Wesen der Nacht
gut?«
» Cale hat mich beschützt und sie vertrieben. Er hat nicht einmal Anstalten gemacht, die Gelegenheit zur Flucht zu nutzen.« Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Drizzle sich mit dem Schlüssel wieder nach oben zog und dann in Dereks Rücken verschwand. Einen Atemzug später marschierte er mit dem Schlüssel in der Hand zum Windfang und verschwand dort. Ich griff über den Tisch hinweg nach Dereks Hand. » Cale ist kein schlechter Mensch. Er hat mir versprochen, mir bei meiner Suche nach Dad zu helfen, und ich bin sicher, dass er das tun wird.«
Ruckartig zog Derek seine Hand zurück. »E r ist überhaupt kein Mensch.«
»D erek, er hat mich gerettet!«
»U nd du glaubst, das hätte der Dämon aus bloßer Güte getan?« Sein Blick war so eisig wie sein Tonfall. »O hne jeden Hintergedanken?«
»A llerdings.«
Er zog eine Augenbraue in die Höhe. »H ast du dich jemals gefragt, warum er hier ist? Wie er überhaupt durch das Tor gekommen ist?«
»E r will sich unsere Welt ansehen und hat einen unbeobachteten Moment genutzt, um durch das Tor zu schlüpfen.«
Derek schüttelte den Kopf. »A m Tor gibt es keinen unbeobachteten Moment. Kein sichtbares Wesen könnte sich unbemerkt herüberschleichen.«
»E in anderer Dämon ist durchgebrochen«, erinnerte ich mich an das, was Cale mir erzählt hatte. »D as hat Dad wohl abgelenkt und Cale nutzte die Gelegenheit.«
Wieder ein Kopfschütteln. »E s gab seit mehreren Jahren keinen Durchbruch mehr.«
»A ber…«
»A ber wie ist er dann durchgekommen?«, vollendete Derek meine Frage und schob die Antwort gleich hinterher: »O hne einen Torwächter kommt man nur mit einem magischen Gegenstand durch das Tor. Extrem seltene Artefakte, die nur mächtige oder sehr reiche Jenseitswesen in ihrem Besitz haben.«
Cales Sippe war wohlhabend, das hatte er selbst gesagt. Vielleicht besaßen sie einen derartigen Gegenstand. Aber warum hätte er mich belügen sollen, wie er hierher gekommen war?
»D ein dämonischer Freund ist hier, um uns auszuspionieren.«
»D as ist doch Unsinn!«
»U nsinn?« Ich hätte nicht gedacht, dass das möglich wäre, doch seine Miene verfinsterte sich noch weiter. »D as erste Mal habe ich ihn gesehen, als er um das Cottage herumgeschlichen ist und deinen Dad durch das Fenster beobachtet hat. Er ist mir entwischt, aber zwei Tage später habe ich ihn wieder gesehen– dieses Mal im Haus. Er hat den Schreibtisch deines Dads durchwühlt! Glaubst du wirklich, er würde mehrere Tage damit verbringen, das Cottage auszuspionieren, es sogar zu durchsuchen, wenn er nur mal eine kleine Sightseeing-Tour durch unsere Welt machen will? Diese Kreatur kann dir und deiner Familie großen Schaden zufügen. Vielleicht hat er das schon getan.«
»D u glaubst doch nicht etwa, dass er etwas mit Dads und Tricks Verschwinden zu tun hat!«
»A usschließen kann ich es nicht.«
Ich schämte mich dafür, aber Dereks Worte säten Zweifel in mir. Cale wusste gut über unsere Welt Bescheid. Er hatte nie Fragen gestellt, wie etwas funktionierte oder warum manche Dinge auf eine bestimmte Weise gemacht wurden. Seine Fragen hatten sich nur um mich und meine Familie gedreht. Bisher hatte ich sein Interesse schmeichelhaft gefunden, doch jetzt… Cale hatte sein Wissen durch speziellen Unterricht erklärt, aber was, wenn das nicht der einzige Grund war? Wenn er wirklich ein Spion war, hätten sie ihn darauf vorbereitet, was ihn hier erwartete. Ich schüttelte den Kopf. »W arum sollte er mich belügen?«
Dieses Mal war es Derek, der nach meiner Hand griff. »I ch weiß, dass du ihn magst, aber ich mag dich auch und ich will nicht, dass dir etwas zustößt.«
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
Oder denken.
»I ch verstehe immer noch nicht, warum er mich anlügen sollte.«
Derek seufzte. »D ieser Bastard ist ein Spion, der geschickt wurde, um etwas zu finden, womit sie deinen Vater zur Zusammenarbeit zwingen können. Und wenn du Pech hast, ist ihm inzwischen der Gedanke gekommen, dass du dieses Etwas sein könntest.«
»D as ist nicht wahr!« Ich sprang auf. »E r würde mir niemals etwas antun! Niemals!«
»D ann geh und frag ihn. Frag ihn, warum er hier ist.« Er stand ebenfalls auf und zog sein Handy aus der Hosentasche. »I ch muss inzwischen einen Anruf machen, und danach fahren wir zu ein paar Touris, die womöglich deinen Dad gesehen haben.«
»W as?! Dad?« Mein Herz setzte für einen Schlag aus. »W irklich? Mein Gott, warum hast du das nicht sofort
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