When the Music's Over
Metall.
»Das klingt nicht gut.« Besorgt lauschte Doc auf das schrille Knirschen.
Takaheshi lachte. »Nur keine Sorge, wenn wir runter nach Antarctica fahren, ist es oft noch schlimmer.«
Seit er sich entschlossen hatte, die Tunnel-Soldaten in ihrem Kampf gegen die Aliens zu unterstützen, fühlte er sich so lebendig wie seit Jahren nicht mehr. Viel zu lange hatte er das zurückgezogene Leben eines reichen alten Mannes geführt. Das Leben eines Mannes, der mit sich nichts mehr anzufangen wusste, weil er schon alles auf der Welt gesehen hatte. Oder fast alles. An diesem Ende der Welt war Takaheshi noch nie gewesen, und wenn er ehrlich war, hatte dieser Umstand mit den Ausschlag gegeben, für die Reise in Skadis Heimat zu votieren. Das und Skadis beiläufige Bemerkung, dass sie, bis sie nach Hamburg gekommen war, noch nie einen Vierfinger gesehen hatte.
»Was auch immer wir da oben vorfinden werden«, hatte er gesagt, »es kann auf keinen Fall schaden, wenn wir uns in nächster Zeit etwas unsichtbar machen.«
Vor sechs Tagen hatte das seismische Gerät der Jacht ein starkes Seebeben angezeigt – das Epizentrum lag bei den Koordinaten des Zauberhuts. Pierce war es demnach gelungen, die Alien-Konstruktion zu zerstören. Takaheshi hoffte, dass die Tsunamis Freezone verschont hatten. Allerdings hatte er die schlimmsten Befürchtungen, da die Com-Link-Verbindung zur Hazienda seit einigen Tagen gestört war. Er behielt seine Gedanken jedoch für sich.
»Ist das denn wirklich nötig?«, sagte Doc gerade und zeigte auf Takaheshis schwer bewaffnete Leute, die, seit sie Freezone verlassen hatten, unterstützt von den Tunnel-Soldaten, auf Deck patrouillierten. »So weit nördlich kann es doch gar keine Piraten mehr geben. Wen sollten die denn schon aufbringen?«
»Uns«, stieß Takaheshi knapp hervor. Diese Amerikaner! Auf der einen Seite unselbständig wie kleine Kinder, stolperten sie andererseits angefüllt mit arrogantem Selbstvertrauen durchs Leben. Wie dieser Schreiber die letzten Monate hatte überleben können, war ihm ein Rätsel.
Skadi stieß die Tür zum Ruderhaus auf und kam mit einem Schwall arktischer Kälte und einem aufgeregten Garfield herein. Seine Augen leuchteten. Die Reise war ein Abenteuer nach seinem Herzen.
»Wir haben eben einen Eisbären gesehen«, rief er.
»Na ja, es war wohl eher ein Yeti«, schwächte Skadi ab. Doch sie knuffte den Jungen, der sie mit einem breiten Grinsen anstrahlte.
Skadi sah mit sehr gemischten Gefühlen auf das Treibeis, den grauen Horizont und ihre Zukunft. Zum einen fühlte sie sich an den Beginn ihrer Reise erinnert, doch andererseits hatte sie nicht geplant, so bald schon zurückzukehren. Was hatte Åsgård ihr noch mit auf den Weg gegeben? »Du wirst nach Svalbard zurückkommen, wenn die Zeit reif ist.« Wann immer die alte Schamanin in solchen orakelhaften Sätzen sprach, wollte Skadi am liebsten aufspringen, ihre Schneeschuhe anschnallen und nur noch rennen, rennen. So lange rennen, bis sie »oben« ankam.
Skadi stellte sich neben Takaheshi und studierte die Anzeigen des Seismographen, der gerade eine Reihe kleinerer Nachbeben aufzeichnete. Sie konnte nur ahnen, worum es sich bei dem Gerät handelte, doch sie sagte: »Er ist tot, nicht wahr? Pierce ist tot.«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Takaheshi, und das war nicht gelogen. Doch Skadi sah in seinen Augen, dass er das Gleiche vermutete wie sie.
»Weiß er es?« Sie meinte Blue.
»Er ist, seit er an Bord gekommen ist, nicht aus seiner Kabine gekommen«, sagte Doc. »Vielleicht sollte mal jemand nach ihm sehen.« Er ließ offen, wen er damit meinte.
»Er wird kommen, wenn nachts das Licht tanzt.« Nun war es Skadi, die in Orakeln sprach, und sie merkte es nicht einmal. Doch Takaheshi hatte verstanden und nickte zustimmend.
»Sag, wann sind wir da? Wann sind wir in Svalbard, Skadi?« Garfield zupfte an ihrem Anorak. Seit sie auf die Reise gegangen waren, war er wieder mehr und mehr zu ihrem kleinen Bruder geworden – vorwitzig, begeisterungsfähig und manchmal ganz schön lästig.
»Wirst es schon merken.«
»Sag, Skadi, was heißt eigentlich Svalbard?«
»Das ist die Sprache der Alten und bedeutet kalte Küste.«
Und kalt war es auf Spitzbergen, eiskalt. Seit der Golfstrom umgekippt war, hatte sich die Polarzone immer weiter ausgedehnt und die Durchschnittstemperatur war um rund zehn Grad gesunken. Aber das war lange vor Skadis Geburt gewesen. Damals hatte man die Kohleminen wieder aufgemacht
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