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Werwelt 02 - Der Gefangene

Werwelt 02 - Der Gefangene

Titel: Werwelt 02 - Der Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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zu berühren, den Schwung ihrer Lippen mit zartem Finger nachzuziehen, die Konturen ihres Gesichts und ihres Halses nachzuzeichnen, als malte er sie. Bei dem Versuch, das Gespräch wieder in Gang zu bringen, klang seine Stimme verändert, die Worte schienen aus einem tiefen Gefühl emporzusteigen.
    »Mir ist, als hätte ich Sie schon früher gekannt, Renee«, sagte er. Sein Ton mußte ihn verraten haben, denn als sie die dunkelbewimperten Lider hob, um ihn anzusehen, lächelte sie schwach.
    »Sie sind heute Abend in unser Haus gekommen«, erwiderte sie leise, »und ich hatte nie zuvor von Ihnen gehört. Aber ja, es scheint wirklich so.« Sie seufzte und schloß die Augen. »Und da sitzen wir nun, mitten in der Nacht hier auf diesem Sofa, und mein Mann ist wieder einmal sinnlos betrunken.«
    Langsam hob er den Arm und legte seine Hand auf die ihre, die sich öffnete, die seine aufzunehmen und mit warmem Druck festzuhalten. Später schien ihm, daß sie sich beide zur gleichen Zeit nach vorn gebeugt hatten, und daß er sie überraschte, denn anstatt ihren Lippen entgegenzukommen, tat er das, was er sich schon den ganzen Abend gewünscht hatte. Mit sehr leichtem Finger zeichnete er die Kontur ihrer Wange nach, mit etwas mehr Druck die Linie ihrer Lippen, drückte dann seine Hand an ihre andere Wange und schob seine Finger in ihr Haar. Sie zitterten beide, als sie sich einander sehr langsam zuneigten, und ihre Lippen sich trafen. Ganz zart zunächst, als wollten sie voneinander kosten, während sich ihre Sinne unter dem Feuer der Leidenschaft erschlossen, berührten sie einander mit den Lippen. Dann öffnete sie die ihren ein wenig, und er fühlte ihren Atem und küßte sie drängender, während sein Arm zu ihrem Arm herunterglitt. Glatt und geschmeidig wie warmes Wasser lag der Satin unter seiner Hand, die zu ihrem Hals hinaufwanderte, dessen weiße Haut weicher und erregender war als der Satin, dann zu ihrer Brust, als sie näher an ihn heranrückte und er um ihre Taille griff und sie an sich zog und sie sich von neuem küßten.
    Während ich in das inzwischen vertraute Pulsen des Blutes aufsteige, verspüre ich gleichzeitig eine bis dahin ungekannte Zurückhaltung, ein Gefühl, das mein Emportauchen an die Bewußtseinsoberfläche verzögert. Die menschliche Persönlichkeit ist viel stärker als die des Tieres, derer ich mich bisher bedient habe. Ja, denn dies ist nicht ein einseitiges sich Bedienen, vielmehr ist es ein Teil; die rasche aufflammende Lust und rasch vollzogene Befriedigung des Tieres scheinen blaß im Vergleich zu dem, was jetzt an differenzierten Gefühlen und Empfindungen heranwächst, während der Mann und die Frau einander berühren und sich mit unsinnigen Worten liebkosen. Bilder ziehen durch meinen Geist, während Barry auf die Berührung der Frau reagiert, die sich an ihn schmiegt, ihre Lippen auf die seinen drückt, um ihn am sprechen zu hindern, die sich auf dem harten Sofa ausstreckt, so daß ihrer beider Körper einander umschlingen können, so daß ihre Hitze sich mit der seinen mischen kann. Doch er ist stark in seinem Begehren, stärker als ich das von einem durch mich übernommenen Menschenwesen erwartet hätte, und ich gebe meinen Anspruch auf, als seine Persönlichkeit die meine überschwemmt. Ich kann auch genießen, ohne meine Macht auszuüben. Ich tauche unter und warte.
    Irgendwo, weit zurück in der Realität, war ihr Mann, dachte Barry, der vielleicht gar nicht sinnlos betrunken war, sondern nur auf eine Entwicklung dieser Art gewartet hatte. Er spürte, daß er sich nicht ganz hingeben konnte. Wenn plötzlich ein blindwütiger Ehemann mit einem Messer oder einem Gewehr in den Händen erschien, dann durfte der Verführer nicht völlig hilflos sein. Die Angst wollte ihn nicht verlassen, so daß ein Teil von ihm abgespalten war, obwohl er gänzlich im Bann dieser leidenschaftlichen Frau hätte sein müssen, die er begehrte, seit er sie zum ersten Mal gesehen hatte. Ihre Brüste lagen an seiner nackten Brust, und ihre Finger streichelten seinen Rücken, während sie eng aneinandergedrängt auf diesem häßlichen, unbequemen, modernen Sofa lagen. Er konnte den Gedanken nicht aushalten, daß es nicht gänzlich vollkommen sein sollte.
    »Wo ist er?«
    »Sinnlos betrunken, ich weiß es.«
    »Wenigstens«, begann er, doch sie unterbrach ihn, indem sie wieder ihren Mund auf den seinen drückte. Er spürte, daß ihre Hände sehr leidenschaftlich und klug seinen Körper liebkosten, so daß

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