Werwolf-Hölle
schabten.
Ein Gigant kämpfte. Aber er kämpfte nicht gegen sein Schicksal an, weil er als Mensch nicht die Stärke besaß, den Fluch zu besiegen.
Kein schrilles Heulen. Keine Schreie, nur das dumpfe und schwere Keuchen begleitete die Verwandlung vom Mensch in die Bestie. Das Fell wuchs noch weiter. Es bedeckte auch das Gesicht, in dem eigentlich nur noch die Augen normal aussahen. Alles andere war zu einer widerlichen Schnauze geworden. Allerdings hatten die Augen auch ihren menschlichen Ausdruck verloren, sie sahen jetzt aus wie gelb eingefärbtes Glas und befanden sich in ständiger Bewegung.
Suko hatte die Waffe nicht weggesteckt. Wenn es wirklich hart auf hart kam, mußte er schießen. Auch wenn er es dann mit den sechs Wölfen zu tun bekam.
Aus der liegenden Haltung heraus sprang Tony Hogan als Werwolf in die Höhe.
Er schüttelte sich.
Wieder flog Geifer durch die Luft. Suko zog den Kopf ein, um nicht getroffen zu werden. Aus der Kehle drangen unartikulierte Geräusche, wie sie kein Mensch ausstoßen konnte. Hier hatte der normale Mensch wieder einmal dem Fluch Tribut zollen müssen.
Hogan drehte sich – und stoppte mitten in der Bewegung.
Jetzt starrte er Suko an.
Der Inspektor blieb cool bis in die Zehenspitzen. Er hatte sich darauf einstellen können. Er wußte, daß Hogan nicht mehr in der Lage war, normal zu reden, aber die Gebärdensprache würde er schon begreifen.
Suko zeigte ihm, daß er nicht alles mit sich würde machen lassen wollen. Er hob die Waffe an und zielte auf das »neue Gesicht« des ehemaligen Menschen.
Es hockte kein Wölf mehr auf dem Boden. Die Tiere hatten sich aufgerichtet und standen auf den vier Pfoten. Ihre Blicke galten Suko und ihrem Herrn und Meister. Sie schienen zu wissen, daß es jetzt einzig und allein auf sie ankam. Wenn sich der Wolf das Opfer holen wollte, würden sie ihm den Rücken decken.
Das Hecheln der Tiere und das harte Keuchen des Werwolfs bildeten die Geräuschkulisse. Ein Zurück würde Hogan nicht mehr kennen. Das sah Suko ganz gelassen. Er wußte nur nicht, ob Hogan ihn verstand, wenn er redete. Einen Versuch war es immer wert.
»Egal, ob du mich normal hören kannst«, sagte er, »aber du wirst hier nicht überleben, wenn du versuchst, mich anzugreifen. Meine Waffe ist mit geweihten Silberkugeln geladen, und wie geweihtes Silber auf Bestien wie dich wirkt, muß ich dir wohl nicht sagen. Mich wirst du nicht bekommen...«
Er hatte sich eine Reaktion seines Feindes gewünscht, doch da hatte er Pech. Der Werwolf reagierte nicht. Zumindest nicht auf ihn. Warum er plötzlich zuerst den Kopf und dann den Körper drehte, wurde Suko nicht ganz klar, doch das neue Ziel war die offene Tür, und sie war plötzlich auch interessant für die Wölfe geworden.
Er hätte Hogan eine geweihte Silberkugel in den fellbedeckten Rücken schießen können. Er tat es nicht. Suko wußte, daß dieses gefährliche und dämonische Spiel noch nicht beendet war. Wenn er es richtig sah, dann waren er und sein Freund John als Störenfriede hier oben in der Ruine erschienen. Den Werwölfen ging es um etwas ganz anderes. Sie wollten wieder einmal einen Machtkampf mit ihren Erzfeinden, den Vampiren, austragen.
Den Grund für die Veränderung hatte Suko noch nicht gesehen. Auch sein Freund John Sinclair war nicht an der Tür erschienen. Etwas anderes ließ die Wölfe aufjaulen.
Zwei von ihnen glitten durch den offenen Eingang nach draußen. Sie hatten bereits etwas gesehen.
Und dann sah Suko es auch. Zum Glück hatte er sich auf den Ausgang konzentriert. So fiel ihm der Schatten auf, der dicht über den Boden hinweg segelte und der dunkler war als die Umgebung.
Beim ersten Hinsehen dachte Suko an einen Vogel. Er irrte sich. Es war kein Tier mit ausgebreiteten Schwingen. Was da in Schulterhöhe über den Boden flog, war eine von Mallmann’s Leibwächtern und Verbündeten, eine große Fledermaus.
Sie wollte vorbei, aber sie schaffte es nicht, denn die beiden Wölfe sprangen sie an...
***
Ich hatte meine Überraschung sehr schnell überwunden. Auch weil ich wohl vom Unterbewußtsein her mit diesem Anblick gerechnet hatte. Ich war schon auf den Kampf zwischen den Werwölfen und den Vampiren hingewiesen worden, und hier hielt sich eben die andere Seite auf.
Es mußte nicht Dracula II selbst sein. In seiner Vampirwelt hatte er seine blutleeren Getreuen um sich versammelt, die auf zwei Ebenen existieren konnten.
Als Fledermäuse auf der einen und auch blutsuchende und bleiche
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