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Werwelt 03 - Der Nachkomme

Werwelt 03 - Der Nachkomme

Titel: Werwelt 03 - Der Nachkomme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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an seine Anweisungen hältst. Er hat gesagt, Du hättest überhaupt gar nicht erst nach Boston fahren sollen, es wäre ein Ze i chen, daß der Geist angegriffen ist, wenn man anfängt, an Wunder zu glauben. Er sagte, Dir könnte nur die medizin i sche Wissenschaft helfen, und wenn Du nicht unverzüglich nach Hause kommst, dann bist Du spätestens in einem M o nat tot. Ach, George, bitte bitte tu doch, was der Arzt sagt. Du weißt doch, daß du ernstlich krank bist. Das sind keine Masern oder so was. Du machst es bestimmt nur noch schlimmer, wenn Du Dich von irgendeinem Kurpfuscher behandeln läßt, den wir nicht einmal kennen.
    Bitte George! Siehst Du, jetzt muß ich wieder weinen, und ich wollte doch nicht weinen. George, Du bist so rüc k sicht s los mir gegenüber, daß ich es gar nicht glauben kann. De i ne Mutter hat mir früher oft gesagt, du wärst immer schon selbstsüchtig gewesen, und jetzt bist Du ’ s wieder, obwohl Du doch so krank bist und viel vorsichtiger sein müßtest. Du weißt doch, wie sehr ich mich um Dich sorge, und was soll Kneipes Juweliergeschäft denn ohne dich a n fangen? Sie haben gestern wieder angerufen, ich glaube, es war Mr. Kneipe selbst, und ich hab ’ ihnen gesagt, Du wärst so krank, daß Du nach Boston gefahren bist, um einen Sp e zi a listen aufzusuchen. Bitte George, komm nach Hause.
    Deine Dich liebende Frau,
    Mary Louise Beaumont. ‹
    In dem kleinen Raum war es immer kühl und klamm, ganz gleich, wie lange er den Heizkörper laufen ließ, den er g e kauft hatte, um es wärmer zu haben. Die Mörtelwände u n ter den verblichenen Tapeten troffen von Feuchtigkeit, und immer spürte er vom Fenster her einen kühlen Zug. Dra u ßen taumelten ein paar Schneeflocken am Glas vorbei, und manchmal sah er einen Vogel, der vom Wind getragen la n deinwärts segelte.
    Er hockte in der Mitte des aus Stoffresten gehäkelten Teppichs, dem einzigen Luxusgegenstand in diesem Raum, und blickte nach Osten, wie ihm befohlen war. Er saß mit gekreuzten Beinen, wie die Indianer das zu tun pflegten, die Arme locker, die Hände aufwärts gewandt auf den Knien. Er atmete langsam ein, spürte die Luft in der Tiefe hinter seinem Magen, wie sie sich langsam anstaute, einer klaren, blauen Himmelssäule in seinem Inneren ähnlich. Reinheit im Inneren, dachte er, während er fortfuhr, Luft einzusaugen, bis er spürte, wie sein Brustkorb sich nach allen Seiten dehnte und die Luft ihn ganz anfüllte. Bis zwölf zählen, dann bei angehaltenem Atem nochmals bis zwölf zählen, dann ganz langsam ausatmen, dabei wied e rum bis zwölf zählen. Denk an die Mitte deines Körpers, hatte das Tier gesagt. Denk an das blühende Zentrum des Lebens in der Mitte deines Körpers. Bo bemühte sich, all sein Denken und Fühlen auf diese Mitte zu konzentrieren, sich in Höhe seines Nabels ein glühendes Feuer vorzuste l len. Manchmal, wenn er starke Schmerzen hatte, fiel es ihm nicht schwer, sich vorzustellen, da brenne ein Feuer.
    Als er fertig war und sich zur Entspannung eine Weile niedergelegt hatte, kam er wacklig auf die Beine und hoc k te sich auf das durchhängende Bett. Es knarrte und schwankte unter ihm wie eine Hängematte. O Gott, wenn überhaupt, dann fühlte er sich noch schlechter.
    Der Schmerz war jetzt immer da, und sein Durst war oft so heftig, daß er zwei Liter Wasser oder mehr auf einen Sitz trank. Er nahm dann eine Milchflasche und füllte sie wieder und wieder, bis sein Magen so aufgebläht war, daß er das Gefühl hatte, er müßte platzen. Den Bauch voll Wasser, pflegte er in dem kleinen Raum umherzuwandern, von der Tür zum Fenster und wieder zurück, während er sich bemühte, die Formeln vor sich hinzusagen, die das Tier ihm aufgegeben hatte; während er sich bemühte, sie als wahr anzusehen, so wie das Tier es ihm befohlen hatte. Es hörte sich an wie dieses Zeug von Coue. Und Coue war tot.
    Er sagte die Worte laut vor sich hin, versuchte, klar und deutlich zu sprechen, sie mit seinem Körper zu erspüren.
    »Dies ist mein Körper. Dies bin ich selbst. Ich möchte gesund sein. Die Liebe ist mein Heiler. Die Liebe ist die Kraft meines Geistes. Ich liebe mein Leben.«
    Er sagte die Worte immer wieder, so oft wie das Tier es ihm befohlen hatte, dann hielt er inne, keuchend von der Anstrengung, die wenigen Worte mit Kraft und mit dem richtigen Nachdruck auszusprechen. Flüchtig spürte er Tränen hinter den Augen, als der Schmerz wieder in sein Bewußtsein emporstieg. Es würde nichts nützen. Er

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