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Whiskey für alle

Whiskey für alle

Titel: Whiskey für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John B. Keane
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Geld zu haben waren. Jahre hindurch hatte er mal Glück, mal Pech. Die Erfolg versprechendsten Welpen erfüllten nie die Erwartungen, doch mitunter gereichte es ihm zur Genugtuung, wenn ein durchschnittlicher Hund sich selbst übertraf und mal ein Rennen gewann.
    Dann aber, als er es am wenigsten erwartete, hatte er eine Rennsaison hindurch eine wahrhaft talentierte Hündin. Ungeschlagen lief sie die ersten fünf Rennen und qualifizierte sich mühelos auch für das Finale in einem wichtigen Sweepstake-Rennen in Ballybunion.
    Er hatte sie für das große Ereignis ebenso hingebungsvoll trainiert, wie er es mit allen seinen Lieblingen machte, und sie dankte es ihm, indem sie zum richtigen Zeitpunkt ihre höchste Form erreichte. Sie wurde sogar zur Berühmtheit. Sportjournalisten sagten ihr in landesweit verbreiteten Tageszeitungen und Abendblättern eine glänzende Zukunft voraus. Als echter Hundenarr, der Jack nun einmal war, stieg ihm das nicht zu Kopf. Er hoffte auf den großen Erfolg, posaunte das aber nicht in alle Welt. Die Aussicht auf ein völliges Fiasko war immer gegenwärtig. Wenige Tage vor dem Wettrennen war er versucht, sich von anderen Züchtern aus der Umgebung Ratschläge zu holen, doch sein Tierarzt empfahl ihm, sich ganz auf das Naturtalent seiner Hündin zu verlassen. Am Morgen des großen Ereignisses brachte Jack seinen Wagen in die Werkstatt, ließ ihn durchsehen, abschmieren und waschen. Auf dem Weg nach Hause standen Freunde und Nachbarn in den Türen und wünschten ihm Glück für den Abend. Er grüßte zurück und dankte allen. Ihr Mitfiebern bürdete ihm gleichzeitig eine neue Verantwortung auf. Von dem naturgegebenem Fatalismus, der allen Windhund-Liebhabern eigen ist, war auch er ergriffen; doch das jetzt war etwas anderes: Seine Mitbürger hatten ihn mit der zentnerschweren Aufgabe betraut, das Ansehen der Stadt zu mehren. Viele von ihnen würden sich am Nachmittag auf die Reise machen, um am Abend die Hündin mit ihren Begeisterungsrufen zum Sieg anzufeuern, und Jack war gewissermaßen der Mannschaftskapitän. Er war die Speerspitze der Stürmer.
    In der Küche zu Hause küsste er seine Frau zum Abschied. Sie hielt ihn länger umschlungen, als sie es normalerweise tat. War ihr doch bewusst, dass ihm einer der wichtigsten Momente in seinem Leben bevorstand. Schließlich löste sie sich von ihm und zog aus den Falten ihrer Geldbörse ein kleines Fläschchen. Es war noch halb mit dem geweihten Wasser gefüllt, das ihr ein fürsorglicher Nachbar aus Lourdes mitgebracht hatte. Sie benetzte die Fingerspitzen mit ein paar Tropfen und strich ihm das Kreuzzeichen auf die Stirn. Mit dem Rest des Wassers besprenkelte sie die Hündin. Just in dem Augenblick kam Margaretta dazu. Wie Jack nicht anders erwartete, brachte sie es nicht über sich, ihm Glück für die große Unternehmung zu wünschen. Das lag einfach nicht in ihrer Natur.
    »Irgendwann heut Nacht bin ich zurück«, sagte er seiner Frau, »und wenn nicht, dann eben morgen früh.«
    »Das Lied kennen wir doch alle«, stichelte die Schwägerin, ohne einen der beiden anzusehen.
    »Schön, wenn du es kennst«, erwiderte Kitty. »Willst du dich nicht lieber aufraffen und ihm Glück wünschen?«
    »Glück ist eine Gnade Gottes«, warf Margaretta schnippisch hin. Jack verzichtete auf Rede und Gegenrede.
    »Sprich mit Timmy Kelliher, er soll die anderen Hunde ausführen«, sagte er zu seiner Frau. »Ich lasse morgen Abend dafür was springen.«
    Ohne ein weiteres Wort nahm er seine Hündin und ging. Die Kissen hatte er bereits vom Rücksitz des Wagens geräumt, und auf dem Boden hatte er eine ordentliche Lage Stroh ausgebreitet.
    »Wir werden heute Abend allen zeigen, wo’s lang geht«, raunte er dem hellwachen Windspiel zu und fuhr los. Segenswünsche und Händewinken nahm er diesmal nicht wahr. In der Küche aber gerieten sich die Schwestern in die Haare, kaum dass er sie verlassen hatte.
    »Weiß Gott, wann wir ihn Wiedersehen«, legte Mar-garetta los, »das kann Tage dauern, vielleicht auch Wochen. Tät mich nicht wundern, wenn er sich in den Schädel setzt, überhaupt nicht mehr zurückzukommen. Ich würde ihm das Zutrauen, wo er jetzt erst mal unterwegs und von zu Hause weg ist.«
    »Wenn er sagt, er ist heute Nacht wieder da, dann ist er’s auch«, erwiderte Kitty gereizt.
    »Das sagst du«, entgegnete Margaretta, »aber ich glaube das erst, wenn ich ihn wieder vor mir sehe.«
    »Was geht das dich überhaupt an«, fiel ihr Kitty ins Wort.

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