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When the Music's Over

When the Music's Over

Titel: When the Music's Over Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra Çakan
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dieser verrückten Insel erzählt. Und mit einer ihm völlig uneigenen Spontanität war er hingefahren und hatte es gehasst. Freezone war laut und schmutzig, und die wenigen Gasthäuser waren überteuert und unkomfortabel. Die berühmten Künstler, mit denen seine Freunde so angegeben hatten und die von ihnen für viel Geld gesponsert wurden, waren nichts weiter als ein Haufen arroganter Arschlöcher. Am liebsten wäre er sofort wieder abgereist, doch seine Jacht lag mit einem Motorschaden im Hafen, die Klimaanlage an Bord war auch ausgefallen, Ersatzteile mussten vom Festland angefordert werden und einen Liefertermin wollte man ihm weder für Geld noch Drohungen nennen. Dann hatte er Rashala getroffen.
    Sie lebte auf einem verfallenen Hausboot auf der Westseite der Insel. Eines Morgens war er grimmig vor sich hin starrend, wild entschlossen, sich an diesem schönen Frühlingstag so richtig missmutig zu fühlen, zwischen den künstlichen Felsen spazieren gegangen. Zuerst hörte er ihr Lachen – laut und ungezwungen, die pure Lebensfreude. Irritiert hatte er sich umgedreht. Da sah er sie zum ersten Mal. Ihre langen, von metallicfarbenen Strähnen durchzogenen Haare flatterten im Wind. Sie trug einen schwarzen Kaftan, der an den Seiten hochgeschlitzt war und ihre gebräunten Beine zeigte. Ihre Augen verbarg sie hinter einer Spiegelbrille. Eine von diesen durchgeknallten Neo-Hippies, war Takaheshis erster Gedanke. Doch da war etwas – er konnte nicht sagen, ob es an ihrer Haltung, ihrem Gesichtsausdruck oder einfach an diesem Lachen lag –, das ihn auf sie zugehen ließ. Und am Ende eines unvergesslichen Tages beschloss er zu bleiben.
    Er zog zu ihr auf das Hausboot, und dass es dort weder Klimaanlage noch sonstigen Komfort gab, störte ihn nicht im Geringsten.
    Rashala stand am Anfang ihrer künstlerischen Karriere – obwohl ihre Installationen in bestimmten Kreisen bereits als Geheimtipp gehandelt wurden. Sie hatte ihren Stil noch nicht gefunden, experimentierte mit verschiedenen Materialien und Ausdrucksformen.
    Er war Zeuge gewesen, als sie die Inspiration zu der ersten ihrer Klangskulpturen erhielt. Wie jeden Abend waren sie an der Küste entlanggegangen. Sie sprachen selten, eine intimere Art der Kommunikation hatte die Worte verdrängt. Irgendjemand hatte aus Strandgut ein Windspiel gebaut und es auf einem der Wellenbrecher installiert. Ein harter Ostwind brachte es zum Vibrieren. »Es ist die Natur, die wir alle zu imitieren versuchen«, hatte Rashala gesagt. Noch am gleichen Tag begann sie mit der Arbeit an ihrer ersten Klangskulptur. Beide wussten, dass dies der Durchbruch war.
    Rashala und er zählten bald zu den Lieblingen der Künstlerszene – und der Medien. Selbstredend sorgte Takaheshi dafür, dass in den entsprechenden »wichtigen« Publikationen über sie berichtet wurde, wobei er sich bewusst im Hintergrund hielt. Schon bald wurde ihr Name im Zusammenhang mit dem Begriff »Pop-Ikone« genannt, Galeristen, Medien-Typen und Fans kampierten vor dem Hausboot, nur um einen Blick auf sie zu erhaschen. Und so war es nur folgerichtig, dass sich Rashala aus der Öffentlichkeit zurückzog und damit noch mehr zur Bildung von Mythos und Personenkult beitrug.
    Bevor Takaheshi Freezone verließ, kaufte er die Klangskulpturen und ließ sie in der Hafeneinfahrt aufstellen. Irgendwie gefiel es ihm, über die Jahre ihren allmählichen Verfall zu beobachten. Er schien zu einem Synonym für den Zustand der Insel geworden zu sein. Denn was war aus seinen Idealen, aus Freezone geworden? Kunst, sofern es sie überhaupt noch gab, war so banal und so lächerlich in ihrer selbstüberzeugten Wichtigkeit.

    Die Welt braucht Neue Helden, dachte Takaheshi und kehrte seufzend in die Gegenwart zurück. Einzig der Rockmusik war es vereinzelt gelungen, etwas von der alten Magie einzufangen, etwas Echtes. Darum hielt er in jedem Hafen nach Pierce Ausschau. Ihm war sein Boot genau beschrieben worden – ein von Sonnenkollektoren betriebenes Auslegerboot mit dem sonderbaren Namen »ZACA«. Was er zu ihm sagen sollte, wenn er ihn fand, wusste er allerdings nicht. Noch viel weniger, mit welchen Argumenten er ihn zur Rückkehr und zu einem Auftritt mit seiner alten Band bewegen konnte.
    »Hast du schon mal von einer Band, die sich Bladerunner nennt, gehört?«
    Skadi schüttelte den Kopf. »Ich mach mir nicht besonders viel aus Musik. Gibt einfach zu viel davon und klingt auch alles gleich.« Sie sah Takaheshis entgeistertes Gesicht

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