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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
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Vaters Hause, so seitwärts unter den düsteren Bäumen lag. Und als nun gar ein heller Hahnenkraht daraus emporstieg, da sahe ich sie schon den Berg hinunterlaufen; dann aber wandte sie sich und schaute unverhohlen mit ihren dunkeln Augen zu mir auf.
    »Renate!« rief ich.
    Da nickte sie noch einmal und schritt dann eilig über die bethauten Wiesen nach dem Hofe zu. Ich aber stund noch lange oben in der scharfen Morgenluft und starrete hinunter auf die düsteren Eichen, aus deren dürrer Krone itzt ein paar Elstern aufflogen und krächzend den Nachtschlaf von den schweren Flügeln schüttelten.
    Andern Tages fiel die Sonne schon hoch in meine Kammer, da mein Mütterlein mir die Morgensuppe an meine Bettstatt brachte; und da sie in ihrer liebreichen Weise mich über die Lustbarkeit befragte, hörete sie nicht ungern von der Bekanntschaft mit des reichen Hofbauren Tochter und spann, wie die Mütter pflegen, schon ihre festen Fäden für die Zukunft. Als sie dann aber nachmittags, da ihr Gespinste nahezu fertig war, solches voll Freudigkeit vor meinem lieben Vater auszubreiten begann, schien selbiger nicht völlig gleichen Sinnes, sondern rieb sich, wie er in Zweifelsfällen es gewöhnt war, bedächtig mit dem Finger an der Nasen und wiegte schweigend seinen Kopf dazu.
    »Wie, Vater«, brausete die Mutter auf, »ist dir die liebe Gottesgabe, das Geld und Gut, etwan im Wege? Und meinest du, daß ein künftiger Diener Gottes müsse allemal in Armuth leben, weil solches, leider Gottes, unser Theil gewesen ist?«
    »Nein, o nein, Mutter!« entgegnete er. »Nein, das gewißlich nicht!«
    »Nun, Gott sei gedanket!« rief die Mutter. »Was ist denn nun noch für ein Aber?«
    – »Ja, Mutter, ihr Weiber wollet euch gar am eignen Sohn den Kuppelpelz verdienen; aber – ich denke, der Josias geht wohl andere Wege.«
    Damit ging er in seine Kammer und setzete sich zu seiner morgenden Sonntagspredigt; und hatte ich, der fast beschämt dabei gestanden, nun wohl vermerket, daß mein lieber Vater von diesen Dingen nicht mehr wolle geredet haben; – nicht minder, daß wegen der Hofleute was immer für eine Bedenklichkeit in ihm versire.
    Ich war aber hiedurch in eine gar üble Unruhe versetzet worden. Ich lief aus dem Hause und über den Weg auf den Glockenberg und sahe hinüber nach dem Schloßthurm, von wo ich in der Frühe mit Renaten in das stille Land hinausgeblicket; lief wiederum zurücke, warf mich an meine Arbeit und brachte aber nichts zu Stande, als daß ich den Buchstaben R wohl hundertmal in meine Hefte malte, gleichsam als hätt ich’s wegen dieses einen noch von der Schreibstub nachzuholen.
    Drum, als es Abend wurde, trieb mich’s nach dem Kruge, der oberhalb der Treene liegt, ob ich dorten was erfahren möchte; redete auch mit dem und jenem und kehrete dann gelegentlich das Wort auch auf den Hofbauren. Da sahe ich wohl, daß er geringen Anhang hatte; redeten ihm nach, obschon er weitaus noch kein Bauer aus dem Fundamente sei, so schlage alles ihm doch zu; denn da vor Jahren hier die Seuche in das Vieh gekommen, so sei in seinem Stalle ihm kein Stück gefallen, und wenn auf ihrem Boden die Mäus und Ratzen ihnen das Korn zerschroten, so habe in einer mondhellen Herbstnacht der Feldhüter es mit leiblichen Augen angesehen, wie aus des Hofbauren Scheune, gar greulich anzuschauen, sothanes Geschmeiß in hellen Haufen zur Treene hinabgerannt und sich mit Quieksen und Gepfeife in den Fluß gestürzet habe. Zog mich sogar der blasse Dorfschneider bei einem Rockknopf in die Ecken und sprach gar heimlich: »Jungherr, Jungherr! Wisset Ihr, was die Schwarze Kunst bedeutet?« Schlug sich dann aufs Maul und zeigte mit der Hand dahin, als wo der Hof belegen.
    War mir nun zwar bewußt, daß wohl gar geistliche Herren sich mit solcher Kunst befasset, wie denn der vorig Pastor in Medelbye darin gar sonderbar geschickt sollte gewesen sein; auch daß solches, wenn gleich kein endgültig Pactum mit dem Seelenfeinde, so doch ein frevelig Spiel um Seel und Seligkeit sei, so bei der menschlichen Schwachheit gar leicht in das ewige Verderben führen könne; sahe aber gleicher Weise, daß diese Leute dem Hofbauren seinen Reichthum neideten, ihm auch aufsätzig waren wegen seiner Hoffart und schon von seines Vaters wegen nicht vergessen konnten, daß selbiger gegen der Gemeinde Willen sich einen Emporstuhl in der Kirchen durchgesetzet.
    – – Schritt also, wie ich dem Hofbauren das versprochen, am andern Nachmittage nach der Predigt über

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