Werwolf-Hölle
Gedanken darüber gemacht und sicherlich mit Ihnen gesprochen«, sagte Suko.
»Das schon.«
»Was kam dabei heraus?«
»Sie wußte nichts.« Er schüttelte heftig den Kopf. »Aber ich habe es auch einmal gehört, und ich bin der Meinung, daß es durchaus Wölfe gewesen sein können.«
»Womit wir wieder beim Thema wären«, sagte der Bürgermeister. Er sah aus, als wollte er sich die Haare raufen. »Schon wieder Wölfe. Ich habe hier noch keine gesehen. Überhaupt, es gibt Wölfe nur auf dem östlichen Festland. In Polen, Tschechien oder Rumänien. Das zumindest habe ich mal gelesen.«
»Stimmt auch«, sagte ich.
Der kleine Mann nickte. »Hier gibt es sie im Zoo. Vielleicht sind sie ausgebrochen. Oder die Zirkusleute haben sie zurückgelassen.« Als er den Satz aussprach, bekam er eine Gänsehaut. »Verflucht, wenn das stimmt, können wir uns warm anziehen.«
»Setz hier keine Gerüchte in die Welt, Manfred!« wies Raleigh ihn zurecht.
»Es bleibt ja unter uns.«
»Hoffentlich.«
Ich schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, um wieder Aufmerksamkeit zu erlangen. »Jetzt bleibt mir nur noch eine Bitte. Wir möchten gern den Weg zu Winter’s Castle erklärt haben.«
»Das ist nicht einfach«, sagte Raleigh.
»Warum nicht?«
»Sie sind mit einem Auto gekommen, nicht?«
»Sind wir.«
»Der Weg ist ziemlich schlecht. Sie müssen einen Hügel hoch. Auch die Leute vom Zirkus hatten immer Schwierigkeiten. Ich habe gehört, daß Teile zugewachsen sind.«
»Dann gehen wir den Rest zu Fuß, wenn wir nicht hochkommen«, sagte Suko.
»Das ist Ihr Problem.« Der Bürgermeister stand auf, um zur Tür zu gehen. »Kommen Sie mit.«
Ich zahlte an der Theke schon mal für unsere beiden Getränke. Vor der Tür ließen wir uns den Weg erklären. Er war im Prinzip ganz einfach. Wir durften nur die Abfahrt nicht verpassen.
»Danke.« Ich lächelte den Mann an. »Dann ist ja alles klar.«
Ernest Raleigh trat dicht an mich heran. »Wollen Sie mir nicht verraten, was Sie dort oben suchen? Es ist verdammt dunstig, keine gute Zeit, um einen Schatz zu finden.«
»Darauf sind wir auch nicht aus. Wir werden es Ihnen sagen, wenn wir zurückgekehrt sind.«
»Viel Zeit haben Sie allerdings nicht. Es wird bald dunkel.«
»Das ist uns klar. Deshalb werden wir jetzt auch losfahren. Herzlichen Dank für Ihre Hilfe.«
»Ja, ja«, murmelte der Mann. Er schaute uns nach, als wir auf unseren Wagen zugingen.
Suko ließ es sich nicht nehmen, auch den Rest der Strecke zu fahren. »Was meinst du?« fragte er. »Haben wir Glück oder Pech?«
»Wenn du mit Glück meinst, daß wir die Werwölfe finden, dann haben wir es.«
***
Der Weg war wirklich nicht besonders gut. Nachdem wir die normale Straße verlassen hatten und nach rechts abgebogen waren, endete die Teerdecke, und so holperten wir über den unbefestigten Weg dem Ziel entgegen.
Auf unserer Fahrt nach Tidebrock hatten wir bisher nicht viel mit dem Wald zu tun bekommen. Hier änderte sich dies. Laublose Bäume und graubraun wirkende Büsche rückten bis dicht an den Weg heran. Niemand hatte sie gestutzt, und so schlugen des öfteren Äste und Zweige gegen die Karosserie oder rutschten über die Windschutzscheibe hinweg.
Dunst hing zwischen den Bäumen. Er hatte sich auch auf dem Boden ausgebreitet und kroch aus dem Unterholz hervor.
Wir fuhren mit Licht. Aus den Scheinwerfern waren durch den Dunst faserige Augen geworden, deren Licht sich in einem breiten Streifen verteilte. Die unzähligen kleinen Tropfen brachen es. So sah unser Wagen aus, als würde er eine helle Wolke vor sich herschieben.
Bei unserer Fahrt verging Zeit, und mit ihr kroch die Dämmerung über das Land hinweg.
Es dunkelte, und es kam mir rascher vor als gewöhnlich. Die ersten Schatten fielen bereits in den Wald hinein und verfinsterten die Umgebung mehr und mehr. Wenn man von Licht sprechen konnte, dann war es nicht mehr als ein Zwielicht, durch das wir immer höher fuhren.
Suko, der bisher sehr ruhig geblieben war, verlor seine Ruhe. »Allmählich müßten wir doch da sein! Verdammt, welche Strapazen haben die Zirkusleute nur auf sich genommen.«
»Wenn sie keinen anderen Platz gefunden haben.«
»Stimmt auch wieder.«
Wir kamen uns vor wie in einem schmalen Canyon. Zu beiden Seiten des Weges wuchsen die Teile einer Böschung hoch. Sie war mit Gras, Büschen und auch niedrigen Hölzern bewachsen, von denen es auf unser Dach tropfte.
Bis wir den Schlag hörten.
Auch der hatte unser Dach
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