Werwolf-Hölle
Wir hätten in diesem neuen Jahr sogar mit dem Insel-Geschäft begonnen. Es gibt immer mehr Kunden, die sich für den Kauf von Inseln interessieren. Da ist wirklich noch eine Menge zu machen. Aber jetzt...«
»Haben Sie einen neuen Job?« fragte ich.
»Nein, noch nicht. Ich mache mir keine Sorgen. Ich kenne genügend Menschen, die mir weiterhelfen können. Zwar bin ich nicht mehr die Jüngste, aber ich bringe schon eine gute Erfahrung im Geschäftsleben mit.«
»Sie werden bestimmt nicht lange arbeitslos sein«, versprach ich ihr.
»Hoffentlich.«
Unser Besuch war damit beendet. Wir erhoben uns, und Denise Brown ging noch mit bis zum Aufzug. Bevor wir einstiegen, legte sie Suko eine Hand auf die Schulter. »Bitte, Inspektor, versuchen Sie alles, was in Ihren Kräften steht, um den Fall aufzuklären. Mr. Freeman wird zwar nicht mehr zurückkehren, aber ich möchte doch, daß jemand für dieses Verbrechen sühnt.«
»Ich verspreche Ihnen, daß wir uns einsetzen.«
»Danke.«
Jetzt schimmerten Tränen in ihren Augen, und sie wandte sich schnell ab. Die Tür hatte sich bereits geöffnet, so daß wir einsteigen konnten. Auf der Fahrt nach unten schauten wir uns an, sprachen aber erst wieder in der Halle.
»Was meinst du, John, hat Mrs. Brown etwas mit dem Fall zu tun?«
»Auf keinen Fall. Wir haben sie nicht als Schauspielerin erlebt. Da bin ich mir sicher.«
»Meine ich auch.«
»Wie heißt der Ort noch?«
»Tidebrock«, antwortete Suko.
»Nie gehört.«
»Ich auch nicht, John. Aber wir werden ihn kennenlernen. Und zwar heute noch...«
***
Es war keine Fahrt gewesen, die uns Spaß gemacht hatte. Es lag nicht nur am Wetter, das bestimmt nicht zum Januar paßte, denn es gab keinen Frost und auch keinen Schnee. Dafür tiefhängende Wolken, aus denen Nieselregen sickerte, der sich als feiner Schmierfilm auf die Scheiben legte und das gesamte Land mit einem Grauschleier überdeckte.
Wir hatten gelost, und so war Suko die Aufgabe zugefallen, den Rover zu fahren.
Zum Yard Building waren wir nicht mehr zurückgekehrt. Ich klärte die noch offenen Fragen per Handy mit unserem Chef, Sir James, ab. Eine so müde Stimme hatte ich bei ihm selten erlebt. Es wurde Zeit, daß er sich ins Bett legte und mal einige Tage ausspannte. Wie so oft überließ er uns die Entscheidungen und war froh, daß er selbst nicht aktiv werden mußte.
Auf dem Land sah es nicht besser aus. Im Gegenteil, wir hatten das Gefühl, daß die Wolken noch tiefer lagen und sogar die Kuppen der Hügel verschluckt hatten. Die Autos fuhren mit Licht, wobei die Strahlen sich in den Dunstschleiern verfingen, die über den Boden krochen.
Ich hatte auf der Karte nachgeschaut und dirigierte Suko. Über die A22 führte der Weg in Richtung Süden und dann weiter nach Westen in eine im Sommer schöne Landschaft hinein, doch jetzt rollten wir der dunstigen Einsamkeit entgegen.
Es war klar, daß diese Ruine für die Werwölfe ein ideales Versteck sein konnte. Der Plan war raffiniert in die Tat umgesetzt worden. Tony Hogan, Morgana’s Vasall, hatte sich an Freeman herangemacht und ihn nach dem Kauf als Zeugen beseitigt.
Unterwegs mußten wir tanken. Danach ging die Fahrt weiter. Ich hatte etwas zu essen besorgt. Zwei noch frische Sandwiches, die mit Putenfleisch und einer dünnen Mayonnaise-Schicht belegt und beschmiert waren.
Dazu tranken wir Cola. Kein tolles Essen, aber es sättigte. Ich kümmerte mich danach wieder um den Weg und war zufrieden, daß wir schon eine recht große Strecke hinter uns gebracht hatten. Wenn alles gut lief, würden wir noch vor Einbruch der Dunkelheit unser Ziel erreicht haben, was sehr wichtig war.
»Nimmst du Wetten an?« fragte Suko nach einer Weile.
»Worauf?«
»Daß wir sie in der Ruine finden!«
»Davon bin ich überzeugt.«
»Und wen finden wir?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Zumindest unseren Freund Hogan. Es kann auch sein, daß er nicht allein ist und sich irgendwelche Beschützer oder Artgenossen besorgt hat.«
»Das befürchte ich eher. Zudem dürfen wir die Layton und auch Fenris nicht vergessen.«
Ich pflichtete ihm durch mein Nicken bei. Wir hatten auch nicht vor, so ganz blauäugig zur Ruine zu fahren. Wenn der Ort Tidebrock in der Nähe lag, gab es dort vielleicht jemand, der mehr über den Ort wußte.
Nach Tidebrock führte eine Landstraße. Sie war recht schmal und wand sich wie eine Schlange durch die Hügellandschaft. Hier gab es auch zahlreiche Campingplätze und kleine Seen. Zudem viel
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