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Werwelt 02 - Der Gefangene

Werwelt 02 - Der Gefangene

Titel: Werwelt 02 - Der Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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huscht über meinen Kopf über die Stämme der Bäume. Nein, diese Männer sind nicht von der Polizei. Und plötzlich fange ich den Geruch auf. Es ist Bill, der da mit einem Haufen anderer Männer in diesem Auto sitzt. Sie sind es! Die Suche ist vorüber. Meine Nackenhaare sträuben sich, und mein ganzer Körper ist augenblicklich gespannt, als ich mich erhebe und am Waldrand entlang dem langsam fahrenden Auto hinterher trotte, dessen Insassen mit ihren grellen Lampen und ihrem lauten Geschrei die Stille der Wildnis stören. Sie suchen noch immer, fürchten sich aber, in der Finsternis auf ihr Opfer Jagd zu machen. Ich höre deutlich ihre Stimmen.
    »Er ist tot, sag’ ich dir. Ich hab’ ihn doch umfallen sehen, als ich geschossen hab’.«
    »Aber wir haben keine Leiche gefunden, und ich kenne dieses Judenbürschchen. Der Kerl hat sieben Leben, genau wie eine Katze«, behauptet Bills Stimme.
    »Also mich kriegst du nicht da raus in den Wald.«
    »Außerdem hat er bestimmt eine Waffe«, meint einer der Männer und spuckt einen Speichelstrahl in die Dunkelheit.
    »Gottverdammich, was seid ihr eigentlich für Feiglinge«, schimpft Bill.
    »He, he, Bill, spar dir das gefälligst.«
    »Du hast ja keine Ahnung, wie das nachts da draußen im Wald ist. Der braucht sich nur irgendwo versteckt zu haben, dann kann er uns einen nach dem anderen abknallen.«
    »Wir haben doch Lampen. Wir könnten –«
    »Halt endlich die Schnauze, du beschissener Yankee, sonst mach’ ich Kleinholz aus dir.«
    Das bringt Bill eine Zeitlang zum Schweigen.
    »Mit Mord will ich sowieso nichts zu tun haben«, erklärt eine letzte Stimme, ehe das Auto Geschwindigkeit zulegt, und ihre Stimmen im Heulen des Motors untergehen.
    Jetzt erst wage ich mich aus dem Schutz der Bäume heraus und folge ihnen in leichtem Galopp auf dem grasüberwucherten Mittelstreifen des Ziehwegs. Ich habe keine Mühe, ihnen auf der Spur zu bleiben, doch ich lasse das kleine rote Auge des Rücklichts so weit weg, daß keiner von ihnen mich sehen kann, falls er sich umdrehen sollte. Nicht, daß einer von ihnen so scharfe Augen hätte, doch jetzt geht der Mond auf und wirft lange kalte Schatten.
    Plötzlich verschwindet das Rücklicht. Ich laufe schneller, erfasse den Wagen mit meinem Raumsinn, als er holpernd nach links abbiegt und schwankend unter Bäumen hindurchfährt. Wieder langsamer werdend trabe ich gemächlich quer durch den Wald, um meinen Weg abzukürzen. Sehr langsam fahren sie zwischen den Bäumen hindurch, und im Strahl ihrer Scheinwerfer wirkt der Wald künstlich, wie eine Bühnenkulisse. Dank der Abkürzung, die ich genommen habe, bin ich ihnen bald wieder sehr nahe, und jetzt nehme ich auch schon die Hütte wahr, die vor mir auf einer Lichtung steht. Das Auto hält hinter einigen anderen Fahrzeugen an, und die Männer steigen aus. Sie streiten noch immer und fuchteln mit ihren Gewehren wild in der Luft herum. Sie steigen zur Veranda der Holzhütte hinauf, und ein Wachtposten, der dort sitzt, steht auf und grüßt sie. Wieviele sind es, frage ich mich, und sind drinnen in der Hütte noch mehr?
    »Na, wart ihr beim Fröschefangen?« fragt der Posten auf der Veranda.
    »Nee, wir haben Judenschweine gejagt«, versetzt ein anderer, während er mit schwerem Schritt über die Veranda stampft.
    »Ich brauch’ jetzt dringend was zu trinken«, erklärt wieder ein anderer.
    »Lauter Waschlappen«, sagt Bills Stimme.
    Ein grollendes Knurren steigt in meiner Kehle auf. Fast könnte ich alle Vorsicht in den Wind schlagen und augenblicklich dort hinaufstürzen, um ihn mit einem Prankenschlag niederzumachen und ihm das Genick zu brechen und dann wieder in der Dunkelheit zu verschwinden, ehe die anderen überhaupt wüßten, wie ihnen geschieht. Aber Renee und Mina! Sie kommen zuerst. Mir ist seltsam zumute, als ich diesen Entschluß treffe; als wären Barry und ich zusammengeschweißt, daß ich die Sicherheit dieser beiden Menschenwesen meinem eigenen überaus starken Bedürfnis voranstelle. Doch ich weiß, daß es die tiefen Gefühle sind, die ich dem kleinen Mädchen entgegenbringe, die mich vorsichtig machen. Sie darf keinen Schaden erleiden. Sie ist meine Freundin.
    »Also, ich geh’ jetzt rüber in die große Hütte. Da ist vielleicht mehr los.« Eine zweite Stimme pflichtet bei, und zwei der zurückgekehrten Männer trotten von der Hütte weg, den Hang hinunter. Da unten sind also noch mehr? Ich schlage einen Bogen um die Hütte und halte die davongehenden Männer mit

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