Whiskey für alle
gekämmt.
»Wie umgewandelt«, stellte mein Onkel fest.
»Der schwängert sie gleich wieder«, meinte der Lehrer.
Weitere Pärchen tauchten auf der Straße auf, Ehepaare, die man sonst nie zusammen gesehen hatte. Manche hatten sich sogar untergehakt, und alle gingen eng aneinander geschmiegt.
»Was soll das?«, fragte der Lehrer nervös. »Was ist in die gefahren?« »Merkwürdig«, sagte der Onkel.
Als der Pub schloss, gingen wir gemeinsam die Straße entlang. In der Tür neben unserem Haus standen ein Mann und seine Frau, sie im Sonntagsstaat, und er an ihrer Schulter Halt suchend.
»Er braucht sie als Stütze, soviel ist klar«, bemerkte der Onkel, »doch dass er das so öffentlich zeigt, hätte ich nie von ihm erwartet.«
Im Haus gegenüber saßen zwei Mädchen auf dem Fenstersims.
»Komm rein zu einer Tasse Tee, Jack«, lud die eine ihn ein.
Der Onkel zögerte.
»Nun komm schon, Jack«, redete ihm die andere zu, »es ist doch noch gar nicht spät.«
Auf der anderen Straßenseite stand der junge Lehrer, mit gekreuzten Beinen lehnte er schlaksig an der Wand. Er wirkte irgendwie unglücklich und verloren.
»Trinken Sie eine Tasse Tee mit?«, rief mein Onkel hinüber.
In den Lehrer kam plötzlich Leben. Er vergewisserte sich erst nach rechts und links, ob auch wirklich er gemeint war. Sich seiner Sache sicher, hastete er dann über die Straße, das Bedürfnis nach Gesellschaft stand ihm ins Gesicht geschrieben.
Der Onkel erklärte den Mädchen, dass er mich noch erst nach Hause bringen müsste, versprach aber, gleich wieder zurück zu sein. Sie sollten schon mal ohne ihn anfangen. Höflich, geradezu galant, trat der Lehrer einen Schritt zur Seite, um die Damen vorgehen zu lassen. Die eine kicherte, hielt sich aber verschämt den Mund zu, als die andere sie mahnend anstieß. Zu Hause angelangt, goss mir der Onkel ein Glas Milch ein, und wir setzten uns noch kurz zusammen an den Tisch.
»Verstehst du jetzt, was ich gemeint habe?«, fragte er. »Ich sagte dir doch, es würde niemals mehr so sein wie zuvor.«
Ich nickte, um zu bekräftigen, dass ich verstand.
»Hast du dich deshalb heute Abend rasiert?«, wollte ich wissen.
»Nein«, erwiderte er, »aber es war kein Fehler, soviel steht fest.«
Zwei Pelzmäntel
Jack Murphy war sportbegeistert. Will sagen, er verschwand gern mal für eine Woche, wenn im weiteren Umfeld mehrere Sportveranstaltungen stattfanden und er gerade eine wohlgefüllte Brieftasche hatte und Reiselust verspürte.
Er war Inhaber eines gut gehenden Geschäfts und hatte eine exzellente Ehefrau, die ihm in allen erdenklichen Situationen mildernde Umstände zubilligte.
Er hatte auch eine Schwägerin, die pausenlos darauf aus war, Unfrieden zwischen dem Paar zu säen. Jacks Ehe war kinderlos, und auch nach fünfzehn Jahren »steten Bemühens«, wie er sich auszudrücken beliebte, schien die Wahrscheinlichkeit gering, Familienzuwachs zu erhalten.
Die Schwägerin war bald, nachdem ihr Mann gestorben war, zu ihnen gezogen. Gehässige Nachbarn vertraten die Ansicht, sie habe ihn mit ihrer ewigen Nörgelei umgebracht, andere gingen sogar so weit zu behaupten, er habe sich zu Tode getrunken, um sich von ihr zu befreien.
Man muss Jack Murphy zugestehen, dass er sie im Hause duldete. Nie ließ er sie spüren, dass sie eigentlich ein Fremdkörper sei, und selbst seine ärgsten Feinde waren bereit, ihm das zugutezuhalten. Wenn sie ihre Tiraden losließ, nickte er ab und an, gab aber niemals durch ein Wort oder eine Geste zu erkennen, ob er ihr zustimmte oder nicht.
Jacks Frau Kitty war ihrem Gatten überschwänglich dankbar dafür. Ihr war durchaus bewusst, dass niemand sonst Margaretta auf die Dauer ertragen könnte. Sie sagte ihm das auch immer wieder, und Jack, weil er seine Frau liebte, erwiderte stets: »Ach, was macht das schon, Kitty, mein Schatz. Wo sollte sie sonst hin? Schließlich gehört sie zur Familie.«
Von dem Tag an, da er volljährig wurde und das Familiengeschäft erbte, hatte Jack immer einen Windhund oder auch zwei besessen. Wie die meisten Halter von Windhunden wartete er geduldig darauf, dass einer einmal besonders gut sein würde. Manchmal gelang es ihm, einen mittelprächtigen Rüden oder eine Hündin zu züchten, doch keiner lief eine auf den lokalen Rennbahnen übliche Rekordzeit, und von überbieten konnte schon gar keine Rede sein. Jack ließ sich nicht entmutigen. Er zog gute Welpen auf und ließ seine Zuchthündinnen von den besten Rüden decken, die für
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