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Werwelt 02 - Der Gefangene

Werwelt 02 - Der Gefangene

Titel: Werwelt 02 - Der Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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Miezekatze ist gekommen!«
    Wie auf Kommando sprang ein riesiges goldbraunes Tier in den Raum. Den Mann, der bei der Tür Wache stand, fegte es weg wie einen Holzkegel. Er kam nicht einmal mehr dazu, einen Schrei auszustoßen, bevor er in hohem Bogen über die Veranda flog und bewußtlos auf dem von Fichtennadeln übersäten Boden der Lichtung liegen blieb.
    Bill riß das Gewehr vom Tisch, als seine Tochter aufschrie, und wandte sich, die Waffe schon im Anschlag, der Tür zu. Der Schuß krachte, als das Tier in großem Sprung durch die Öffnung sauste, doch er schlug in die Wand ein. Das Tier war unglaublich schnell, drei- oder viermal schneller als ein menschlicher Reflex. Mit geschmeidiger Anmut schlug die Bärenkatze wie ein Löwe in vollem Lauf zu. Eine große Pranke fuhr blitzartig durch die Luft und traf mit solcher Wucht, daß der rechte Arm des Mannes und der Kolben des Gewehrs gleichzeitig krachend splitterten. Bill riß es den Kopf auf die Seite, als er mit dumpfem Aufprall gegen die Wand flog. Eines der Stockbetten polterte mit Getöse auf ihn herab. Schon im nächsten Augenblick stand das mächtige Tier knurrend über dem Berg von Bettzeug und wühlte mit fliegenden Pranken nach dem Gesicht des Mannes.
    Mina stürzte durch den Raum zu dem großen lohfarbenen Tier hin und begann, auf seinen Rücken einzuschlagen, während ihre Mutter, sprachlos und wie betäubt vor Entsetzen, noch immer am Tisch saß, das Gesicht in einem Ausdruck erstarrt, der den nahenden Wahnsinn anzukündigen schien.
    »Mach ihn nicht tot, große Miezekatze«, schrie Mina, während sie mit beiden Fäusten auf den großen, goldenen Kopf des Tiers trommelte. »Er ist böse, aber er ist mein Papa, und du sollst ihn jetzt nicht totmachen.«
    Das Tier richtete große grüne Augen auf das kleine Mädchen, und ließ von dem wirren Haufen zerfetzter Decken und gesplitterter Bretter ab, unter denen der Mann begraben lag. Es schien zu sprechen.
    Dieser Mensch ist mein Feind, Mina. Zweimal hat er mich beinahe vernichtet. Ich muß ihn jetzt töten.
    »Aber er ist mein früherer Papa, und du darfst ihn nicht totmachen«, entgegnete Mina, dem Tier so nahe, daß ihr Gesicht beinahe das Raubtiergesicht mit den scharfen Zähnen berührte.
    Er ist mein Feind, schien das Tier zu sagen. Dann aber sagte es Also gut, Mina, meine Freundin, und wandte sich ab, nur um dem Mann namens Tom ins Auge zu blicken, der unter der Tür stand und sein Gewehr an die Schulter hob.
    Blitzschnell tauchte das Tier seitlich weg. Der Mann mußte in der Drehung schießen. Doch die Kugel bohrte sich in den Boden, und ehe er ein zweites Mal abdrücken konnte, hatte ihm das Tier schon mit wütender Pranke die Waffe aus der Hand geschlagen. Sie schlitterte über den Boden in die andere Ecke des Raumes. Der Mann, dem die Wucht des Schlags den Hut vom Kopf gerissen hatte, versuchte, sich in eine andere Ecke zu retten. Sein Gesicht war aschfahl, als er an dem Jagdmesser riß, das in einer Scheide an seinem Gürtel hing. Fauchend und knurrend bedrohte ihn das mächtige goldbraune Tier.
    »Das ist der Mann, der unser Eichhörnchen erschossen hat«, rief das kleine Mädchen, das wie ein Zirkusdirektor in der Mitte des Raumes stand. »Den kannst du fressen, große Miezekatze. Der ist böse.«
    Das Tier stieß ein leises, drohendes Knurren aus, und der Mann ließ das Messer fallen, während er mit entsetzt aufgerissenem Mund an der Wand entlangglitt. Mit zwei behenden Schritten näherte sich das Tier dem Mann, der jetzt vor dem Fenster stand, die Arme vor sich ausgestreckt, als wollte er mit zitternden Fingern eine Flutwelle abwehren. Das Tier machte einen Scheinangriff, und der Mann wirbelte herum und stürzte sich durch das Fenster. Glasscherben prasselten auf ihn nieder, als er draußen zu Boden fiel. Danach hörten sie ihn durch die Dunkelheit davonhetzen. Laut schreiend rannte er in die Nacht hinein, bis er voll gegen einen Baum prallte und verstummte.
    Draußen brüllte jemand: »Es ist da drinnen!« Und gleich darauf schlugen Gewehrkugeln in die Holzwände ein. Das Tier wandte sich zu Renee um und sagte, Blas die Lampe aus und versteckt euch draußen bei den Autos. Ich finde euch schon.
    Renee blieb reglos sitzen, bis Mina zu ihr hinrannte und sie so hart ans Schienbein trat, daß sie aufsprang, die Lampe packte und sie ausblies. Aus der Dunkelheit draußen vor der Hütte hörte sie einen Schrei und dann das Krachen splitternden Holzes, als jemand durch das Geländer der Veranda

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