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Whisper

Whisper

Titel: Whisper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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Himmel, sondern ihr nach – ihr, Gilbert und Kat, wie sie mit deutlich gedrosselter Geschwindigkeit die schmale Zufahrtsstraße hinab zum Dorf fuhren.
    Unser Dorf soll schöner werden hieß es auf einem Schild an der rechten Straßenseite, auf das Kat jetzt lachend zeigte. »Da kommen wir ja gerade recht. Mensch, Gilbert, krieg dich wieder ein, solche Dinge passieren, verstehst du? Sie passieren im Film, sie passieren in Büchern, warum sollte man sie nicht auch in Wirklichkeit erleben? Ich meine, das ist doch authentisch, findest du nicht?«
    »Es bringt Unglück, verflucht.« Gilberts Stimme klang hysterisch. »Es bringt Unglück, Kat! In Filmen, wenn so eine Szene am Anfang steht, dann weißt du haargenau, was anschließend passiert.«
    »Ach was, Fluchen bringt auch Unglück – und jetzt freu dich gefälligst, wir sind da!«
    Kat legte ihren Handballen auf die Hupe, drückte dreimal schnell hintereinander darauf, was Noa mit einem scharfen Ausatmen begleitete. Konnte ihre Mutter sich nicht ein einziges Mal zurückhalten? Reichte es nicht, dass sie spätestens ab morgen das Gesprächsthema dieses Dorfes sein würde? Mittlerweile waren sie im Unterdorf angekommen, doch Kats lautstarke Ankündigung blieb zunächst unbeantwortet. Die Dorfstraße war menschenleer. Gegenüber einer verlassenen Kneipe stand eine Telefonzelle und Kat fuhr so langsam, dass Noa sehen konnte, dass hier noch mit Münzen gezahlt wurde. Am Straßenrand reihten sich die Häuser aneinander. Graue, beige, blassbraune, wie von der Sonne ausgeblichene Klinkerkästen waren es, mit zugezogenen Vorhängen oder gänzlich verschlossenen Rollläden. Wie ausgestorben wirkten sie und das Dorf, das Noa noch vor wenigen Minuten wie eine gemusterte Decke im Grünen vorgekommen war, schien jetzt einen Hauch von Feindseligkeit auszuatmen.
    Erst ein paar hundert Meter weiter, im Oberdorf, wurde es einladender. Die zweite Kneipe, an der sie jetzt vorbeifuhren, wirkte verglichen mit der ersten geradezu freundlich. Gaststätte Kropp stand in hellgrüner Leuchtschrift auf dem blitzblanken Türschild. In den Blumenkästen vor den Fenstern prangten Stiefmütterchen, sogar vor dem obersten, das wie ein Auge unter dem Dach hervorlugte. In die geöffnete Tür trat eine hagere Frau mit schlohweißem Haar. Wie ein Kranz umrahmte es ihr dünnes Gesicht. Ihre linke Hand umklammerte den Griff eines schwarzen Gehstockes. Kerzengerade blieb die Frau im Türrahmen stehen und starrte ihnen nach. Kat hupte zweimal, aber als sich Noa umdrehte, war die Frau schon wieder hinter der Tür verschwunden.
    Auf der linken Straßenseite trieb ein Bauer mit schlammverschmierten Gummistiefeln seine Kühe vor sich her, sieben Stück, alle schwar-zweiß gefleckt mit trägen Gesichtern und dicken Eutern, die beim Gehen hin und her schwankten. Als Kat langsam den Wagen an ihnen vorbeisteuerte, muhte eines der Tiere und der Bauer hob die Hand. Seine Nase sah aus wie eine Kartoffel und in seinem halb geöffneten Mund schien die Hälfte der Zähne zu fehlen. Unwillkürlich legte sich Noas Hand auf ihren Fotoapparat und diesmal schämte sie sich nicht.
    »Ich glaube, das war Hallscheit, unser Vermieter«, sagte Kat.
    »Genau so hat mein Assi ihn beschrieben. Das Dorf übrigens auch. Phantastisch , das ist hier wie im Bilderbuch, jetzt bin ich nur noch gespannt aufs Haus.«
    Kats Assi war ein Filmstudent, der sie nicht nur bei den Dreharbeiten betreute, sondern der auch sonst allen möglichen Kram für sie erledigte. Letzte Woche war er hier gewesen, um die Verträge zu unterschreiben und für Kat den Schlüssel zu besorgen. Noa konnte es immer noch nicht fassen, dass Kat dieses Haus auf Dauer gemietet hatte, ohne es auch nur einmal zu besichtigen.
    Gilbert drückte auf den Knopf, um das Fenster zu öffnen. Ein Geruch von frischem Kuhmist drang ins Auto und Pancake stieß erneut ein klägliches Gejammer aus, während Hitchcock neben ihr zu fauchen anfing.
    »Ist ja gut, ihr Süßen, wir haben’s gleich«, rief Kat nach hinten.
    »Dann könnt ihr dicken, fetten Stadtkatzen mal erleben, was es heißt, euch euer Essen selbst zu jagen. Frisches Mausefilet vom Land, was haltet ihr davon? Gil, schaust du mal auf die Beschreibung? Am Ende der Straße links, dann rechts und wieder links, ist es das?«
    Gilbert nickte und zwei Minuten später bremste Kat vor einer geschlossenen Toreinfahrt. Es war ein einfaches Tor aus Draht und Holz, das in den eisernen Angeln zweier Pfähle steckte. Dahinter, umgeben von

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