Wes - Wächter der Nacht
Ist wirklich alles in Ordnung?“
„Bitte werfen Sie fünfunddreißig Cent ein für weitere drei Minuten“, unterbrach eine Computerstimme das Telefonat.
„Ich habe kein Kleingeld mehr“, sagte Brittany.
„Bin schon unterwegs.“ Wes beendete das Gespräch und wäre fast mit einem Mann zusammengestoßen, der vor der Stoßstange seines Autos stand. „Entschuldigung, ich habe Sie nicht gesehen.“
„Sie dürfen hier nicht parken“, sagte der Mann. Er wirkte ein wenig seltsam, als wäre er nicht ganz richtig im Kopf.
„Es war ein Notfall“, antwortete Wes und öffnete dieFahrertür. „Geh bitte zurück auf den Bürgersteig, Kumpel – ich möchte jetzt wegfahren, klar?“
Der Mann schlurfte von der Fahrbahn. „Ich bin nicht Ihr Kumpel“, sagte er. „Sie haben sie zum Weinen gebracht.“
Aaaah ja!
„Sie sollten sich besser von der Straße fernhalten“, sagte Wes, stieg in seinen Wagen und fuhr davon.
14. KAPITEL
A uf der Fahrt nach Hause schwieg Wes – außer dass er ein halbes Dutzend Mal nachfragte, ob es Brittany wirklich gut ging.
Schließlich wandte sie sich ihm zu. „Wesley, es geht mir gut! Mein Knöchel schmerzt ein wenig, ich habe mir eine Beule am Kopf geholt. Was soll ich denn noch sagen, damit du mir glaubst?“
Seine Kiefermuskeln spannten sich an. „Entschuldige.“
Er bog in seine Einfahrt ein und stieg aus, kam um den Wagen herum, öffnete ihr die Tür und schloss sie wieder, als sie ausgestiegen war. Dann folgte er ihr zu seiner Küchentür, schloss sie auf und schob sie für sie auf. Alles, ohne ein Wort zu sagen.
Er war aufs Äußerste angespannt.
Brittany wartete, bis er die Tür hinter ihnen geschlossen hatte. „Bist du sauer auf mich?“
„Nein.“
„Du benimmst dich aber so.“
Er schloss einen Moment die Augen. „Na schön. Vielleicht bin ich sauer. Vielleicht bin ich … Mein Gott, ich weiß nicht, was ich bin, Britt. Als ich dich nicht finden konnte, dachte ich …“ Er schüttelte den Kopf. „Ich hatte Todesangst. Und ich mag es überhaupt nicht, wenn ich Angst habe.“
Sie nickte. „Das verstehe ich. Geht mir ganz genauso. Es tut mir leid, dass ich dich nicht früher angerufen habe, aber …“
„Müssen wir jetzt unbedingt reden?“, unterbrach er sie. „Ich … möchte im Moment nicht reden. Einverstanden?“
„Vielleicht ist jetzt genau der richtige Moment, um zureden“, gab sie zurück. „Wenn du wirklich so aufgebracht bist, solltest du deine Gefühle rauslassen, statt alles in dich reinzufressen.“
„Danke. Nein, danke.“ Er nahm ein Glas aus dem Küchenschrank und füllte es mit Wasser. Seine Bewegungen wirkten ruckartig, abgehackt. „Weißt du, wir reden viel zu viel. Ich dachte, unsere Beziehung sollte auf Sex beruhen. Auf …“ Das Wort, das er benutzte, hätte sie zurückzucken lassen sollen. Er hatte es bewusst gewählt, damit sie zurückzuckte.
Aber Brittany durchschaute ihn. Sie wusste, was er tat oder vielmehr versuchte.
Sie verzog keine Miene. Er würde schon sehr viel schwerere Geschütze auffahren müssen, wenn er sie von sich stoßen wollte, nur weil seine Gefühle für sie ihm Angst machten.
„Du hast mich viel zu gern“, riet sie. Seine Reaktion ließ erkennen, dass sie ins Schwarze getroffen hatte. „Und die Erkenntnis, wie sehr du mich wirklich magst, hat dich ausflippen lassen, nicht wahr?“
Er gab einen Ton von sich, der irgendwo zwischen Lachen und Schmerzenslaut lag. „Ich habe keinen Platz für dich“, sagte er, verzog schmerzlich das Gesicht und fluchte leise. „Das klingt furchtbar, und es tut mir leid, Süße, aber ich …“
„Nein“, unterbrach sie ihn. „Nein, Wes, ich weiß, was du meint. Ich weiß, warum du das gesagt hast.“ Sie wusste es wirklich. Sie wusste ohne jeden Zweifel, dass er dabei an Ethan dachte. Er dachte an Verlust. Und daran, dass ihm der Schmerz eines Verlustes erspart blieb, wenn er nichts zu verlieren hatte. „Ich werde nicht sterben, Liebling. Ich bin nicht Ethan.“
„Na toll!“, brauste er auf. „Fang wieder mit Ethan an! Warum auch nicht? Suhlen wir uns doch gleich richtig im Elend.“
„Ich glaube, dass alles, was du tust, mit Ethans Tod zusammenhängt“, fuhr Brittany ruhig fort. „Alles. Deine Liaison mit Lana – der Frau eines engen Freundes. Unerwiderte Liebe – kann es noch passender für dich sein? Du kannst sie nicht verlieren, weil sie dir nicht gehört. Allerdings kannst du auch nichts gewinnen. Du kannst nie gewinnen, nie glücklich sein,
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