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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
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widerdröhnte, mit selbigem ein heller Wehlaut von der Gruft erscholl, da drängte sich die hohe Gestalt des Junkers Hinrich durch die Menge, und als sodann auch hier das letzte Vaterunser war gesprochen worden, nahm er vor aller Angesicht die Tochter des Begrabenen an seine Brust und hielt sie so unbeweglich, bis er den Pastor schon drunten auf dem Wege nach seinem Hause zu schreiten sah. »Komm!« sprach er leise zu dem schönen Mädchen, daß nur neben ihm ein altes Weib es hörte, die schier verwirrt zu ihm emporsah; und als ob jedes von ihnen wußte, daß sie beide eines Sinnes seien, folgten sie Hand in Hand dem geistlichen Herrn in sein Haus. Da sprach der Junker: »Ehrwürden, wir bitten, verlobet uns einander, daß diese hier an meinem Herzen ihre Heimat habe!«
    Und die Hände des alten Priesters legten zitternd sich auf ihre Häupter.
    Drüben von dem Kirchhof aber schritt Owe Heikens, mehr als einmal mit dem Kopfe schüttelnd, seinem Hause an den Eichen zu.
     
    Die schon anberaumte Hochzeit des Junkers Detlev, welche durch die letzte Kriegszeit wider allen Brauch verzögert war, wurde durch das Trauerjahr aufs neue hinausgerückt; anders bei dem älteren Bruder: hier hatte der Tod zu raschem Ehebündnis getrieben.
    Hinter den Eichen von Grieshuus, noch oberhalb der Niederung des Flusses, war in einem Lindenkranz ein Meierhof gelegen; einst zu einem später niedergelegten Gut gehörig und aus diesem einer Base von des Junkers Mutter zugekommen, war er von letzterer in ihrem Testamente diesem als ihrem Patenkinde zugeschrieben. Bisher hatte ein Pächter darauf gesessen; aber die Pacht war mit dem Herbste abgelaufen; seit Monaten wirtschaftete Hans Christoph dort, den noch der alte Herr zu dem Behuf dem Sohne überlassen hatte.
    In dieses Haus war Junker Hinrich mit seinem jungen Weibe eingezogen. »Trete nur fest auf!« hatte er zu ihr gesprochen, da er nach der Trauung sie vom Wagen hob; »das hier ist mein; und nun – durch Gottes Gnade – unser!«
    Noch heute, in des Erzählers Tagen, zeigt man in jener Gegend auf einem Vorsprung eine alte Linde, die trotz des völlig ausgehöhlten Stammes noch eine mächtige Krone in den Lüften wiegt; hier habe man derzeit die beiden schönen Menschen oftmals stehen sehen, wie sie Hand in Hand über das weite Flußtal hinausschauten, während der Sommerwind in ihren blonden Haaren wehte; auch abends wohl, dem Schrei der wilden Schwäne horchend, die im Sternenschein dem Wasser zuflogen.
    – – Zu Anfang im Augustmonat nach der Hochzeit war es, als Junker Hinrich zur Testamentseröffnung nach Grieshuus hinüberritt. In dem großen, seit Jahren unbenutzten Saale, oben in einem Vorsprung nach der Dorfseite, traf er nur den Landgerichtsnotar und dessen Schreiber; vergebens suchten seine Augen nach dem Bruder. Statt dessen war ein schwarzer Herr mit gepuderter Perücke hereingetreten: »Der herzogliche Rat sei, ihm zuleide, durch häufende Geschäfte abgehalten«; und hatte sodann eine in aller Form Rechtens auf ihn ausgestellte Vollmacht auf dem Tische vor den Gerichtspersonen ausgebreitet.
    Der Herr war einer von des Rates Unterbeamten, und die Formalien wurden für richtig angenommen. Danach wurden im Beisein der so Beteiligten die Siegel gelöst und das Testament verlesen. »Im Namen der Heiligen Dreifaltigkeit«, begann der alte Notarius, und der Junker stand wie gebannt, die Faust um eines Sessels Lehne, und horchte atemlos; bald aber, da die lange Eingangsformel abgelesen war, schoß ihm das Blut zu Häupten, er riß von seiner Brust das Wams zurück, und der schwere Stuhl klappte auf den Boden, daß es in dem weiten Raume widerhallte. Er hatte gehört, was zuvor nur wie ein Fieber ihm durchs Hirn geschossen war: an Geld und Gut zwar kürzte ihn des Vaters Wille kaum, aber Grieshuus, das Stammhaus, war dem jüngeren Bruder zugeschrieben. Der Vorleser hatte innegehalten; er begann aufs neue und brachte es zu Ende. Dann wurde das vom Schreiber geführte Protokoll vollzogen, das die gesetzlich geschehene Publikation beurkunden sollte; auch Junker Hinrich trat heran und unterschrieb, doch mit dem Zusatz: »Unter Vorbehalte meines arg verletzten Rechtes.«
    Als er sich schon entfernen wollte, trat der schwarze Herr noch einmal auf ihn zu und überreichte ihm ein versiegelt Schriftstück: »Ich hab Euch zu ersuchen, daß Ihr von diesem Briefe Eueres Herrn Bruders noch hier, in diesem Raume, Kenntnis nehmen möget!«
    Die feste Hand des Junkers bebte, als er das Siegel

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