Wes - Wächter der Nacht
solange du …“
„Hör mal“, unterbrach er sie. „Ich interessiere mich wirklich nicht für diesen Quatsch. Ich lege mich jetzt hin und schlafe ein bisschen. Wenn du dich dazulegen möchtest – fein. Wenn nicht – auch gut.“
Sie stellte sich ihm in den Weg. „Du sagtest, dass du heute Angst hattest. Wovor hattest du Angst, Wes?“
Er antwortete nicht.
Er brauchte nicht zu antworten – sie wusste es auch so. „Du hattest Angst, ich hätte mehr abbekommen, als ich zugegeben hatte. Du hattest Angst, ich könnte schwer verletzt sein. Und? Was wäre dann gewesen?“
Wes schüttelte den Kopf. „Brittany, hör auf! Ich habe mich mehr als genug mit diesen Gedanken herumgequält. Es hat keinen Spaß gemacht.“
„Wenn ich schwer verletzt gewesen wäre“, fuhr sie fort, „wessen Schuld wäre das gewesen?“
Er fluchte.
„Meine eigene“, antwortete sie für ihn. „Es wäre meine Schuld gewesen, nicht deine. Ich bin auf der Treppe gestolpert …“
„Du sagtest, jemand habe dich geschubst.“
„Ja, richtig. Ich wurde geschubst. Es war also nicht alleinmeine eigene Schuld, aber deswegen ist es noch lange nicht deine.“
„Wenn ich bei dir gewesen wäre, hätte dir niemand nahe genug kommen können, um dich zu schubsen. Darauf kannst du dich verlassen.“
„Richtig“, stimmte sie zu. „Und wenn du in dem Sommer, in dem ich zweiundzwanzig wurde, bei mir gewesen wärst, hätte ich mich nie von meinem damaligen Schwarm und heutigen Exmann ins Kino ausführen lassen. Ist also das Fiasko meiner in die Binsen gegangenen Ehe auch deine Schuld?“
Finster schüttelte er den Kopf. „Das ist ganz was anderes.“
„Du warst auch nicht da, als diese Mistkerle auf den Präsidenten geschossen haben“, fuhr sie fort. „Ist es also deine Schuld, dass der Mann vom Secret Service dabei umkam?“
„Nein.“
„Und warum ist es dann deine Schuld, dass Ethan gestorben ist?“
Er schwieg, funkelte sie einfach nur an. „Du weißt einfach nicht, wann du die Klappe halten musst, oder?“, fragte er schließlich.
„Wes, warum gibst du dir die Schuld, dass Ethan gestorben ist?“
„Verdammt noch mal. Es ist nicht meine Schuld. Das willst du doch hören, oder?“
„Nein. Ich will, dass du das glaubst.“
„Na schön, ich glaube, dass es nicht meine Schuld war“, antwortete er grob. „Ich hätte ihn auch dann nicht retten können, wenn ich mit ihm in dem Wagen gesessen hätte. Ich bin kein Superheld. Ich bilde mir nicht ein, unverwundbarzu sein. Einige der Jungs der Alpha Squad halten sich für nahezu unsterblich, für absolut unbesiegbar. Aber hey, ausgerechnet ich? Ich bin das schwarze Schaf der Familie. Ich gehe so ziemlich jedem, dem ich begegne, binnen kürzester Zeit tierisch auf den Geist …“
„Mir nicht.“
„Ja.“ Seine Stimme brach. „Großer Gott, das begreife ich einfach nicht! Du bist eine der liebenswertesten Frauen, denen ich jemals begegnet bin, und egal, was ich tue oder sage – du magst mich immer noch. Ich begreife das einfach nicht.“
Jetzt standen ihm tatsächlich Tränen in den Augen. Brittany trat einen Schritt auf ihn zu und streckte die Hände nach ihm aus, aber er wich zurück.
„Süßer, das liegt daran, dass ich dich sehe, wie du wirklich bist“, erklärte sie. Nein, sie würde sich nicht abschrecken lassen. „Ich sehe einen wunderbaren, liebevollen, mitfühlenden, großzügigen, sehr starken und sehr intelligenten Mann, mit dem zusammen zu sein unglaublich viel Spaß macht. Ich sehe einen ganz besonderen …“
„Das war Ethan.“ Er wurde lauter. Sein Zorn half ihm dabei, die Tränen zu unterdrücken. „Ethan. Nicht ich. Er war der Besondere. Ich war derjenige, der immer die Grenzen missachtete. Das lästige Kind, das die Geduld all seiner Mitmenschen tagtäglich aufs Neue auf die Probe stellte. Der Unruhestifter, der Dachwanderer, der Risikofreudige, der Quälgeist. Ich hätte sterben sollen. Wenn einer von uns sterben musste, dann hätte das, Gott verdammt noch mal, ich sein sollen!“
Stille.
Brittany hegte den Verdacht, dass Wes sich selbst mit dieser Aussage mehr überrascht hatte als sie.
„Ich hätte sterben sollen“, flüsterte er noch einmal und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen, bevor Tränen laufen konnten. Bloß nicht weinen. „Es ist schon so viele Jahre her, und ich bin immer noch voller Wut darüber, dass nicht ich in diesem Auto gesessen habe, sondern Ethan.“
„Oh Liebling! Ich hingegen bin überglücklich, dass
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