von ihren hohen Sitzen probireten wieder ihre Instrumente. »Wie wird’s, Renate«, wollte ich eben fragen, »tanzen wir denn itzo mit einander?« Da hörte ich neben aus der Stuben des Mädchens Namen rufen; und da ich den Kopf wandte, sahe ich sie schon am Stuhle eines hageren Mannes stehen, der hatte gleich ihr so dunkle, spitze Wimpern an den Augen, und dachte wohl, daß es ihr Vater wäre. Sie hatte aber ihren Arm um des Mannes Nacken und er den seinen um ihren Leib geleget; so hielt er müßig in der Hand sein Kartenspiel und schaute in seines Kindes Angesicht, unachtend, daß die andern Trumpf und Herzendaus von ihm verlangten. Da Renate aber meines Vaters Namen nannte, so trat ich näher und grüßete den Mann.
Selbiger streifte mit einem scharfen Blick an meinem prunkenden Habit und sprach: »Ihr schaut gar lustig aus, Herr Studiosi; werden aber wohl bald die schwarzen Federn darüber wachsen!«
Worauf in gleichem Scherz ich gegenredete, die müßten freilich noch schon wachsen; gäb’s ohne solche ja auch keinen ausgewachsenen Raben, der doch, wie wohlbekannt; der Pastor unter dem Vogelvolke sei.
Hierauf sah er mich wieder mit seinen
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